Die Psi-Agenten
Reich war doch ein Schock für ihn gewesen.
»Sie sind absolut sicher, daß eine natürliche Todesursache ausscheidet?« fragte er.
»Beschwören würde ich es nicht«, meinte Richard. »Eine Autopsie wird als Befund vermutlich Herzversagen erbringen. Aber ich glaube einfach nicht an einen derartigen Zufall. Ein paar Minuten später, und Moray hätte das Bewußtsein des Mannes durchforscht.«
Mir lief ein Schauder über den Rücken. Die mörderische Kraft, die Greenall das Leben gekostet hatte, wäre auch mir zum Verhängnis geworden, wenn ich meine Untersuchung im Augenblick des Mordes durchgeführt hätte. Konnte ich mich gegen einen solchen Feind zur Wehr setzen? Ich wußte es einfach nicht.
Cort wandte seine Aufmerksamkeit mir zu. »Was glauben Sie?«
»Ich bin ganz Havenlakes Meinung«, erwiderte ich. »Wenn es mir geglückt wäre, in Greenalls zweite Bewußtseinsschicht einzudringen, solange er noch lebte, dann hätte ich vielleicht ein paar wichtige Spuren sichergestellt. Die anderen kamen uns zuvor. Sie waren wohl zu der Erkenntnis gelangt, daß er eine zu große Gefahr darstellte.«
»Diese Methode …« Corts Finger strichen nervös über die Rockaufschläge. »Niemand ist vor ihnen sicher.«
»Zumindest niemand, mit dem sie in fester Verbindung stehen«, sagte Richard. »Wahrscheinlich befand sich Greenall während seines gesamten Gefängnisaufenthalts unter Psi-Bewachung.«
»Ja«, erwiderte ich, »und eben das begreife ich nicht so recht. Der Mann hatte doch nur als Lieferant von wissenschaftlichen Informationen einen Nutzen für sie.«
»Glaubst du nicht, daß die Methoden unseres Sicherheitsdienstes aufschlußreich für sie sein könnten?« meinte Havenlake.
»Sie mußten wahrscheinlich beträchtliche Entfernungen überbrücken«, sagte ich. »Bei der Vielzahl der Psi-Ausstrahlungen sicher keine Kleinigkeit, sich auf einen Menschen zu konzentrieren – außer sie hatten eine Methode zur Kontaktaufnahme vereinbart.«
Cort zog die Augenbrauen hoch. »Sie scheinen nicht mehr so fest wie früher von Greenalls Unschuld überzeugt zu sein.«
»Das ist ein Trugschluß«, entgegnete ich. »Meiner Meinung nach war Greenall ein Opfer – nichts als ein Werkzeug. Er hatte vermutlich keine Ahnung, auf welche Weise ihm die Informationen entrissen wurden.«
»Und Sie wissen mehr?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Im Moment bin ich auf Vermutungen angewiesen.«
»Also wieder eine Sackgasse«, sagte Cort.
»Nicht ganz«, widersprach Richard. »Sie haben Greenall festgenommen, weil Sie nachweisen konnten, daß er sich als einziger im Besitz der fraglichen Information befand. Wenn wir nun voraussetzen, daß in den anderen Fällen eine ähnliche Methode angewandt wurde, dann können wir nach weiteren Kontaktpersonen suchen.«
»Wie?« erkundigte sich Cort.
»Nun, indem wir die Akten der übrigen Verdächtigen noch einmal durchgehen.«
»Welchen Sinn hätte das?« fragte Cort. »Meine Leute haben sämtliche Mitarbeiter der betreffenden Geheimprojekte unter die Lupe genommen. Sie konnten nicht das geringste finden.«
»Das beweist unter den gegenwärtigen Umständen überhaupt nichts«, meinte Richard.
»Meine Männer sind Abwehrspezialisten!« protestierte Cort.
»Aber keine Psi-Spezialisten«, sagte Richard. »Ich bezweifle nicht, daß sie im Normalfall den Verrätern auf die Spur gekommen wären. Aber hier haben wir es vielleicht mit Leuten zu tun, die sich wie Greenall völlig unschuldig fühlen. Ein entscheidender Nachteil für Ihre Vernehmungsbeamten, habe ich recht?«
Cort saß kerzengerade hinter seinem Schreibtisch, die kalten Augen auf Richard gerichtet. Es fiel ihm sichtlich schwer, ein Versagen einzugestehen. »Also gut, was schlagen Sie vor?« fragte er schließlich.
»Gewähren Sie mir und Moray Einblick in Ihre Akten«, erklärte Richard. »Und zwar in alle Akten.«
PETER MORAY – 5
Einen Tag später hatten wir die Akten. Matthews zeigte uns das Büro, das man uns zugewiesen hatte, und da standen sie: einhundertfünfzig rosa Schnellhefter im Kanzleiformat, in alphabetischer Reihenfolge geordnet. Sie füllten zwei Wandregale. Zwei einfache Schreibtische mit dem nötigen Zubehör vervollständigten die Einrichtung.
Richard nahm den Fensterplatz in Beschlag und begann seine Pfeife zu stopfen, während ich aufs Geratewohl eine Akte aus der oberen Regalreihe zog. Sie enthielt ein dickes, sorgfältig gegliedertes Bündel von Informationen über einen Mann, dessen Name in
Weitere Kostenlose Bücher