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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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ist gelogen. Und ich bin Ihre Chefin.«
    AJ sitzt in der Falle. Er kann nicht sagen, was er wirklich denkt – da würde der Cider aus ihm sprechen –, und deshalb sagt er das Erste, was ihm in den Sinn kommt, das halbwegs komisch ist. »Ach, na ja. Habe heute mein erstes graues Schamhaar gefunden. Dreiundvierzig und schon grau da unten.«
    Melanie will den Mund öffnen und auf diese Bemerkung antworten, aber dann wird ihr klar, was er gesagt hat, und ihr Mund erstarrt, als habe sie eine Maulsperre. Ihre Augen werden ein bisschen größer, und AJ rutscht das Herz in die Hose. Es sollte komisch sein, doch er hat alles falsch gemacht. Regel Nummer eins in fundamentaler Humanpsychologie: Du sollst niemals zu früh entspannte Intimität voraussetzen. Er will sich verteidigen, aber dazu ist es natürlich zu spät. Dies könnte ihm nicht nur jede Chance verderben, die er vielleicht bei ihr gehabt hat, sondern sie könnte ihm auch sexuelle Belästigung vorwerfen. Er könnte seinen Job verlieren, auf die Blacklist kommen.
    Aber Melanie grinst.
    »Was?«
    »Das«, sagt sie, »war die beste Antwort, die ich je gehört habe.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Ist das wahr? Denn ich habe zwei, seit ich sechsunddreißig war. Jedes Mal, wenn ich dusche, glänzen sie mir aus dem Badezimmerspiegel entgegen. Manchmal glaube ich, sie machen sich über mich lustig.«
    AJ hat auf fast alles eine Antwort, jetzt jedoch fällt ihm nichts ein. Vier Jahre lang hat er gedacht, Melanie sei tabu für ihn – zu ernsthaft und zu puritanisch, um sich je für ihn zu interessieren. Aber in den letzten vierundzwanzig Stunden hat er erfahren, dass sie außerhalb der Klinik völlig anders ist – ein natürliches, reizendes menschliches Wesen mit Problemen wie alle anderen auf der Welt. Sie plagt sich mit ihrem Job, sie trinkt gern etwas, sie hat eine Affäre mit jemandem, mit dem sie keine Affäre haben sollte, und sie hat zwei graue Schamhaare. Die glänzen, wenn sie aus der Dusche kommt.
    Er wünscht, sie hätte nichts von den Schamhaaren und der Dusche gesagt. Zu viel – das ist zu viel. Er tut, was altmodische Männer tun, wenn sie nervös sind: Er schiebt einen Finger unter den Kragen und bewegt ihn hin und her, als habe er ein Problem mit seinem Adamsapfel.
    »Jedenfalls«, sagt sie, »Sie lügen. Ich sehe Ihnen an, dass das nicht stimmt.«
    »Na schön. Es stimmt nicht.«
    »Gut.«
    »In Wirklichkeit habe ich sie erst vor zwei Wochen bemerkt.«
    Sie schüttelt den Kopf und lächelt. »Aber Sie sind nicht besorgt wegen der Schamhaare. Da steckt mehr dahinter.«
    Er gibt sich geschlagen. Er ist müde. Er blinzelt. »Okay, ich sage Ihnen die Wahrheit. Ich denke an das, was passiert ist – erinnern Sie sich an unser Missverständnis auf der Party?«
    »O ja. Und ich glaube nicht, dass es ein Missverständnis war.«
    Er senkt das Kinn. »Ich habe Sie nicht missverstanden?«
    »Nein. Ich habe mit Ihnen geflirtet. Ich war solo – frisch geschieden. Ich war auf der Suche.«
    »Und …« Langsam fügt er die Mosaiksteine zusammen. »Als ich zurückkam und Sie fragte, da waren Sie …«
    »Mit Jonathan zusammen.«
    »Mit Jonathan zusammen«, wiederholt er und denkt: Was für ein Trottel, was für ein lahmer Wichser er doch gewesen ist. Er schlägt die Hände vors Gesicht und stöhnt. »Ich kann es nicht glauben. Sie meinen, die ganze Zeit – diese ganze Zeit hätten Sie und ich …?«
    Sie lächelt ein wenig schüchtern und schaut ihm in die Augen. Und dann erhebt sie sich ein kleines Stück, legt die Hände auf den Tisch, beugt sich herüber und küsst ihn mitten auf den Mund.
    Fahrerflucht
    Fleas Gesicht ist blutleer und weiß – als reflektiere es das Mondlicht. Sie starrt Caffery in die Augen.
    »Sie – was ?«, murmelt sie. » Was haben Sie gesagt? Sagen Sie das noch mal.«
    Er wiederholt es – beinahe schuldbewusst. »Ich weiß, was mit Misty passiert ist. Ich weiß, was es war und wo es passiert ist. Es war hier. Auf diesem Straßenabschnitt.«
    Flea starrt ihn ungläubig an. Ihm ist, als sähe er ein kleines Lichtfünkchen hinter ihren Augen umherschwirren – ein Zeichen dafür, dass ihr Gehirn daran arbeitet, eine Antwort zu formulieren. Aber sie drückt sich davor nachzufragen. Sie senkt den Kopf, zuckt die Achseln und sagt nur abweisend: »Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Im Ernst – ich habe nicht die leiseste Ahnung. Ich meine, Sie sind wirklich noch verrückter, als ich jemals vermutet habe – und das will etwas heißen.«
    Sie hebt ihren

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