Die Prophezeiung der Steine
und nur eine bekam je ein Baby, und weil sie dann ein Mädchen zur Welt brachte, schlug er sie auch noch, bis sie im Stroh starb, noch nass von der Geburt. Einen Mann wie ihn verabscheuen die Götter. Schreien wird er am Rand der Dunkelheit, und bevor er wiedergeboren wird, wird die Hölle gefrieren.
Und so behandelte er meine Dame ihr ganzes Leben lang schlecht, aus Wut und Enttäuschung darüber, dass sie kein Junge war. Und er verhätschelte sie, um des äußeren Scheins willen und um seines Stolzes willen, sodass sie in Pelze und Seide gekleidet wurde und man ihr vor dem Hof mit Respekt aufwartete, sie dann aber hinter den Türen geschlagen wurde. Und die ganze Zeit über wussten alle, dass meine Lady Sorn wunderschön und jung und die beste Partie in
den Elf Domänen war, weil ihr Mann die reichste Domäne von allen beherrschen würde, wenn ihr Vater starb, und dieser siechte bereits an der Schwindsucht dahin.
Sie sandten alle möglichen Unterhändler, die Kriegsherren aus den anderen Domänen. Sie wollten Central für ihre Söhne oder für sich selbst. Arvid, Lord der Last Domain, war der Einzige, der ihr nicht den Hof machte. Vielleicht war Central ihm zu weit, obwohl er ihr von allen im Alter am nächsten stand. Thegan war so alt, dass er beinahe ihr Vater hätte sein können. Er hat einen Sohn, Gabra, der ein paar Jahre jünger ist als sie und in der Cliff Domain für ihn herrschte, und zuerst sagte der alte Kriegsherr, Sorn solle mit ihm verehelicht werden. All dies geschah über Mittelsmänner, erzählte mir meine Dame.
Dann erschien Thegan persönlich, kam ohne Vorwarnung hereingeritten, in voller Lebensgröße und so hübsch mit seinem goldenen Haar, seinen blauen Augen und seinem Lächeln, so unwiderstehlich wie Acton selbst. Ich war zwar nicht dabei, kann es mir aber vorstellen. Ich habe hundertmal gesehen, wie er Fremde um den Finger gewickelt hat, habe diese Wärme gesehen, die wie Honig aus ihm floss, wie Sonnenlicht. Ich glaube, weder meine Lady Sorn noch der alte Kriegsherr haben überhaupt den Versuch gemacht, ihm zu widerstehen. Zwei Wochen später fand die Vermählung statt, das Verlöbnis war damit gerade lang genug, um die Hochzeit vorzubereiten und den Sohn meines Lords Thegan aus der Cliff Domain anreisen zu lassen.
Zum ersten Mal bekam ich meinen Lord Thegan zu sehen, als er gekleidet in seinem Hochzeitsstaat in die Halle trat, passend zu seinen Augen ganz in Blau gehalten, und er lächelte meine Dame an, als habe er noch nie etwas so Wunderschönes gesehen. Und das war sie auch. O ja, sie glühte. Damals glaubte sie an ihn, liebte ihn sogar.
Wir alle glaubten an Thegan. Nachdem der alte Kriegsherr gestorben war und mein Lord die Zügel in die Hand nahm, schien er von den Göttern geschickt worden zu sein, um uns zu führen. Die Peitsche und den Galgen benutzte er mehr als der alte Kriegsherr, aber der hatte am Ende auch die Dinge schleifen lassen, und es gab Gesetzlose, die Kaufleute und Bauern gleichermaßen ausplünderten. Sie verdienten es, ausgepeitscht und erhängt zu werden. Jedenfalls glaubte ich das, war davon überzeugt. Immerhin war, wie jedermann wusste, die Quelle der Geheimnisse Thegans Nichte. Das war mit Sicherheit eine von den Göttern auserkorene Familie.
Genau wie meiner Dame begegnete ich auch Alston in der morgendlichen Dämmerung am Felsaltar. Er ist ein Mann, der die Götter liebt, mein Alston, mit reinem Herzen, und schon bald liebte ich ihn, wie auch er mich liebt. Er folgt meinem Herrn, wie ein Kind seinem Vater folgt, und mein Lord Thegan vertraut ihm.
Etwa drei Jahre, nachdem meine Lady und mein Lord miteinander vermählt worden waren, kam Alston eines Abends zu mir, aufgeregt und überschwänglich. Mein Herr hatte ihm große Neuigkeiten erzählt, Neuigkeiten, die ihn mit Hoffnung für die Zukunft erfüllten, eine Zukunft auch für unsere Kinder. Er erklärte mir alles so, wie mein Herr es ihm erklärt hatte; wie die Domänen unter trägen und bösartigen Kriegsherren verkümmerten und wie sie stattdessen sein könnten, ja, sein sollten, nämlich vereinigt, um ein einziges großes Land zu bilden, genau wie Acton es vorgehabt hatte.
Als Acton vor tausend Jahren verschwand, war er im Begriff gewesen, das Land zu vereinen. Sein Tod unterbrach seine Bemühung, doch nun war es Zeit, dieses Ziel wieder weiterzuverfolgen - ein Land, stark und frei und wohlhabend,
unter einem Gesetz. Thegans Gesetz. Er nämlich würde Oberherr der Elf Domänen werden. Ich sah
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