Die Prophezeiungen von Celestine
auf der Suche nach der Neunten Erkenntnis sei, bisher aber keine Anhaltspunkte hatte, wo sie sich befinden könnte.
Nachdem sie mehrere Male unvermittelt an ihren alten Freund Hinton hatte denken müssen, war sie
schließlich zu seinem Haus gefahren.
Ich hörte ihr kaum zu. Marjorie und Karla waren aus der Küche auf den Flur getreten und standen dort mit ihren Teetassen in der Hand. Mein Blick traf den von Marjorie, doch sie schwieg.
»Hat sie schon viel vom Manuskript gelesen?«
fragte Julia und deutete mit einer Kopf bewegung auf Marjorie.
»Nur die Dritte Erkenntnis«, sagte ich.
»Es sollte nicht allzu große Probleme bereiten, sie aus dem Land zu schaffen, falls sie das will.«
Ich wandte mich ihr wieder zu. »Wie?«
»Rolando macht sich morgen auf den Weg nach
Brasilien. Wir haben dort Freunde bei der amerikanischen Botschaft, die dafür sorgen könnten, daß sie sicher in die Staaten zurückkehrt. Auf diese Weise haben wir schon anderen Landsleuten helfen können.«
Ich sah sie eine Weile an und nickte dann zustimmend. Meine Gefühle gegenüber diesem Vorschlag waren eher ambivalenter Natur. Auf der einen Seit wußte ich, daß es das Beste für Marjorie sein würde, wenn sie das Land so schnell wie möglich verließ.
Auf der anderen Seite wollte ich, daß sie bei mir blieb.
In ihrer Gegenwart fühlte ich mich so viel besser und energiegeladener.
»Ich denke, ich sollte mit ihr darüber sprechen«, sagte ich schließlich.
»Sicher«, erwiderte Julia. »Wir können uns auch später weiter unterhalten.«
Ich erhob mich und wollte zu Marjorie auf den Flur gehen. Karla war auf dem Weg in die Küche, doch Marjorie war nicht zu sehen. Als ich auf den Flur trat, stand sie um die Ecke, mit dem Rücken an die Wand gelehnt.
Ich zog sie in meine Arme. Mein Körper schien zu pulsieren.
»Spürst du die Energie?« flüsterte ich ihr ins Ohr.
»Unglaublich«, sagte sie. »Was hat das zu bedeuten?«
»Ich weiß es auch nicht. Wir haben irgendeine Verbindung.«
Ich blickte mich um, und als ich sicher war, daß man uns nicht beobachten konnte, küßten wir uns leidenschaftlich.
Als ich zurücktrat, um ihr ins Gesicht zu schauen, schien sie sich verändert zu haben. Sie wirkte stärker, und ich mußte an den Tag unserer Begegnung in Viciente denken und an unsere Unterhaltung in dem kleinen Restaurant in Cula. Mir war unbegreiflich, über wievie l mehr Energie ich in ihrer Gegenwart verfügte, besonders dann, wenn sie mich berührte.
Sie hielt mich fest an sich gezogen. »Seit unserem Treffen in Viciente«, sagte sie, »habe ich mich danach gesehnt, bei dir zu sein. Damals wußte ich nicht, was ich davon halten sollte, aber die Energie zwischen uns ist wunderbar. Mir ist so etwas noch nie passiert.«
Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Karla auf uns zutrat und lächelte. Sie verkündete, daß das Abendessen zubereitet sei, und so begaben wir uns ins Eßzimmer, wo ein großes Büffet aus frischen
Früchten, Gemüse und verschiedenen Brotsorten auf uns wartete. Alle Anwesenden bedienten sich und setzten sich anschließend um einen großen Tisch.
Nachdem Mareta ein Dankeslied gesungen hatte, aßen wir und unterhielten uns. Hinton hatte seine Nervosität überwunden und sorgte jetzt für eine heitere und leichte Stimmung, die uns dabei half, die anstrengende Flucht ein wenig zu vergessen. Marjorie hatte sich ebenfalls entspannt und unterhielt sich ungezwungen und fröhlich. Allein die Tatsache, neben ihr sitzen zu dürfen, sorgte für warme Gefühle in meiner Herzgegend.
Nach dem Abendessen führte Hinton uns wieder in sein Arbeitszimmer, wo eine Puddingspeise mit süßem Likör serviert wurde. Marjorie und ich saßen nebeneinander auf der Couch und verfielen in eine lange Unterhaltung über unsere Vergangenheit und die herausragenden Ereignisse unseres jeweiligen Lebens. Das Vertrauen zwischen uns wuchs, und die einzige Schwierigkeit schien darin zu bestehen, daß sie an der Westküste und ich im Süden lebte. Später tat Marjorie dieses Problem mit einer Handbewegung ab und lachte.
»Ich kann es kaum abwarten, bis wir wieder in den Staaten sind«, sagte sie. »Wir werden soviel Spaß beim Hinundherreisen haben.«
Ich lehnte mich ein wenig zurück und sah sie ernsthaft an. »Julia meinte, daß sie für morgen deine Rückkehr organisieren könnte.«
»Für uns beide, meinst du?«
»Nein, ich..., ich kann nicht mit.«
»Weshalb nicht?« fragte sie. »Ich kann nicht ohne dich abreisen. Aber länger in
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