Die Prophezeiungen von Celestine
nach der Aufspaltung dieser kleinen Elementarteilchen, wie wir die kleinste Form dieser Energie nennen, die bloße Tatsache der Beobachtung ihres Verhaltens das Versuchsresultat und somit das Verhalten selbst beeinflußt - als seien die Elementarteilchen durch die Erwartungshaltung des Beobachters manipulierbar. Und das selbst, wenn die Teilchen dazu an Orten auftauchen müssen, an denen sie den uns bekannten Gesetzen des Universums zufolge eigentlich nicht auftauchen dürften: nämlich zwei zur gleichen Zeit an der gleichen Stelle, oder in der linearen Zeit vor und zurück reisend.«
Sie blieb erneut stehen und sah mich an. »Mit anderen Worten, es sieht aus, als bestehe der Urstoff des Universums, sein Kern, aus einer Form reiner Energie, die durch menschliche Intention und Erwartung formbar ist, und zwar auf eine Weise, die unser altes Modell vom mechanischen Universum widerlegt - ganz als würden unsere Erwartungen dafür sorgen, daß unsere Energie sich in der Welt verteilt und andere energetische Systeme beeinflußt. Ich brauche nicht zu betonen, daß die Dritte Erkenntnis uns genau dies glauben machen will.«
Sie schüttelte den Kopf. »Unglücklicherweise nehmen die meisten Wissenschaftler diese Theorie nicht ernst. Sie verharren lieber im Skeptizismus und warten ab, ob wir unsere Behauptungen beweisen können.«
»Hey, Sarah, hier sind wir«, erklang eine entfernte Stimme. Zu unserer Rechten, etwa fünfzig Meter entfernt, sahen wir, wie jemand uns durch die Bäume zuwinkte.
Sarah sah mich an. »Ich muß mit diesen Leuten für eine Weile reden. Ich habe eine Übersetzung der Dritten Erkenntnis bei mir. Wenn Sie wollen, suchen Sie sich einen schönen Fleck und lesen darin, solange ich fort bin.«
»Nichts lieber als das«, sagte ich.
Sie zog die Kopien aus ihrem Rucksack, überreichte sie mir und ging davon.
Ich sah mich nach einem geeigneten Platz zum Sitzen um. Wo ich stand, war der Waldboden feucht und voller Unterholz, doch ein kleines Stück weiter östlich erhob sich ein weiterer Hügel. Auf der Suche nach einem trockenen Plätzchen machte ich mich auf den Weg dorthin.
Auf dem Hügel angekommen, übermannte mich
schiere Ehrfurcht. Wieder ein Ort von nahezu un-beschreiblicher Schönheit. Die knorrigen Eichen-stämme standen in etwa zwanzig Meter Abstand voneinander, und das weitausladende Astwerk der Bäume hatte sich vollkommen ineinander verwoben, so daß sich eine Art Baldachin über meinem Kopf wölbte. Auf dem Waldboden wucherten tropische Gewächse mit breiten Blättern, die bis zu einem Meter fünfzig Höhe erreichten. Die Blätter waren ungefähr zwanzig Zentimeter breit. Diese Pflanzen vermischten sich mit altem Farn und weißblühendem Buschwerk.
Ich suchte mir eine trockene Stelle, setzte mich und genoß den leicht modrigen Geruch der abgestorbenen Blätter und den Duft der Blüten.
So holte ich die Kopien hervor und begann mit der Lektüre der Übersetzung. In einer kurzen Einleitung wurde erklärt, daß die Dritte Erkenntnis ein ver-
ändertes Verständnis des physikalischen Universums bringen würde. Die Worte entsprachen ganz eindeutig Sarahs eben gegebener Zusammenfassung und sagten voraus, daß die Menschheit gegen Ende des zweiten Jahrtausends eine neue Form der Energie entdecken würde, welche die Grundlage alles Bestehenden darstellte und gleichzeitig von allem -und das schloß uns Menschen ein - ausging.
Ich ließ die Idee eine Weile wirken und stolperte dann über eine Stelle im Text, die mich
ausgesprochen faszinierte. Das Manuskript behauptete dort, daß die Veränderung der menschlichen
Wahrnehmung mit einer erhöhten Sensibilität
gegenüber schönen Dingen beginnen würde. Während ich darüber nachdachte, lenkte mich das Geräusch sich nähernder Schritte ab. Ich erblickte Sarah im gleichen Moment, als sie zum Hügel aufsah und mich entdeckte.
»Ein großartiger Platz«, sagte sie, als sie mich erreicht hatte. »Haben Sie schon die Stelle über die Wahrnehmung der Schönheit gelesen?«
»Ja«, sagte ich. »Aber ich bin mir nicht sicher, was genau damit gemeint ist.«
»Weiter hinten in der Schrift wird es im Detail ausgeführt, aber ich werde mir Mühe geben, es kurz zu-sammenzufassen. Die Wahrnehmungsfähigkeit von Schönheit funktioniert als eine Art Barometer, das uns verrät, wie weit wir noch davon entfernt sind, die Energie wahrzunehmen. Das leuchtet ein, denn wer einmal die Energie erfahren hat, merkt, daß es sich dabei im Prinzip um das gleiche
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