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Die Prophezeiung des Adlers

Die Prophezeiung des Adlers

Titel: Die Prophezeiung des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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die Stimme und beugte sich vor. »Ein Freund, sagst du? Wenn ich dich fragen würde, was der Blinde sucht, was würdest du dann antworten?«
    Cato runzelte die Stirn. Er wusste nicht das Geringste über die Familie des Kaufmanns und wunderte sich über diese eigenartige Frage. Er schüttelte den Kopf.
    »Ich habe keine Ahnung. Der Blinde? Was meinst du damit?«
    »Ach, nichts.« Pollos Blick zuckte zur Seite, und er zeigte auf den Korridor, der zum Ausgang führte. »Anobarbus war hier. Er ist am frühen Abend gegangen. Lange vor deinem Auftauchen.«
    »Wohin ist er gegangen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Verstehe.« Cato hielt inne und fuhr dann fort: »Darf ich dich um eine Erklärung bitten, wie er Gast in deinem Hause wurde?«
    »Das ist ganz einfach. Wir haben gemeinsame Freunde in Rom. Sie haben ihm aufgetragen, mich bei seiner Ankunft in Ravenna aufzusuchen.«
    »Was für Freunde?«
    »Einfach nur Freunde.« Pollo lächelte. »Sage mir, Centurio, verdächtigst du Anobarbus irgendeines Verbrechens?«
    »Habe ich so etwas behauptet?«
    »Nein. Aber ich finde es sonderbar, dass du zu dieser späten Stunde Erkundigungen einziehst. Warum möchtest du Anobarbus finden? Verdächtigst du ihn nun also eines Verbrechens? Vielleicht des Verrats?«
    Cato schwieg einen Augenblick und erwiderte dann: »Ich möchte ihn nur von meiner Verdächtigenliste streichen.«
    Pollo zuckte zusammen. »Du hast eine Liste?«
    »Ich kann keine offiziellen Informationen preisgeben.«
    »Verstehe … « Pollo lehnte sich zurück, hielt aber die Augen auf Cato geheftet. Er tat so, als müsste er gähnen. »Leider musst du jetzt wirklich gehen. Du hast meine Gastfreundschaft schon überstrapaziert. Meine Männer werden dich nach draußen geleiten.«
    »Das ist nicht nötig.« Cato stand auf und zog sich ein paar Schritte zurück. »Ich kenne den Weg. Ich wünsche dir eine gute Nacht, Rufius Pollo. Auf Wiedersehen.«
    »Es wird keines geben.« Pollo schüttelte den Kopf, winkte zwei stämmig wirkenden Sklaven, die sich im Hintergrund des Speisesaals aufhielten, und zeigte unauffällig auf den Centurio. Cato wandte sich ab und eilte zum Korridor. Er blickte sich um und sah, dass die Sklaven, die sich durch das Gästegewimmel im Speisesaal hindurchschoben, ihr Bestes gaben, mit ihm Schritt zu halten. Sobald er freie Bahn hatte, rannte Cato durch den Korridor, ohne die überraschten Mienen der Gäste zu beachten, die sich nach dem Poltern der über den Mosaikboden hastenden Stiefel umdrehten.
    »Laecus!«, rief er. »Hoch mit dir! Wir brechen auf.«
    Vor ihm trat die verschwommene Gestalt des Anwerbers aus dem Dunkeln, einen kleinen Weinkrug in der Hand.
    »Was ist los, Herr?«
    »Mach die Tür auf!«
    Cato stürzte los, und als Laecus begriff, wie dringlich er es meinte, donnerte der Centurio schon neben ihm gegen die Tür und hantierte mit dem dicken Eisenriegel, der sie versperrte. Mit einem lauten Knarzen zerrten sie den Riegel zur Seite und zogen die Tür nach innen auf.
    »Los!«, rief Cato, während er Laecus auf die Straße schob. »Lauf!«
    Sie hasteten die steilen Stufen zum Tuffsteinpflaster der breiten Straße hinunter und eilten zum Zentrum Ravennas zurück. Sie hatten erst eine kurze Strecke hinter sich gebracht, als Pollos Männer aus dem Haus gestürmt kamen. Ihre Dolchklingen schimmerten im matten Schein des Lichts, das von drinnen herausfiel.
    Einer von ihnen zeigte auf die Laufenden. »Dort!«
    »Was beim Hades ist eigentlich los?«, schnaufte Laecus, der neben Cato herrannte. Der Centurio erwiderte nichts, sondern biss die Zähne zusammen und schoss in die Einmündung einer schmalen Gasse, ein Stoßgebet auf den Lippen, dass sie sich nicht als Sackgasse erweisen würde. Die Gasse war so finster wie das Herz eines Parthers, und überall lagen Müllhaufen herum, über die sie zu stolpern drohten. Cato und Laecus stürmten in dem verzweifelten Bemühen voran, einen Vorsprung vor ihren Verfolgern zu gewinnen. Sie bogen nach rechts ab und rannten weiter, bogen dann ein weiteres Mal ab, diesmal nach links, und kamen in eine sogar noch schmalere Gasse, die nach Fäkalien und fauligen Pflanzen roch. Ein Stück weiter vorn erkannte Cato mit Mühe den Eingang eines kleinen Hofs. Er zog den Anwerber mit sich hinein und ging hinter einem kleinen Karren in Deckung.
    Als sie sich heftig keuchend und mit dem Hämmern des eigenen Blutes in den Ohren niederkauerten, zog Cato sein Schwert und starrte durch den Eingang des Hofs in die finstere

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