Die Prophezeiung des Adlers
»Bei uns befand sich ein Mann. Ein Kaufmann. Anobarbus.«
»Ich erinnere mich an ihn. Ein gut aussehender Kerl.«
»Hast du ihn seit damals nochmal gesehen?«
»Während der ersten Tage nach der Schlägerei gar nicht. Dann ist er wieder aufgetaucht. Er war zwei oder drei Mal hier. Hat sich auf jeden Mann gestürzt, der zur Flotte gehörte.« Portia lächelte bei der Erinnerung. »Er hatte sein Geld sehr locker sitzen. Beim letzten Mal hat er eine Runde für alle ausgegeben.«
»Wirklich?« Cato zog eine Augenbraue hoch. »Weißt du, wo ich Anobarbus finden kann? Ich muss mit ihm reden.«
Portia schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Keine Ahnung … Aber du könntest den Mann dort drüben fragen.« Sie zeigte auf jemanden, der an einem Tisch neben der Tür zusammengesackt war und den Kopf auf die verschränkten Arme gelegt hatte.
»Den da?«
»Er ist einer der Anwerber unten bei den Lagerhäusern. Stellt Träger für die Schiffsbesitzer und Kaufleute im Hafen ein. Falls irgendjemand weiß, wo dein Mann wohnt, dann dieser Laecus dort.«
KAPITEL 25
L aecus?« Cato stand über dem Mann, und der Gestank von Wein und Schweiß ließ ihn die Nase rümpfen. Laecus’ Umhang lag neben ihm auf der Bank, und der Anwerber trug eine ärmellose Tunika aus weichem Leder, die durch Jahre harter Arbeit unten beim Hafen fleckig und abgetragen war. Laecus rührte sich nicht, und Cato beugte sich vor und rüttelte den Mann an der muskelbepackten, tätowierten Schulter. »Laecus … «
Der Anwerber knurrte leise, und seine Lider zuckten kurz. Dann kam ein gewaltiger Rülpser zwischen seinen Lippen hervor. Cato wich zurück, als die Ausdünstung von Wein und Knoblauch zu ihm hochstieg. »Na wunderbar.«
Er packte den Mann fest bei der Schulter und schüttelte ihn energisch. »Laecus! Wach auf, Mann!«
»Hau ab.« Laecus machte eine abwehrende Handbewegung. »Lass mich in Ruh, du Drecksack. Siehste nicht, dass ich schlaf, verdammt?«
»Nein, du schläfst nicht.« Cato schüttelte ihn erneut, diesmal noch kräftiger. »Ich muss mit dir reden. Setz dich hin!« Er blickte sich nach der Theke um. »Schaff einen Krug Wasser her!«
Während er darauf wartete, dass der Kellner herbeikam, ließ er Laecus naserümpfend los, und der Anwerber verfiel wieder in seine Benommenheit und murmelte Unzusammenhängendes vor sich hin. Der Kellner kam und brachte einen Krug und zwei Becher. Er stellte die Sachen neben Laecus auf den Tisch.
»Soll ich ausschenken, Herr?«
»Ja, und zwar alles.«
Der Kellner blickte auf die Becher und runzelte die Stirn.
»Nicht in die Becher, du verdammter Dummkopf! Auf ihn! Gieße alles auf ihn.«
Der Kellner lächelte gequält. »Oh! Ich verstehe.«
Er ergriff den Krug behutsam und leerte ihn mit einem mächtigen Schwall über dem Kopf des Anwerbers aus. Sobald der Krug leer war, zog der Kellner sich eilig außer Reichweite zurück. Laecus fuhr mit einem Ruck hoch und prustete verwirrt und wütend.
»Was ist denn verdamm…?« Er blickte sich um und heftete seinen Blick auf Cato. »He! Was tust … «
»Ruhe!«, fuhr Cato ihn an. »Bleib einfach sitzen und beantworte meine Fragen.«
»Sitzen bleiben?« Er lachte. »Nein. Ich reiß dir den Kopf ab, du kleiner Klugscheißer!«
Laecus fuhr taumelnd herum und schwang seinen riesigen Arm über die Tischplatte. Die Becher flogen quer durch den Raum und zerbrachen an der Wand. Doch bevor er sich von der Bank erheben konnte, war Cato mit einem resignierten Seufzer zurückgetreten und hatte erneut sein Schwert gezogen.
»Immer mit der Ruhe! Setz dich.«
Laecus verharrte kurz und betrachtete mit zusammengekniffenen Augen das Schwert und den jungen Mann dahinter. Das Wasser tropfte von seinen struppigen, am Kopf klebenden Haarsträhnen, und er wurde rasch genug nüchtern, um zu begreifen, dass er sich im Nachteil befand. Er ließ sich auf die Bank fallen, wich von Cato zurück und lehnte sich mit dem Rücken gegen den rissigen Wandverputz.
»In Ordnung.« Cato nickte. »Nachdem ich jetzt deine Aufmerksamkeit habe, muss ich dir ein paar Fragen stellen. Sagt dir der Name Anobarbus etwas?«
»Anobarbus?« Der Anwerber hob die Faust und rieb sich damit am Kinn, während er über die Frage nachdachte. »Von dem hab ich noch nie gehört.«
»Gib dir mehr Mühe«, knurrte Cato. »Ein älterer Bursche. Ziemlich mager. Er handelt mit Kunst und Skulpturen.«
»Vielleicht kenne ich ihn ja«, meinte Laecus langsam. »Was springt für mich denn dabei heraus?«
»Dass
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