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Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)

Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Schlüter
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lehnte lässig Birte Coskun. Schönliebs einzige Kollegin hatte ein hartes, kantiges Gesicht und, wie Schönlieb fand, wenig Weibliches. Als Schönlieb und Samson eintraten, war das Team komplett.
    »Gestern haben wir uns, wie ihr wisst, während der Rufbereitschaft einen neuen Fall eingefangen«, begann Holding etwas genervt. »Als ob wir nicht genug ausgelastet wären. Der Fall bleibt aber bei uns. Ich möchte gerne, dass Wallner und Schönlieb erst einmal die Ermittlungen alleine führen. Wenn ihr Unterstützung braucht, holt euch Samson oder Coskun dazu, je nachdem, wer verfügbar ist. Samson und Coskun sollen erst mal den Fall Lübber zu Ende bringen. Da gibt es noch ein paar Spuren, und es müssen langsam mal ein paar Berichte fertig gemacht werden.« Holding sah vorwurfsvoll zu Birte Coskun. Die verdrehte nur die Augen.
    Bei dem Fall Lübber ging es um einen toten Industriellen, den man in einer Mülltonne auf dem Kiez gefunden hatte. Schönlieb hatte ein paar Zeugen befragt, der Fall war aber vor allem Sache von Samson und Coskun. Mittlerweile waren schon drei Festnahmen erfolgt. Es schien alles darauf hinzudeuten, dass es um Erpressung und Sex ging.
    »Habt ihr schon etwas zu gestern?« Holding schaute zu Wallner. Wallner war für Holding immer der Ansprechpartner, wenn es um Ermittlungen ging, die Wallner und Schönlieb zusammen ausführten. Das nervte.
    Wallner hielt zwei Zettel hoch, die er schon die ganze Zeit auf dem Schoß liegen hatte.
    »War ein bisschen Glück. Wir hatten ja ein paar Männer losgeschickt, in die umliegenden Gebäude. Was soll man sagen, ein paar Fähige sind wohl doch bei unserer Truppe.« Er machte eine kurze Pause und sah Schönlieb dabei so an, als ob er Schönlieb nicht zu diesen Fähigen zählte. »Jedenfalls … einer hat da richtig die Augen aufgehalten. Der war in dem Unigebäude der Rechtswissenschaften, und siehe da: Auf einem Aushang auf ’nem Schwarzen Brett, von so einem Studentenverein oder so ein Scheiß, erkennt er doch tatsächlich den Toten. Manchmal hilft uns der da oben wohl doch.«
    Wallner schaute demonstrativ an die Decke. Was für ein Spinner , dachte Schönlieb.
    Wallner reichte Holding und Schönlieb jeweils zwei Kopien des Aushanges. »VHJS« stand darauf in großen Buchstaben, das S war dabei als ein Paragrafenzeichen dargestellt. Darunter fand sich ein Foto von vier grinsenden Studenten in Anzügen. Einer davon war der Tote. Rechts unter dem Bild war in kleinen Buchstaben zu lesen:
    Der VHJS-Vorstand von links nach rechts: Sebastian Stengelmann (Präsident), Martin Lewander (Schatzmeister), Huynh Nguyen (Vorstand für AA & Marketing), Gaye Yakin (Vorstand für S&C)
    Huynh Nguyen hieß also ihre Leiche. Breit grinste er in die Kamera. Er strahlte etwas Überlegenes aus und hatte eine gewisse Härte in seinem Blick, als ob ihm nichts etwas anhaben konnte. Der Text unter dem Foto war eine Einladung für ein wöchentlich stattfindendes Arbeitstreffen, zu dem alle Interessierten gerne kommen sollten. Es wurde mit kostenlosem Kaffee und Kuchen geworben.
    »Hu-iiin N-gijen oder wie spricht man das?«, fragte Holding und blickte auf den Flyer.
    »Da fragst du den Falschen«, antwortete Wallner. »Ich kann nicht mal sagen, ob das Japanisch, Chinesisch oder sonst was ist.«
    Auch die anderen zuckten mit den Schultern.
    »Ich vermute, es ist Vietnamesisch«, sagte Schönlieb. Während der Zeit an der Hochschule der Polizei musste man als Student ein halbes Jahr Praktikum absolvieren. Schönlieb hatte sein Praktikum beim LKA im Fachkommissariat für Menschenhandel und Schleusung gemacht. Bei einer Razzia hatten sie in einer Zweizimmerwohnung an die dreißig eingeschleuste Vietnamesen aufgelesen. Für die Reise nach Europa hatten sie bis zu zehntausend Euro Schlepperkosten aufbringen müssen. Davon bezahlten sie nur einen sehr geringen Anteil in Vietnam, den Rest hatten sie als Schulden am Hals und mussten ihn hier in Deutschland abarbeiten, jahrelang. Die meisten arbeiteten als Verkäufer geschmuggelter Zigaretten. Sie hatten versucht, in etlichen Verhören etwas über die Schleuser herauszubekommen, doch keiner hatte mit ihnen reden wollen. Zu groß war die Angst davor, dass ihre zurückgelassenen Familien in Vietnam die Rache zu spüren bekommen hätten. Das waren die ärmsten Säue gewesen. Schönlieb hatte danach beschlossen, zu versuchen, später in einem anderen Bereich unterzukommen. Den Anblick, als er die Zweizimmerwohnung betreten hatte, würde er nie

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