Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
Informationen zu uns durchdringen, eine große Hungersnot ausgebrochen. Wem würdest du eher das letzte Essen geben, einem alten Greis oder einem jungen Kind? Das musst du doch ganz individuell entscheiden, unter Abwägung aller Umstände. Da kann man keine festen Vorgaben machen. Obwohl ...“, Mataux verharrte mitten im Gehen und zupfte an seinem Kinnbart, „... mir kommt da ein Gedanke. Wir auf Tandoran haben es im gewissen Sinne leichter, moralische Entscheidungen zu treffen. Wenn ihr auf der Erde das Limar nicht spürt, habt ihr es schwerer. Wir können hier ja das Leid eines anderen spüren, das Limar hilft uns zu beurteilen, wie es Mensch, Tier oder Pflanze geht.“
„Stell dir mal einen eurer Schlachthöfe auf Tandoran vor, Jason“, warf Shalyna ein. „All die Angst der Tiere - die Limarschwingungen in diesen Räumen wären für uns nicht auszuhalten.“ Sie schwieg einen Moment und fuhr fort: „Aber natürlich haben wir auch das Böse hier auf Tandoran. Menschen, die auf Kosten anderer leben, nur ihren Interessen folgen. Der dunkle Kaiser ist das beste Beispiel dafür. Es gibt Neid, Eifersucht, Geltungsdrang - wir sind trotz allem ‚menschlich‘ geblieben.“
„Jaaahh“, wandte Mataux ein und hob einen Zeigefinger, „aber Mandratan folgt in seinem verwirrten Geist diesen Lehren des Mansil. Darum sage ich: Wenn jemand von dir will, dass du etwas glauben sollst, was du nicht siehst, sei erst einmal skeptisch.“
Genau die gleichen Worte wie Meister Allando. Haben sie voneinander abgeschrieben? Jason musste grinsen.
„Verzeiht Meister“, Shalyna gab sich ungewöhnlich respektvoll, „aber wie wollt Ihr widerlegen, wenn Mansil behauptet, dass ein Gott dem Stärkeren nach dem Tode einen besseren Platz im Paradies verspricht, als dem, der sich schwach gezeigt hat?“
„Das kann ich nicht. Aber kannst du mir beweisen, dass es da oben ...“, er zeigte auf die orangefarbene Sonne, „nicht einen Puppenspieler gibt, der uns nach seinen Vorstellungen handeln lässt. Dabei unseren Kopf so bestrahlt, dass wir meinen, wir würden selbst entscheiden? Hmmh?“ Mataux schaute Shalyna fast aggressiv an und sagte in beschwörendem Tonfall: „Glaube mir doch, mein Kind, ich habe es in einer göttlichen Vision erfahren. Der Puppenspieler lebt auf der Rückseite der Sonne, darum hat ihn auch noch keiner gesehen. Glaube mir!“
Das Thema brachte den alten Meister in Rage, seine Augen glänzten fanatisch.
Er atmete tief durch und fuhr besonnen fort. „Natürlich kannst du das nicht widerlegen. Niemand kann beweisen, dass es etwas nicht gibt. Darauf bauen sie ja, diese Glaubensverführer.“ Er bog um eine Ecke und begrüßte einen Lehrer, der einen Karren mit Sayloqsteinen vor sich herschob.
Jason erschien dieses Wortgefecht sinnlos. Er erkannte, dass auch auf Tandoran keine endgültigen Antworten auf alle Fragen zu finden waren. Er konzentrierte sich lieber auf die Gebäude, die sie entlangschritten. Diese waren mit Schriftzeichen und vielfältigen Mustern bemalt. Der Geruch von Kakao stieg in seine Nase. Sie näherten sich einem Geschäft, dass eine breite Süßigkeitenauswahl in der Auslage bereithielt. „Ich wusste gar nicht, dass es auch Schokolade auf Tandoran gibt.“ In seinem Mund sammelte sich der Speichel.
Mataux ging unbeirrt voran. „Ja, manche Sorten sind zum Sterben lecker. Du findest hier Stimmung hebende, beruhigende, schmerzstillende, belebende oder einfach nur köstlich schmeckende Schokoladenarten. Selbst aphrodisierende“, dabei grinste er verschmitzt. „Aber kommt, ihr müsst heute etwas anderes probieren. Wir haben es nicht mehr weit.“
Wehmütig folgte Jason dem Meister. Doch schon nach wenigen Ecken stieg ihm erneut ein appetitlicher Duft in die Nase. Mataux steuerte auf einen Marktstand mit einer alten Frau dahinter zu. Die Verkäuferin stand mit krummen Rücken vor einer Auswahl an Kuchen.
„Ah, Meister Mataux. Welche Ehre. Gelüstet euch wieder einmal nach einem Krapfen?“, fragte sie.
„Madame Sabien. Die Ehre liegt ganz meinerseits. Darf ich Ihnen Shalyna und Jason, einen Besucher von der Erde, vorstellen? Ich möchte ihnen eine Spezialität von Tenia präsentieren und Sie machen den besten Opferkuchen der ganzen Stadt.“
„Zu viel der Ehre. Aber greift ruhig zu. Schaut hier“, sie wendete sich mit ihrer krächzenden Stimme an Jason, „diese sind frisch aus dem Ofen. Bedient euch.“
Die drei wählten sich ihre Krapfen und Mataux bezahlte für sie. Er wies
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