Die Prophezeiung
von Niall und Zaramé – eine Liebesbeziehung oder gar eine Ehe? Balin schüttelte den Kopf, irgendwie war das schwer vorstellbar! Balin beobachtete seinen Sohn. Die blauen Augen blitzten vor unterdrückter Wut und Niall ballte unbewusst sogar die Fäuste. Hoffentlich würde sich das Ganze nicht zu schnell entwickeln und dann außer Kontrolle geraten.
In der nächsten Woche ging Zaramé zweimal ins Schloss, das dritte Mal ließ sie sich entschuldigen, sie fühle sich nicht wohl. Karim sandte wohlriechende Düfte in einem schönen Glasgefäß und einige schmeichelnde Worte. Niall gab sich selbst gegenüber zu, dass seine Erleichterung, dass Zaramé zu Hause geblieben war, von Wut über die Geschenke überschattet war. Auch Zaramé blieb seine gedrückte Stimmung nicht verborgen. Eines Abends folgte sie ihm ins Haus und sprach ihn darauf an.
„Niall, was ist denn los? Du bist diese Woche sehr seltsam, finde ich!“, sagte sie leise zu ihm, während sie ihm zum Kamin folgte. Niall reagierte nicht auf ihre Worte, er wusste nicht, wie er alles in Worte fassen sollte, was ihn zurzeit beschäftigte. Schweigend warf er einige Scheite ins Feuer, um es wieder aufflammen zu lassen. Seine Gedanken jagten durch seinen Kopf und er überlegte, was ihn wirklich so schlecht gelaunt sein ließ. Dabei wurde er unvorsichtig und eine Stichflamme aus einem sich plötzlich entzündenden trockenen Scheit erreichte seinen Arm. Blitzartig zog er den Arm zurück, aber zu spät! Eine längliche Brandwunde schlängelte sich über seinen Unterarm bis hinauf zum Ellbogen. Nicht mehr als ein hastiges Einatmen war ihm über die Lippen gekommen, aber Zaramé war schon unterwegs zum Brunnen und kam mit einem Eimer kaltem Wasser zurück. Niall tauchte den Arm hinein und nach einigen Minuten ließ der Schmerz langsam nach. Zaramé hatte kein Wort gesagt und deshalb sah er irgendwann in dieser unnatürlichen Stille auf und blickte ihr direkt in die Augen.
Und wieder blieb ihm die Luft weg, denn sie leuchteten in einer Farbe, die er noch nie zuvor an ihr gesehen hatte. Nicht glühend rot, nicht der gewohnte goldbraune Ton – nein, hellgoldenes Feuer strahlte ihn an, welches ihn mit Wärme erfüllte, ohne ihn zu verbrennen. Sanft legte sie die Hand an seine Wange und er legte seine darüber. „Es geht dir genauso, Niall, nicht wahr?“, flüsterte sie zärtlich. Niall brachte kein Wort hervor, das Schlucken fiel ihm schwer. So beschränkte er sich auf ein kaum merkliches Nicken.
„Das gehört also auch zu unserem Schicksal – ich war mir nicht sicher, du warst bisher so brüderlich zu mir, hast mich geneckt und beschützt. Ich dachte, nur ich fühle anders für dich!“ Endlich vermochte Niall seine ganzen Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen: „Du bedeutest mir unendlich viel, Zaramé! Ich habe es lange nicht verstanden, warum sich meine Gefühle so änderten. Aber als ich dich an Karims Seite sah, war es mir klar! Ich will dich nicht mit irgendjemand teilen, du gehörst an meine Seite! Ich liebe dich, Zaramé!“, sagte der junge Mann leise, der bis eben noch als ihr Bruder gegolten hatte.
„Lass uns von hier fortgehen, Zaramé! Es wird zu gefährlich hier für dich – für uns alle!
Zaramé überlegte kurz, dann nickte sie langsam. „Du hast Recht, aber lass mich zuvor die Elfen fragen, ob unsere Anwesenheit hier in der Stadt vonnöten ist oder ob wir auch im Land weiterkommen. Morgen muss ich wieder ins Schloss, dann suche ich sie auf. Sprich du in dieser Zeit mit den Eltern. Sie können nicht hierbleiben, denn Karims Rache würde sie treffen!“
Niall stimmte ihr zu. Er musste Geduld haben. Seltsam, bisher hatte es ihm daran nicht gemangelt. Zaramé war immer diejenige gewesen, die nicht abwarten konnte. Eine Wandlung in ihren Gefühlen und in ihrem Verhalten hatte sich vollzogen. Niall seufzte und Zaramé lachte mitfühlend. Doch bevor sie den Eimer wieder hinaustragen konnte, hatte Niall sie bereits erreicht und zu sich herangezogen.
Den verletzten Arm an der Seite herabhängend , umfing er sie mit dem anderen und küsste sie voll von überschäumendem Glück direkt auf den lachenden Mund. Der Eimer fiel unsanft auf den Boden, blieb aber gerade noch aufrecht stehen, als Zaramé ihre Arme um Nialls Hals schlang und den Kuss hingebungsvoll erwiderte. Sie reagierten nur einen kurzen Moment zu spät, als sich die Türe öffnete und Balin und Moran vor ihnen standen. Moran keuchte überrascht auf und von Balin kam ein leises
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