Die Prophezeiung des Adlers
Gastgeber vor und nickte grüßend. Pollo klopfte auf den leeren Platz zu seiner Linken und winkte gleichzeitig einem seiner Sklaven.
Cato setzte sich auf die Kante der Speiseliege. »Ein schönes Haus hast du da, Rufius Pollo.«
Pollo lächelte bescheiden. »Oh, ich bin mir sicher, im Vergleich zu den römischen Häusern ist das gar nichts.«
»Gar nichts?« Cato schüttelte den Kopf. »Es braucht den Vergleich nicht zu scheuen, das kann ich dir versichern.«
»Du bist sehr freundlich«, erwiderte Pollo höflich. »Leider hast du das Bankett versäumt, aber ich werde meinen Mann nachschauen lassen, ob noch etwas für dich übrig ist.«
Cato winkte ab. »Das ist sehr nett von dir. Aber nein, danke. Ich habe schon gegessen.«
»Bist du dir sicher? Na gut.« Pollo schnippte mit den Fingern, deutete mit seiner langen, knochigen Hand auf den Sklaven und winkte ihn weg. Der Sklave senkte sofort den Kopf, trat zwei Schritte zurück, drehte sich um und eilte davon.
»Was ist denn der große Anlass?«
»Der große Anlass?« Pollo lachte freudlos. »Also, in gewisser Weise feiern wir wohl – falls man dieses Wort dafür überhaupt verwenden kann – eure Entscheidung, uns den Piraten auf Gnade und Ungnade auszuliefern. Ein letztes Festessen, um meine besten Vorräte aufzubrauchen, bevor meine Familie und ich Ravenna verlassen und Schutz auf unserem Landgut im Landesinneren suchen. Tief im Landesinneren.«
»Hältst du das nicht für ein bisschen überängstlich?«, fragte Cato ruhig.
»Findest du?« Pollo lachte. »Weißt du, wie viele solche Zusammenkünfte heute Nacht stattfinden? Ich würde mich wundern, wenn morgen um diese Zeit mehr als ein Drittel der Haushalte dieses Viertels noch immer hier wären. Wer könnte den Leuten das verübeln? Kein einziger Marineinfanterist bleibt zurück, um sich schützend vor sie zu stellen, wenn die Piraten kommen.«
»Falls sie kommen.«
»Wenn sie kommen«, erwiderte Pollo fest. »Wie könnten sie sich wehren?«
»Ihr werdet nicht allein sein. Ich lasse eine Centurie Marineinfanteristen im Marinestützpunkt zurück.«
»Um den Stützpunkt zu schützen«, erwiderte Pollo klug. »Nicht uns. Tatsächlich glaube ich, dass du sie zurücklässt, um den Stützpunkt vor uns zu beschützen … «
Cato ignorierte den Seitenhieb und redete ruhig weiter. »Dennoch werden sie zurückbleiben, und wenn wir Glück haben, könnten Telemachos und seine Piraten darauf hereinfallen und glauben, dass Ravenna angemessen verteidigt wird.«
»Ich bezweifle, dass er lange brauchen wird, um diesen Schwindel zu durchschauen.«
»Wirklich?« Cato beobachtete Rufius Pollo genau. »Was bringt dich auf diesen Gedanken? Warum sollte Telemachos Verdacht hegen?«
»Komm schon, Centurio. Ich bin alt genug. Ich bin kein Dummkopf. Jemand hat den Piraten über praktisch jede Flottenbewegung Informationen gesteckt. Das ist kein Geheimnis … « Er sah zu Boden, schüttelte den Kopf und blickte dann mit einem gezwungenen Lächeln wieder zu Cato auf. »Aber ich vernachlässige meine Pflichten als Gastgeber. Wie kann ich dir helfen?«
Einen Augenblick hielt Cato Pollos Blick fest und fragte sich, wie viel dieser Mann wirklich über die Informationsquelle der Piraten wusste. Pollo würde es kaum wagen, einem Mann, der Hunderte von Marineinfanteristen unter seinem Kommando hatte, offene Andeutungen zu machen. Nur dass Cato allein hier war, und dass die Marineinfanteristen sich in diesem Augenblick ebenso gut in einer anderen Provinz hätten befinden können. Plötzlich fühlte er sich sogar hier, unter Dutzenden von Gästen, verwundbar. Er blickte sich rasch um und sah, dass eine Handvoll von Pollos Gefährten sie genau beobachteten.
Pollo lächelte über das Unbehagen des Centurios. »Wie schon gesagt, kann ich etwas für dich tun, bevor du mein Haus verlässt?«
»Wer hat denn gesagt, dass ich gehe?«
»Glaub mir. Das wirst du sehr bald tun.«
»Nun gut. Sage mir eines. Ich suche jemanden. Einen Freund. Ich habe gehört, dass er sich hier als dein Gast aufhält.«
»Nun«, Rufius Pollo breitete die Arme aus. »Wie du siehst, habe ich mehr Gäste, als man zählen kann, wenn auch einige dieser Halunken tatsächlich ein eigenes Zuhause besitzen. Wie heißt dein Freund denn?«
»Anobarbus.«
In Pollos Augen flackerte einen Augenblick lang Überraschung über diesen Namen auf, dann bekam er seine Züge unter Kontrolle und legte den Kopf ein wenig schief. Er sah den Centurio kurz aufmerksam an, senkte dann
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