Die Prophezeiung des Adlers
beim Zusammenstoß mit seinem nächsten Opfer umgestürzt waren. Die Flammen hatten sich ausgebreitet und beide Fahrzeuge erfasst. Matrosen und Marineinfanteristen waren gezwungen gewesen, ins Meer zu springen, um zu den anderen römischen Schiffen zu schwimmen. Doch leider befanden sich zahlreiche kleinere Piratenboote in der Bucht, und deren Besatzungen ruderten sofort dorthin und brachten die im Wasser zappelnden Römer gnadenlos zur Strecke. Einer nach dem anderen wurden sie mit Keulen erschlagen oder mit Speeren aufgespießt.
Die Bedienungsmannschaft des Katapults zerrte die Waffe herum, bis sie auf den Bug des sich nähernden Piratenschiffs ausgerichtet war. Dann korrigierte der Optio den Schusswinkel leicht, sprang zur Seite und zerrte den Abschusshebel zurück. Die Torsionsarme schnellten mit einem lauten Krachen vorwärts, und der einen halben Meter lange Bolzen mit der Eisenspitze schoss in einem flachen Bogen durch die Luft. Es folgte eine kurze Pause, in der Macro und die Bedienungsmannschaft dem Bolzen mit den Augen folgten. Dann verschwand er in einem Durcheinander aus Gliedmaßen und zerschmetterten Rüstungen zwischen den Piraten, die sich am Bug des Piratenschiffs drängten. Die römische Bedienungsmannschaft warf die Arme in die Luft und jubelte.
»Gut gemacht!«, lobte Macro strahlend. »Und jetzt steht verdammt noch mal nicht einfach so da! Ihr habt euch eingeschossen. Zeigt es ihnen!«
Die Bedienungsmannschaft machte sich wieder an die Arbeit, und das Sperrrad rumpelte stetig, während Macro nach achtern ging, um zu sehen, wie der Kampf am hinteren Ende der Trireme verlief. Das Deck war mit klebrigen Lachen halb getrockneten Bluts verschmiert, und Sanitäter kümmerten sich um die römischen Verwundeten, die kaum geschützt auf beiden Seiten des Schiffs lagen. Macro fragte sich, ob es überhaupt Sinn machte, sie zu behandeln. Falls die Piraten die Schlacht gewannen, würden die römischen Verletzten ohne jede Gnade niedergemetzelt werden. Und in diesem Fall wäre es besser, das Dutzend Männer, das für sie sorgte, zur Verteidigung der verbliebenen Schiffe einzusetzen. Doch dann kam Macro an einem Mann vorbei, der beide Hände auf den Bauch gedrückt hielt, damit seine Eingeweide nicht herausquollen, und wurde weich. Die meisten dieser Soldaten lagen im Sterben. Wenigstens die Aussicht auf ein wenig Erleichterung war er ihnen schuldig, bevor sie zu den Schatten gingen. Er umging den Leichenhaufen, der sich um den Mast türmte, und stieg aufs Achterdeck hinauf.
Dort stand Centurio Minucius mit einer Abteilung Männer, die sich mit Kampfbögen aus dem Waffenarsenal der Piraten versehen hatten. Sie konzentrierten ihre Anstrengungen auf drei kleine Boote, die sich dem Heck der Nachbarbireme genähert hatten. Macro warf einen kurzen Blick an Bord und sah, dass zwei der Boote voller Leichen lagen, aus denen gefiederte Schäfte ragten. Die meisten Piraten im dritten Boot waren ebenfalls bereits tot, und nur eine Handvoll kauerte noch dicht beieinander und suchte Schutz hinter kleinen Rundschilden.
»Sehr gut«, meinte Macro mit einem Nicken, drehte sich um und erblickte eine Truppe von Piraten vor einer Laufplanke, die sie von ihrem Schiff auf die Bireme hinuntergeschoben hatten. Am unteren Ende dieser Planke kämpften die Marinesoldaten verzweifelt darum, die vordersten Feinde am Betreten des Decks zu hindern. Schon wenige Piraten würden genügen, um dem Rest genug Raum zu verschaffen, sich zwischen die Verteidiger zu stürzen. Macro deutete auf die Bedrohung. »Minucius! Versuche, diese Truppe aufzusprengen.«
»Jawohl, Herr. Hierher, Männer! Dieser Haufen bei der Laufplanke. Denen wollen wir es zeigen!«
Die Bogensehnen schwirrten, und ein steter Pfeilhagel ging auf die dicht gedrängten Feinde nieder. Wie Macro gehofft hatte, ließen sie ihre Absicht, das Schiff zu entern, sofort fallen, brachten sich stattdessen in Sicherheit und duckten sich hinter die Reling oder unter ihre Schilde.
Wieder war eine Bedrohung abgewendet. Macro nickte zufrieden. Aber damit hatte er nur einen Bruchteil der Zeit erkauft, die sie brauchten, bis die Flotte eintraf. Er fragte sich, was ihn nur bewogen hatte, sich freiwillig zu melden. Vespasian hatte gefragt, wer den Angriff anführen würde, und Macro war als Erster aufgesprungen. Natürlich hatte er mit einem riskanten Unternehmen gerechnet, aber er hatte keine Ahnung gehabt, dass es sich als Selbstmordkommando erweisen mochte. Solche Gedanken gingen ihm
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