Die Prophezeiung des Adlers
stießen mit den Bechern an und tranken einen Schluck. Cato stellte angenehm berührt fest, dass Anobarbus eine verwandte Seele war und nur kleine Schlucke von seinem Wein nahm, statt ihn runterzukippen, als gäbe es kein morgen mehr. So war das nämlich auf der anderen Seite des Tisches der Fall. Anobarbus stellte seinen Becher hin.
»Minucius sagte mir, du wärst schon mit der Marine draußen gewesen.«
Cato blickte zu ihm auf. »Das stimmt. Eine Patrouillenfahrt.«
Anobarbus lächelte. »Und wie gefällt dir das Leben auf den Meereswellen?«
»Überhaupt nicht. Mir war den größten Teil der Fahrt über kotzübel.«
»Wohin wart ihr unterwegs?«
»Es war nur eine Patrouillenfahrt«, erwiderte Cato vorsichtig. »Zur Küste Illyricums und wieder zurück.«
»Wirklich?« Anobarbus blickte überrascht drein. »Ich hätte nicht gedacht, dass man angesichts der vielen Piraten gefahrlos zu jener Seite des Meeres segeln könnte. Ihr habt wohl keine zu Gesicht bekommen?«
Cato schüttelte den Kopf. »Nein. Nur ein oder zwei Segel. Das war alles. Eigentlich war es ziemlich langweilig. Wie steht es mit dir? Hast du noch Kunstwerke für deine Kunden eingekauft?«
»Nein. Derzeit ist der Markt tot. Deshalb bleibe ich noch eine Weile, bis ich mich wieder vollständig erholt habe. Ich könnte es allerdings in den nächsten Tagen in einem der Häfen weiter küstenaufwärts versuchen, schauen, ob es dort etwas zu kaufen gibt, und dann nach Rom zurückkehren.«
»Nun, ich hoffe, dass du auf deiner nächsten Reise mehr Glück hast.«
»Ja«, antwortete Anobarbus leise. »Das kann ich gebrauchen.«
»Los, Leute!« Macro beugte sich über den Tisch. »Trinkt aus. Die Zeche geht aufs Haus! Lasst uns auf Minucius’ Freundin anstoßen, die Götter mögen sie segnen.«
Die Becher wurden zusammengestoßen, wobei noch mehr Wein überschwappte, und dann bis zur Neige geleert. Cato stellte zu seiner Überraschung fest, dass der Wein tatsächlich eine anständige Qualität hatte, und wünschte, Macro würde sich die Zeit nehmen, ihn zu genießen. Unglückseligerweise hatten die anderen beiden Centurionen bereits den ersten Weinkrug geleert, und Macro erhob sich von der Bank.
»Der nächste geht auf mich.«
»Nicht nötig!« Minucius lächelte. Er zog Macro mit einer Hand auf seinen Platz zurück, griff unter den Tisch und brachte einen weiteren Krug zum Vorschein.
Macro riss die Augen auf. »Wie viele von denen hast du denn noch da unten?«
»Genug, dass wir noch eine Weile weitermachen können. Trink aus!«
»Wo ist deine Freundin?« Macro blickte sich um, doch eine Schar von Gästen versperrte ihm die Sicht zur Theke. »Ich möchte sie gerne umarmen.«
»Sie wird sich ein bisschen später zu uns setzen. Wenn es ruhiger wird.«
»Oh, na gut.« Macro wandte sich wieder den anderen zu. »He! Wisst ihr schon das Neueste?«
»Was denn?«, fragte Anobarbus.
»DerPräfektwirdsichdiePiratenzurBrustnehmen.ErführtdieganzeFlotteunddieMarineinfanteristennachIllyricum, um diese Schweine zur Strecke zu bringen.«
Cato beugte sich über den Tisch und legte seinem Freund die Hand auf den Arm. »Macro!«
»Was denn?«
»Mund halten.«
Macro sah ihn aus trüben Augen an. »Was soll ich halten?«
»Es ist ein Geheimnis.«
»Ein Geheimnis? Vor wem denn? Sobald wir die Schiffe beladen, wird ohnehin jeder Bescheid wissen.«
»Darum geht es nicht. Der Präfekt möchte nicht, dass die Piraten früher davon Wind bekommen, als unumgänglich ist.«
»Du hast es mir erzählt.«
»Ich habe dir vertraut.«
Macro rutschte verlegen herum. »Nun ja. Schau, es tut mir leid, Junge. Aber dann halten wir eben zu viert den Mund. Einverstanden, Leute?«
»Sicher.« Minucius lächelte. »Lasst uns einen Eid darauf schwören und ihn mit einem Trinkspruch besiegeln.«
»Nein«, erklärte Cato fest. »Erwähnt es einfach nicht mehr. Das gilt auch für dich. Und für dich, Anobarbus.«
Anobarbus nickte. »Meine Lippen sind versiegelt. Keine Sorge.«
»Keine Sorge? Leichter gesagt als getan, mit diesen beiden Säufern am Tisch.«
Minucius stand plötzlich strahlend auf, rammte dabei den Tisch mit der Hüfte und hätte beinahe den neuen Weinkrug umgestoßen. Anobarbus’ Arm schoss vor, und er hielt den Krug fest, bevor ein einziger Tropfen überschwappte.
»Sauber!« Macro zwinkerte ihm zu.
»Da ist sie jetzt, Leute!«, sagte Minucius. »Meine Freundin. Mein Mädchen. Die Liebe meines Lebens.«
Cato drehte sich um und musterte die Menge.
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