Die Prophezeiung
die Elfe Sirimi, die damals zu ihnen gekommen war. Sie lächelte ihm beruhigend zu und flüsterte: „Hab keine Angst, ich wache über sie. Sollte Gefahr drohen, helfen wir ihr, bis du da bist!“ Niall fiel ein Stein vom Herzen, denn er wusste, die Elfen waren wehrhafte Verbündete.
Karim bot Zaramé seinen Arm und ihr blieb nichts anders übrig, als sich bei ihm einzuhängen. Aber ihr kurzes Zögern entging ihm nicht. Zu ihrem Erstaunen führte er sie jedoch nicht in den großen Saal, sondern in ihr altes Lernzimmer. Als Zaramés Blick auf den ehemaligen Stuhl Leandors fiel, schauderte sie kurz.
„Du brauchst dich nicht zu fürchten! Der Tyrann ist weg, keine grausamen Gedichte von verwirrten Dichtern mehr. Wir müssen nichts mehr lernen, denn wir wissen genug, nicht wahr, Zaramé?“, fragte er freundlich und griff nach ihrer Hand. Sie senkte den Blick, wohl wissend, dass ihre Augen aus Wut nicht gerade die richtige Farbe aufwiesen. Karim hielt ihre Hand fest und strich ihr über die schmalen Finger. Zaramé kämpfte mühsam um ihre Beherrschung, sie ihm nicht zu entreißen. Karim spürte offensichtlich, dass ihr altes, vertrauensvoll freundliches Verhältnis getrübt war. Er versuchte deshalb, das Mädchen wieder auf seine Seite zu ziehen.
„Zaramé, ich fürchte , ich habe dich vor ein paar Tagen erschreckt. Aber ich werde bald König sein und ich kann doch keine Feinde in meiner eigenen Burg dulden, nicht wahr. Ich hatte keine Wahl, es tut mir leid. Wie kann ich dir zeigen, dass ich dir nur wohlgesonnen bin?“
Zaramé schloss die Augen und betete darum , Aufrichtigkeit ausstrahlen zu können. Dann sah sie Karim in die dunklen Augen. „Es war eine sehr plötzliche Änderung meines Lebens, mein Prinz. Ich werde etwas Zeit benötigen, mich darauf einzustellen! Verzeiht mir deshalb meine Unsicherheit.“ Karims Augen strahlten sie an und er nahm auch ihre zweite Hand.
„Zaramé, wir habe n nie darüber gesprochen, aber du bedeutest mir sehr viel. Dich an meiner Seite zu haben, war meine größte Stütze all die Jahre. Und das möchte ich eines Tages wieder erleben dürfen. Wenn du etwas Zeit brauchst, dann sollst du sie haben. Aber bitte komme wieder in die Burg und lass uns Zeit zusammen verbringen!“, bat er so liebevoll, dass Zaramé Schwierigkeiten bekam, in ihm den kaltblütigen Mörder Leandors zu sehen. Vorsichtig schüttelte sie den Kopf: „Wie stellt Ihr Euch das vor, mein Prinz? Alles hat sich geändert: Ich muss auf meinen Ruf achten. Kein Lehrer überwacht uns und Ihr seid keine Dame, die nach einer Gesellschafterin verlangt!“
Sie lächelte ihn besänftigend an, spürte aber den schlecht verborgenen Ärger des jungen Mannes. Er befand es nicht mehr für nötig, sich ewig hinter Höflichkeit zu verbergen. „Dann wirst du dreimal in der Woche meine Schwester besuchen und wenn sie keine Zeit hat oder sich nicht wohl fühlt, werde ich mich um dich kümmern!“
Nun war der Ton eindeutig herrischer und Zaramé wusste, sie musste nachgeben, um kein Misstrauen zu ernten. Sie nickte zustimmend und die Miene des Prinzen entspannte sich. Er lächelte sie wieder unbefangen an: „Dann lass uns ein wenig in den Garten gehen und uns unterhalten, wie früher. Solana ist zu dumm dafür und meine Eltern sind mit anderen Dingen beschäftigt.“ Während des gesamten Gartenrundgangs ließ er ihre Hand nicht los und Zaramé fühlte die Vereinnahmung wie Ketten an ihrem Handgelenk und an ihrer Seele. Wenn Karims Ungeduld zunehmen sollte, war sie hier nicht lange sicher und mit ihr auch ihre Familie nicht. Sie würden bald handeln müssen, aber wie?
Als sie später zu H ause war, fühlte sie sich erschöpfter als nach harter körperlicher Arbeit.
„Es ist nicht das m eine, mich so zu verstellen“, klagte sie Niall und den Eltern später ihr Leid. „Aber wenn ich es nicht tue, wird er sofort ärgerlich!“
Balin und Niall warfen sich erboste Blicke zu, das war genau ihre r beider Befürchtung gewesen! Niall war mehr als zornig, das konnte Balin unschwer erkennen. Darüber hinaus begann er sich zu fragen, ob Niall bewusst geworden war, dass Zaramé in Wirklichkeit nicht seine Schwester war. Das Mädchen war nicht einfach nur hübsch, sie war eine temperamentvolle Schönheit. Und die beiden hatten nicht nur ihr zukünftiges Schicksal gemeinsam. Auch die seltsame, übersinnliche Verbindung, die Niall immer rechtzeitig zu Zaramés Hilfe hatte eilen lassen, war etwas Besonderes. Gehörte das auch zur Zukunft
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