Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
befolgten schweigend die Anweisungen. Nur hin und wieder hörte man einen Tropfen von der Decke auf den Höhlenboden aufschlagen.
Anfänglich bemerkte Jason keinen Unterschied. Doch als sich sein Atem in ein sanftes Fließen gewandelt hatte, fühlte er einen wohligen Wärmefluss von seiner Wirbelsäule ausgehen. Mit neuer Konzentration verstärkte er die Visualisierung und nahm dankbar zur Kenntnis, wie sich selbst die Fingerspitzen und Zehen mit angenehmer Wärme füllten.
Nach einer Viertelstunde unterbrach Shalyna die Übung. „Wie ich an euren entspannten Gesichtszügen sehe, war die Übung von Erfolg gekrönt. Ihr seht: Ein Limart braucht gar keinen Mantel. Zumindest dann nicht, wenn er sich für diese Technik sammeln kann. Ihr könnt das auch im Gehen durchführen und euch immer wieder auf diese beiden Energiestrahlen in eurer Wirbelsäule konzentrieren. Das treibt die Kälte aus den Gliedern.“
Nach diesen Worten setzte sie sich ihren Rucksack auf und nahm die Fackel mit dem Leuchtstein in die linke Hand. „Kommt, lasst uns aufbrechen. Wir müssen heute noch ein ordentliches Stück des Weges hinter uns bringen.“
Ten gesellte sich zu ihr und bedankte sich überschwänglich - schleimig, wie Jason fand - für die Ehre, dass sie ihn diese Übung gelehrt hat. Dann holte er die Karte mit den Wegmarkierungen aus seiner Seitentasche und deutete auf einen Kreis. „Wir sind an diesem Punkt und müssen bei der nächsten Abzweigung rechts gehen. Ab hier kenne ich mich nicht mehr aus, weiter bin ich nie gekommen. Aber die Karte war bisher zuverlässig, von daher sollten wir keine Probleme bekommen.“
Kälte war ab jetzt weniger ein Problem. Der Weg wurde noch einmal steiler und trieb ihnen den Schweiß aus den Poren. Auf Nachfrage Jasons bei Callum, ob es denn auch gegen das Schwitzen eine Übung gebe, antwortete dieser nur, dass man die sinnvollen Körpervorgänge nicht unterdrücken solle.
Der nächste Tritt ins Freie konnte von Jason nur mit geschlossenen Augen gegangen werden. Abwartend standen alle im Höhlenausgang, um sich an die strahlende Helligkeit zu gewöhnen. Sie hatten die Wolkengrenze überschritten und die Sonnen strahlten mit gleißendem Schein auf die schneebedeckte Berglandschaft. Das vom Schweiß durchnässte Hemd bot dem eisigen Wind keinen Widerstand mehr. Sofort nahm Jason die Tummo-Meditation wieder auf und wartete, bis sich sein Körper von innen heraus mit Hitze füllte. Sogar die Kleidung trocknete auf seiner erhitzten Haut. Es war ein erhebendes Gefühl, Macht über die eigene Körperwärme zu besitzen. Jason fühlte sich wie ein großer Limart.
Nach und nach konnte er mehr von der Umgebung wahrnehmen. Eine dichte Schneedecke zog sich vor ihm hin bis zum gegenüberliegenden Felsmassiv, in dem sich, wie sie von der Karte wussten, der nächste Eingang befand. Er bemerkte, wie Ten langsam und hochkonzentriert die Felswände nach allen Seiten absuchte.
Ihr Führer wendete sich an Callum: „Wir müssen jetzt besonders vorsichtig sein. In den Berichten der Erzabbauer finden sich zahlreiche Schilderungen von Angriffen der Schneeleoparden hier oben. Auf der freien Fläche sind wir völlig ungeschützt vor ihnen.“
Callum nickte grimmig. „Ganz so schwach sind wir nicht. Schließlich sind wir Limarten. Aber du hast recht, wir sollten kein unnötiges Risiko eingehen.“ Mit diesen Worten setzte er sich zielstrebig in Bewegung. Die Steinfackel hatte er im Rucksack verstaut und stattdessen sein Schwert in die Hand genommen. Ten legte einen Pfeil in seine Armbrust und Rhodon nahm seinen Hammer in die Hand. Jason bildete mit gezogenem Schwert den Abschluss.
Auf der freien Fläche herrschte völlige Windstille und die knarzenden Schritte der Gefährten im Schnee hallten knirschend durch das gigantische Panorama. Jason hätte die Aussicht gerne in vollen Zügen genossen, doch eine gespannte Unruhe hatte sich über die Gruppe gelegt.
Nach etwa zwei Dritteln des Weges geschah es. Wie aus dem Nichts heraus sprang ein weißer Schneeleopard vor ihnen auf den Pfad. Er hatte sich im tiefen Schnee verborgen und dort auf die näherkommende Gruppe gelauert.
Jasons Herz begann rasend zu hämmern. Das Raubtier verfügte über zwei unterarmlange Stoßzähne und fauchte angriffslustig in ihre Richtung. Sein Rücken war so hoch wie der einer Dogge, dabei aber doppelt so lang und von kräftigem Körperbau. Breitbeinig stand die Raubkatze nur zehn Meter vor ihnen entfernt und beugte sich knurrend
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