Die Prophezeiung des Adlers
Hauptquartier. Er betrat den Verwaltungstrakt und zeigte auf den Sekretär, der ihm am nächsten saß.
»Komm hier herein, Postumus. Bring eine Wachstafel mit.«
»Jawohl, Herr. Mit Verlaub, Herr?«
»Was ist?«
»Einige der Offiziere haben die ganze Nacht lang nach dir gefragt.«
»Was hast du ihnen gesagt?«
»Nichts, Herr. Nur das, was du mir aufgetragen hast. Du seist in deinen Räumlichkeiten und dürftest auf keinen Fall gestört werden.«
»Gut. Mehr brauchen sie nicht zu wissen. Und jetzt lass uns weitermachen.«
Nachdem der Sekretär sich auf den Hocker neben dem Schreibtisch des Präfekten gesetzt hatte, diktierte Cato seine Befehle.
»Erstens: Erlasse einen Haftbefehl für den unter dem Namen Anobarbus bekannten Kaufmann. Möglicherweise ist er im Haus von Rufius Pollo zu finden. Lass dessen Haus für alle Fälle überwachen. Nach seiner Festnahme soll Anobarbus bis zur Rückkehr des Präfekten und der Flotte aus Illyricum in Isolationshaft bleiben. Besuch ist verboten, und er darf mit niemandem reden.
Zweitens: Lass Rufius Pollo beobachten. Ich möchte wissen, wer sein Haus besucht, wohin Pollo geht und mit wem er redet. Die Information soll permanent auf den neuesten Stand gebracht werden und nach meiner Rückkehr für mich zum Lesen bereitliegen.«
Cato blickte auf und bemerkte die überraschte Miene des Sekretärs. »Gibt es ein Problem?«
Der Sekretär spitzte die Lippen. »Nun ja, Herr. Rufius Pollo? Er ist der reichste und mächtigste Mann in Ravenna. Und er hat Einfluss in Rom. Wenn er herausfindet, dass wir ihm nachspionieren … «
»Na ja, sorge einfach dafür, dass er es nicht herausfindet. Benutze die besten Männer. Selbst eine Stadt dieser Größe muss über ein gutes Netzwerk von Informanten verfügen.«
»Jawohl, Herr.«
Cato forschte im Gesicht des Sekretärs nach irgendeinem Anzeichen von Hinterlist. Vielleicht reichte die Verschwörung, die in dieser Stadt zu blühen schien, ja bis in den Marinestützpunkt. Dann war Cato plötzlich wütend auf sich selbst. Allmählich sah er Feinde in jeder Ecke. Aber andererseits war das vielleicht auch richtig so. Sicherer war es jedenfalls, aber er musste den Stützpunkt innerhalb der nächsten Stunde verlassen und dafür sorgen, dass während der Abwesenheit der Flotte geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, um den Verrätern eine Falle zu stellen. Er musste der Loyalität der kaiserlichen Beamten vertrauen. Es gab sonst niemanden.
Er beugte sich zum Sekretär vor und zeigte auf die Wachstafel, die auf dem Schoß des Mannes lag. »Jemand in dieser Hafenstadt verrät uns an die Piraten und berichtet ihnen von jeder unserer Bewegungen. Das hat uns bereits mehrere Schiffe und Hunderte von Männern gekostet. Ich möchte, dass diese Leute gefunden und bestraft werden. Sollte ich herausfinden, dass sie gewarnt worden sind, werde ich dafür sorgen, dass die dafür Verantwortlichen mit dem Leben bezahlen. Verstanden? Das hier muss geheim bleiben. Ziehe nur diejenigen Männer ins Vertrauen, die du einsetzen musst, und erzähle ihnen nur so viel, wie sie wissen müssen. Ich übergebe das in deine Verantwortung, Postumus. Enttäusche mich nicht.«
»Nein, Herr. Gibt es sonst noch etwas?«
»Nein … «
Postumus nickte. »Gut, Herr. Darf ich fragen, auf wessen Autorität ich mich berufen kann, falls deine Befehle mich mit dem Offizier in Konflikt bringen, dem du hier das Kommando überlässt?«
»Warte.« Cato zog eine leere Wachstafel heran und schrieb eilig ein paar Zeilen, die die Anweisungen des Sekretärs bestätigten. Als er fertig war, sah er das Siegelkästchen des Präfekten am Rand des Schreibtischs stehen. Er zog es heran, klappte den Teakholzdeckel auf und nahm das Siegel des Flottenkommandanten von Ravenna heraus. Er drückte das Siegel energisch ins Wachs, überprüfte, dass der Abdruck gut erkennbar war, und schob die Tafel über den Tisch zu Postumus. »Da. Bis zu Vitellius’ Rückkehr hast du in dieser Angelegenheit das letzte Wort. Du sollst das hier aber nur benutzen, falls der Centurio irgendwelche Befehle erteilt, die deinen Ermittlungen voraussichtlich schaden würden.«
»Ich verstehe, Herr.«
Cato salutierte, und der Sekretär drehte sich um und verließ das Büro. Einen Augenblick lang starrte Cato auf den Schreibtisch, zwischen zwei Pflichten hin- und hergerissen. Mehr als alles wollte er die Verräter finden, die ihre Landsleute an die Piraten verkauft hatten. In seinen Augen gab es nichts Verachtenswerteres als
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