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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Klinik davon, und er ist nur noch ein Mann. Ein normaler Mann in seiner normalen Küche, an einem normalen Tisch bei einem normalen Frühstück.
    Der Mann aus dem Osten
    Das Gelände rings um Bristols sogenannten »Feeder Canal« war früher das Zentrum der städtischen Kohlegaserzeugung, einer Industrie, die weite Bodenflächen durch hohe Zyanidablagerungen unbenutzbar gemacht hat. Trotz des kostspieligen Stadterneuerungsprogramms der achtziger Jahre ist dieses Gelände immer noch zerstückelt, ein wildes Durcheinander aus im Krieg zerstörten, verlassenen Kirchen, Autogeschäften und Industriebetrieben. Die alten Zollspeicher am Kanalufer sind großenteils zugemauert worden. In diese triste Ecke der Stadt hat das Major Crime Investigation Team seinen Sitz verlegt, in einen Betonfertigbau aus den 1970ern, in dem früher die Büros einer Elektrizitätsgesellschaft waren.
    Caffery ist neben dem Superintendent einer der wenigen beim MCIT , denen es gelungen ist, sich in den endlosen Großraumbüros ein wenig Privatsphäre zu schaffen. Er hat einen Blick auf die Spine-Road-Hochstraße und die creme- und orangefarbenen Hochhausblocks von Barton Hill. In seinem Zimmer gibt es einen Schreibtisch, ein paar Stühle, eine Kaffee- und Teemaschine und einen winzigen tragbaren Kühlschrank, der gerade genug Platz für ein Sixpack Bier und eine Tüte Milch bietet. Privatfotos findet man hier nicht und auch keine Diplome und keine Zeitungsausschnitte, nur ein großes Bild von Misty Kitson und den Aktenschrank mit den Unterlagen zu ihrem Fall. Er hat ihn zu sich hereingeschoben, weil im Einsatzraum sonst kein Platz für die anderen Fälle mehr geblieben wäre, an denen sie arbeiten. Drei laminierte Messtischblätter an der Wand neben Mistys Foto starren von Stecknadeln mit verschiedenfarbigen Köpfen. Jede Nadel hat eine Bedeutung für ihn; alle markieren Orte, die etwas mit Mistys Verschwinden zu tun haben. Weitere Orte hat er nur im Kopf. Das sind diejenigen, auf die seine Kollegen noch nicht aufmerksam gemacht worden sind.
    Den Nachmittag über betrachtet und analysiert er alle diese Stecknadeln, um den Ort zu finden, der ihn vielleicht ein Stück weiterbringen kann. Er hat mehrere Monate Zeit gehabt, um über dieses Problem nachzudenken, und weiß, dass er zu einem weiten Schlag ausholen muss. Er kennt die Lösung. Aber für diese Lösung braucht er die Mitarbeit einer bestimmten Person. Einer Frau – einer Kollegin von der Polizei. Der Person, die er beschützt. Sie ist das einzige Hindernis. Und er weiß immer noch nicht, wie er das anfangen soll. Es könnte so schrecklich schiefgehen.
    Er steht vor Mistys Foto, einen Schritt weit entfernt, betrachtet sie und hofft auf eine Art Anleitung. Ihr Gesicht ist etwas mehr als lebensgroß, und ihre Augen sind auf einer Höhe mit seinen eigenen. Sie war ein hübsches Mädchen. Was immer die Zyniker über sie sagen, ihr hübsches Aussehen können sie ihr nicht nehmen. Er versucht, ihr in die Augen zu schauen, aber die Proportionen stimmen nicht. Er gibt auf und senkt den Kopf. Lehnt sich nach vorn, seine Stirn an ihrer.
    Es klopft. Caffery tritt von dem Bild zurück, geht zu seinem Schreibtisch und setzt sich. Um beschäftigt auszusehen, weckt er den Computer aus dem Standby-Modus und zieht die Tastatur zu sich heran.
    »Ja?«
    Die Tür öffnet sich. Der Superintendent steckt den Kopf herein. »Haben Sie kurz Zeit?«
    Caffery sieht auf die Uhr. »Ich dachte, Sie wären schon nach Hause gefahren.«
    »Schön wär’s. Wir müssen uns unterhalten.«
    »Unterhalten? Das lässt nichts Gutes ahnen.«
    »Keine Sorge – ich will nur ein paar Dinge abhaken.« Er hält eine Akte hoch und schüttelt sie kurz. »Der Bericht des Revisionsteams.«
    Caffery steht auf und zieht einen Stuhl heran. Der Superintendent kommt herein und setzt sich. Er ist groß und aschblond – ein ehemaliger Antiterror-Agent von der Counter Terrorist Intelligence Unit CTIU , der versetzt wurde, als etwas, worüber niemand spricht, mit einer Waffe dieser Einheit passierte. Er redet nicht lange um den heißen Brei herum.
    »Folgende Neuigkeit. Die Suche nach unserer Freundin« – er deutet mit dem Kopf auf Mistys Foto – »wird heruntergefahren. Das ist alles rausgeschmissenes Geld.«
    »Soll heißen?«
    »Soll heißen, ich kann nicht länger einen Inspector für eine Ermittlung abstellen, die nirgends hinführt. Dafür habe ich zu wenige. Ich übergebe die Sache einem Detective Sergeant. Der Fall gehört nicht mehr

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