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Die Psi-Agenten

Die Psi-Agenten

Titel: Die Psi-Agenten
Autoren: Dan Morgan
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darstellten, denn jemand, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befand, ließ sich leicht zu einer Unregelmäßigkeit verführen.
    Während ich Akte um Akte durchging, konnte ich mich nur wundern, mit welchem Ameisenfleiß Corts Untergebene all diese Informationen zusammengetragen hatten. Ein Kapitel für sich stellte beispielsweise Gruppe E dar. Sie enthielt ausführliche Berichte von Geheimagenten über das Privatleben der Verdächtigen, mit besonderer Betonung der sexuellen Beziehungen.
    In dieser Hinsicht hatten Corts Männer Unglaubliches geleistet – verständlich, denn Sex in der einen oder anderen Form hatte sich in der Vergangenheit oft genug als entscheidender Faktor bei Spionagefällen erwiesen. Homosexuelle beispielsweise mußten sich eine scharfe Überwachung gefallen lassen, wenn man ihnen überhaupt geheime Forschungsprojekte anvertraute. Die Spionageabwehr hatte aus dem Fall Vassall gelernt.
    Ich kam mir wie ein Voyeur vor, als ich diese Informationen durchging. Die Akte BROWNING, J. A. beispielsweise enthielt folgenden Absatz »… daß der Betreffende seit drei Jahren keine Geschlechtsbeziehungen zu seiner Frau unterhält. Er besucht gelegentlich eine gewisse Vera Stagles, die im Schaukasten eines Soho-Nachrichtenblattes ihre Dienste unter der Tarnung: Yvonne – Fotomodell anpreist. Diese Frau hat sich spezialisiert auf …« Oder bei CAMPBELL, B. einer Oxford-Absolventin für Atomphysik, stand: »Teilt ihre Wohnung mit JOHNSON, T. (s. Akte). Die beiden Frauen leben in einer lesbischen Gemeinschaft …«
    Wenn ich solche Berichte las, überlegte ich, woher in aller Welt Corts Männer diese Details hatten. Allmählich wurde ich von dem Gedanken verfolgt, daß sich überall Geheimagenten in Kleiderschränken verbargen oder durch Schlüssellöcher das Intimleben sämtlicher Staatsbürger beobachteten. Ich hatte den unbehaglichen Verdacht, daß irgendwo auch von mir und Barbara so eine Akte existierte. Oder von Richard Havenlake … Sicher war ein halbes Dutzend Leute damit beschäftigt gewesen, Annettes zahllose Affären aufzuzeichnen. Annette lebte nicht mehr, aber zweifellos besaß Cort ihre Akte noch.
    Der Gedanke, daß schmierige kleine Männer in Büros saßen und im Privatleben sämtlicher Staatsangestellter umherschnüffelten, erfüllte mich mit Ekel. Zugleich erkannte ich jedoch, daß dieses Material ein notwendiger Bestandteil der Geheiminformationen war. Corts Abteilung mußte diese Dinge wissen, weil sie Agenten der Gegenseite als Ansatzpunkt dienten; schon mancher war durch Erpressungen oder Verlockungen dazu gebracht worden, Staatsgeheimnisse zu verraten. Jemand, der das Leben so vieler Menschen in der Hand hielt, mußte sich wie ein Gott vorkommen …
    Richard und ich benötigten eine ganze Woche, bis wir uns durch die Aktenmassen gequält hatten – und dann wußten wir ebensowenig wie zu Beginn.
    Es war am Nachmittag des neunten Tages. Ich befand mich in einer trostlosen Stimmung. Die ganze Untersuchung erschien mir so sinnlos wie nie zuvor. Immer wieder schweiften meine Gedanken zu Charles Greenall ab; ich erinnerte mich an die sonderbare Lautfolge, die ich seinen toten Gehirnzellen entlockt hatte.
    Saranameee …
    Ein Ausdruck der Angst? Ein Schmerzensschrei? Oder eine zufällige Aneinanderreihung von Silben, die nichts weiter bedeutete?
    Greenall, der traurige kleine Mann, der den größten Teil seines Lebens unter der Fuchtel einer egozentrischen Mutter verbracht hatte und der sich nach ihrem Tode einer verrückten Sekte zuwandte, um seiner kläglichen Existenz irgendeinen Sinn zu geben …
    In diesem Augenblick klickte etwas in meinem Gehirn, und mir fiel ein Satz ein, den ich vor langer Zeit gehört hatte. Ich erinnerte mich an den Titel des Buches und seinen Autor, und ich sah sogar die Lettern deutlich vor mir.
    »Buddham saranam gacchiami!« sagte ich laut.
    Richard sah mit gerunzelter Stirn von seinem Schreibtisch auf.
    »Buddham saranam gacchiami!« wiederholte ich. »Wörtlich: ›Ich suche Zuflucht bei Buddha!‹ Der Satz gehört zu den fünf Regeln der buddhistischen Morallehre. Ich las ihn vor Jahren einmal in einem Werk von Christmas Humphries über den Buddhismus.«
    »Ich verstehe nicht…« begann Richard.
    Ich unterbrach ihn ungeduldig. »Saranam – Saranameee … das Wort, das ich in Greenalls toten Gehirnzellen entdeckte.« Ich begann den Notizenstoß auf meinem Schreibtisch durchzublättern, aber der Zettel, den ich suchte, war nicht darunter. »Hast du die
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