Die Puppe: Psychothriller (German Edition)
Anfang unserer Beziehung. Das war einen Tag, nachdem Misty aus der Klinik verschwunden war. Der Spacko wollte, dass meine Einheit einen Teich auf dem Gelände der Klinik absuchte. Ich habe das Team ein bisschen früher abgezogen, als ihm recht war, und er hat ein Riesentheater gemacht – hat behauptet, wenn ich so sicher wäre, dass Misty nicht in dem Teich ist, dann wüsste ich ja vielleicht, wo sie stattdessen ist.«
»Oh. Okay. Kommt nicht richtig gut.«
»Nicht richtig gut? Ich bin in der Nacht wegen einer Geschwindigkeitsübertretung erwischt worden, und meine Nachbarin weiß, dass ich um dieselbe Zeit irgendetwas getrieben habe – und deren Neugier löst sich nicht über Nacht wieder auf, darauf können Sie wetten. Kommt schließlich noch dazu, dass man mir vor Zeugen sagt, ich benehme mich, als ob ich wüsste, wo Misty ist.« Sie seufzt tief und müde. »Und da hatte ich mit dem Wagen noch gar nicht angefangen.«
»Mit dem Wagen?«
»Mit dem sie überfahren wurde. Den Thom gefahren hat – den Ford. Mit meinem Ford. Das Auto ist eine Zeitbombe. Wenn die Spurensicherung den in die Finger kriegt, bin ich schon wieder am Arsch.«
Statt zu antworten, trinkt Caffery seinen Kaffee aus und dreht den Becher um. Da ist kein Tropfen mehr. »Ich kann auch Kaffee kochen«, sagt er.
»Ach?« Sie zieht eine Braue hoch. »Wie tüchtig.«
»Ich glaube, Sie sollten eine Tasse davon probieren. Dann können Sie Ihr Urteil fällen.«
Geister
Melanie kommt um acht beim Cottage an. AJ ist draußen und wirft Stöckchen für Stewart. Sie sind auf dem vorderen Feld, weil das eingezäunt ist, sodass der Hund nicht weglaufen kann. Er hat in den Hecken nach seinem Hemd gesucht und nichts gefunden. Wenn Patience es wirklich weggeworfen hat, ist ihre Wut damit vielleicht verraucht. Er weiß nicht, ob er sich geschmeichelt fühlen oder sich über sie ärgern soll. Was ihr Zorn wirklich verraten hat, ist genau das, was auch in seinem eigenen Hinterkopf rumort: Wenn Mel doch noch etwas für Jonathan empfindet, könnte das AJ am Ende tief verletzen.
An seinem zweiten Morgen in ihrem Haus war er unversehens allein im Schlafzimmer, während sie duschte. Es gab so viele Versuchungen in diesem Haus – ihre offene Handtasche auf dem Küchentisch, ihr Handy auf dem Nachtschrank. Jetzt denkt er daran, wie er sich auf die Seite drehte, das Kissen unter seinem Kopf aufschüttelte und das schmale blaue Gehäuse anschaute, während der Puls in seinen Schläfen tickte. Jedes Atom in seinem Körper wurde von diesem schmalen Kunststoffteil angezogen.
Welche Informationen beherbergte es? Welche Fenster in Melanies Kopf würde es öffnen? Etwas über Jonathan Keay verraten? Würden sein Name und sein Foto auf dem Display erscheinen, wenn er die kürzlich geführten Gespräche aufrief? Würde er SMS -Korrespondenzen oder E-Mails von ihm finden, vielleicht sogar ihre eigenen Gedanken über ihn, die sie irgendwo notiert hatte? Die Neugier hat ihn fast aufgefressen, aber er hat widerstanden. Irgendwann hat er sich auf die andere Seite gedreht, sein eigenes Telefon genommen und mit irgendeiner dämlichen App gespielt, um sich abzulenken.
Als Melanies Scheinwerfer jetzt über die Zufahrt streichen, nimmt er Stewart an die Leine und geht zum Wagen, um ihr die Tasche abzunehmen. Er schaut sie immer wieder verstohlen an. Sie ist so hübsch. Patience hat recht. Er muss hier sehr vorsichtig sein.
Im Haus ist es warm, und die Fenster sind beschlagen. Melanie kommt herein und gibt Patience einen Kuss. Die Tante ist völlig verdattert. Sie sagt nichts, sondern wendet sich ab und löffelt Kedgeree auf den Teller, den sie auf dem Herd angewärmt hat, keine irrsinnigen Mengen, sondern eine zivilisierte Portion. Vielleicht hat das Gespräch mit AJ sie ein bisschen milder gestimmt, denn sie ist höflich, ja, schwatzhaft und erkundigt sich nach Melanies Arbeitstag.
Alles läuft reibungslos, und AJ ist so entspannt, dass er eine Ballonflasche Cider vom letzten Jahr aufmacht.
»Kingston Blacks. Das sind richtige Cider-Äpfel.« Er füllt drei Duralex-Gläser aus dem schiefen alten Schrank über der Spüle. »Alle geklaut aus Old Man Atheys Obstgarten.«
Melanie wischt rasch mit dem Ärmel ihrer Bluse über den Glasrand und nippt dann höflich. Ein Wodka wäre ihr lieber, aber sie ist eine Lady und sagt deshalb nichts. Patience trinkt ihr Glas in einem Zug aus und stellt es auf den Tisch, damit AJ ihr nachschenken kann. »Du meinst, wo Stewart gern hinziehen
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