Die Prophezeiung des Adlers
Mann grollte ihm wegen des Rangunterschieds als wegen einer einfachen, persönlichen Abneigung, die auf Catos Freundschaft mit Macro beruhte. Natürlich war es jetzt wahrscheinlich, dass Minucius ihm aus beiden Gründen feindselig begegnen würde. Doch damit konnte Cato leben. Solange die Grundlage ihrer Beziehung professionell blieb. Er nickte, zufrieden mit der Situation, drehte sich um und ging nach vorn zu seinen Männern.
Der Präfekt schloss sich der Flotte als Letzter an. Er schritt die vergoldete Rampe zum breiten Deck seines Flaggschiffs, der Quinquireme Horus, hinauf. Vitellius wechselte auf den schmalen Niedergang zum Achterdeck und akzeptierte den Gruß des Trierarchen mit einem Nicken.
»Gib der Flotte das Signal, den Hafen zu verlassen.«
»Jawohl, Herr.«
»Die Schiffe sollen sich hinter dem Flaggschiff einreihen, sobald wir ins offene Meer gelangen.«
»Jawohl, Herr.«
»Ich gehe nach unten. Sorge dafür, dass ich nicht gestört werde. Wegtreten!«
Ohne eine Antwort abzuwarten, schlüpfte Vitellius durch die niedrige Luke in die Kajüte, die die gesamte Heckbreite der Quinquireme einnahm. Er achtete nicht auf die Kästen voller Schriftrollen, die auf dem Schreibtisch beim Achtersteven seiner Aufmerksamkeit harrten, und ließ sich auf die schmale Pritsche an der Kajütenwand fallen. Wie die meisten seiner Männer, so hatte auch er in der Vornacht nicht viel geschlafen, aber im Gegensatz zu ihnen genoss er den Luxus, der Kommandant zu sein, und konnte es sich leisten, seiner Müdigkeit nachzugeben. Auf dem Deck hörte man eiliges Hin- und Herlaufen, da die Besatzung das Flaggschiff vom Kai abschob und die Riemen ausbrachte. Langsam nahm die Quinquireme Fahrt auf.
Unter einem langen purpurroten Stander, der träge in der schwachen Brise wehte, passierte das Flaggschiff langsam den Marinestützpunkt und gelangte durch die Lücke zwischen den überlappenden Molen, die den Hafen schützten, nach draußen. Der große bronzene Rammsporn schnitt durch die sanfte Dünung, und die Männer legten sich mit zusammengebissenen Zähnen in die Riemen und ruderten das große Kriegsschiff aus dem Hafen hinaus aufs offene Meer. Hinter der Horus stach der Rest der Flotte in See, gefolgt von den Blicken der Soldaten, die als kleine Garnison zurückblieben. Außerdem hatte sich entlang der Hafenfront Ravennas eine Menschenmenge versammelt. Überwiegend handelte es sich um die Familien und Geliebten der Flottenangehörigen, und sie winkten traurig Lebewohl, während die Kriegsschiffe in See stachen, ihre Position hinter dem hohen Heck des Flaggschiffs einnahmen und langsam zum fernen Horizont entschwanden.
KAPITEL 18
E in paar Stunden schien es so, als hole der Sturm nur Atem, um dann erneut übers Meer zu fegen. Die sanfte Dünung war unnatürlich ruhig, und in der Luft lag eine angespannte Stille. Der Himmel blieb düster grau und verschleierte die Sonne, die nur als ein etwas hellerer Fleck im Dunst zu erkennen war. Die Matrosen auf Catos Schiff hatten genug Erfahrung mit dem winterlichen Meer, um zu wissen, wie schnell das Wetter umschlagen konnte, und beobachteten ihre Umgebung daher mit berechtigter Sorge. Die Marineinfanteristen bemerkten ihre Stimmung, und so wurde an Bord der Sparta nicht wie üblich geplaudert. Die Trireme folgte im Kielwasser des Flaggschiffs, und die Riemen stiegen in einem endlosen Rhythmus aus dem Meer auf und tauchten wieder hinein.
Cato bemühte sich, seiner zunehmenden Angst Herr zu werden, indem er langsam mit auf dem Rücken verschränkten Händen an Deck herumging. Er versuchte sich abzulenken, aber jedes Mal, wenn er am Mast vorbei nach achtern ging, fiel ihm Minucius ins Auge. Schließlich gab Cato auf und gesellte sich zum Trierarchen auf dem Achterdeck.
»Wie lange wird die Überfahrt wohl dauern?«
Titus Albinus spitzte kurz die Lippen und antwortete dann: »Das kommt darauf an, Herr. Da kein Wind weht, müssen wir uns auf die Riemen verlassen. Wenn die Männer sich gegenseitig ablösen, können sie das eine Weile durchhalten. Falls wir dieses Tempo aufrechterhalten können, sollten wir die Küste Illyricums morgen am späten Nachmittag erreichen. Vorausgesetzt, das Wetter hält sich.«
Als er sich nach den anderen Kriegsschiffen umblickte, kam Cato plötzlich ein Gedanke, und er fragte: »Was geschieht, wenn es dunkel wird? Besteht dann nicht das Risiko, dass Schiffe zusammenstoßen oder verloren gehen?«
Albinus nickte lächelnd zum Heck der Trireme hinüber.
Weitere Kostenlose Bücher