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Die Psi-Agenten

Die Psi-Agenten

Titel: Die Psi-Agenten
Autoren: Dan Morgan
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die letzte Wahrnehmung, die das Opfer gemacht hatte, in der Retina widerspiegelte und man den Mörder entdecken könnte, wenn man dem Toten in die Augen sah.
    Der Gedanke hatte seinen Ursprung vermutlich in einer nicht zutreffenden Analogie zwischen der damals neuen Erfindung der Fotografie und der Funktion des Auges. Die psychokinetische Gehirn-Stimulation eines eben Verstorbenen beruhte auf einem ähnlichen Konzept; nur daß sie – vorausgesetzt, der Zellenverfall war noch nicht zu weit fortgeschritten – eine logische Grundlage besaß. Die letzten Erinnerungen vor dem Tode waren ganz selbstverständlich in der obersten Gehirnschicht gespeichert, und wenn man durch einen direkten Psi-Anreiz das elektrochemische Potential der Gehirnzellen freisetzte, so kam man mit großer Wahrscheinlichkeit an diese Eindrücke heran.
    Leider war der Vorgang in anderer Hinsicht nicht ganz so einfach, wie es der Retina-Vergleich vermuten ließ. Die Psi-Stimulierung, zu der ich fähig war, stellte nur einen plumpen Ersatz für die normale Funktion des Energieaustausches dar. Im günstigsten Falle würde es mir gelingen, die Summe der Informationen in einer einzigen Entladung der Gehirnenergie zu erhalten. An einen logischen Ablauf der Geschehnisse war nicht zu denken.
    Richard sah mich bittend an. Ich stählte mich gegen das Grauen und schickte meine Psi-Ausläufer vorsichtig in das tote Gehirn von Charles Greenall. Überall setzte bereits der Verfall ein. Mein Psi-Bewußtsein kroch mit entsetzlicher Schwerfälligkeit durch die sich auflösenden Zellen, wie Maden durch ein Stück faules Fleisch, bis es schließlich die Region fand, in der die Erinnerungen gespeichert waren.
    Dann ein kurzer Energiestoß, und ein Gewirr von Bildern floß in mein Inneres. Ich zog meinen Psi-Ausläufer zurück, dankbar, daß ich dem Moder und der Verwesung entronnen war.
    Aber noch hatte ich das Schlimmste nicht überstanden. Gepackt von Mitleid und Grauen beobachtete ich den zuckenden Körper des Toten. Ich mußte unwillkürlich an den Galvani-Versuch mit den toten Fröschen denken. Das Gesicht Greenalls verzerrte sich wie im Krampf – aber ich wußte, daß er nichts mehr fühlen konnte, daß es sich um eine Reflexbewegung der Muskeln handelte, ausgelöst durch die motorischen Nerven, die meinen Energiestrahl aufgefangen hatten.
    Leichenfledderei, dachte ich, und wieder überwältigte mich der Ekel. Ich kauerte am Rande der Pritsche und versuchte mich auf die Eindrücke zu konzentrieren, die ich aus dem Gehirn des Toten gezerrt hatte. Verwischte Bilder tauchten auf, überlagert von der Angst des Sterbens. Und noch etwas anderes – eine sonderbare, bedeutungslose Resonanz … vielleicht eine Ausstrahlung von Greenalls Bewußtsein … oder der Laut des Todes selbst…
    Saranameee …
    Ein unverständlicher Klang, der wie eine Trägerwelle alle anderen Eindrücke beherrschte. Phantasie oder Wirklichkeit – ich wußte es nicht. Und das tote Gehirn schwieg.
    Saranameee …
    Die vielfältigen, wirren Bilder, die ich an die Oberfläche geholt hatte, verblaßten. Nur der Laut verharrte deutlich – wie der quälende Schrei einer verlorenen Seele.
    »Was ist, Peter?«
    Dicht vor mir tauchten die harten, kantigen Gesichtszüge Richards auf.
    »Ein Wort – oder zumindest halte ich es für ein Wort«, sagte ich mühsam. »Saranameee – es wiederholt sich endlos und übertönt alles andere.«
    »Saranameee … « Havenlake runzelte die Stirn. »Sonst nichts?«
    »Nein – höchstens nacktes Entsetzen.«
     
    Unter anderen Umständen hätte es mich vielleicht mit Befriedigung erfüllt, daß Corts Überlegenheit und kühle Arroganz endlich einen Dämpfer erlitten hatte. Er saß bleich und nervös hinter seinem Schreibtisch und tastete immer wieder mit zitternden Fingern nach seiner Eton-Krawatte.
    »Behaupten Sie allen Ernstes, daß diese Leute in der Lage sind, mit ihrer Psi-Kraft sämtliche Gefängnismauern zu durchdringen und ihre Opfer zu töten?«
    »Solche Barrieren stellen kein Hindernis für Esper dar«, entgegnete Richard. »Natürlich haben wir bisher nicht einmal im Traum daran gedacht, Psi-Kräfte auf diese Weise einzusetzen. Aber andere taten es – daran gibt es kaum noch einen Zweifel.«
    »Nein, natürlich nicht. Irgendwie ist das …« Er sprach den Satz nicht zu Ende, sondern starrte ins Leere. Er hatte sich zwar mit der grundsätzlichen Idee der extrasensorischen Wahrnehmung abgefunden, aber die Demonstration dieser Kräfte in seinem eigenen
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