Die Puppe: Psychothriller (German Edition)
ist, will ich, dass Sie ihn mit Volldampf bearbeiten.«
Als Erstes lässt Caffery sich die dreitausend Pfund für eine forensische Obduktion bewilligen, und dann ruft er beim Untersuchungsrichter an, um zu veranlassen, dass Zeldas Leichnam zurückgehalten und noch nicht zur Bestattung freigegeben wird. Sie liegt noch im Leichenschauhaus in Flax Bourton. Er lässt sich mit seiner alten Freundin Beatrice Foxton verbinden, die diensthabende Rechtsmedizinerin. Es ist ein Glück für ihn, dass sie die erste Obduktion nicht vorgenommen hat, denn es wäre ihm peinlich, sie um eine Wiederholung zu bitten. Trotzdem ist ihr ein bisschen unbehaglich. Zum einen ist der aktuelle Obduktionsbefund – Herzinfarkt als Sekundärfolge der Adipositas – ein neues Phänomen, das eben erst dabei ist, seinen Weg auf die Totenscheine zu finden. Zweitens hat sie die Verstorbene noch nicht gesehen, und sie befürchtet, die bei der Leichenöffnung vorgenommene Inzision könnte auch den Halsbereich in Mitleidenschaft gezogen haben, den sie untersuchen möchte. Aber Beatrice verspricht, ihr Bestes zu tun und Zelda vorrangig zu behandeln.
Als Nächstes schickt er einen der zivilen Ermittler mit dem Van los, damit er die Papierakten zum Fall Isaac Handel aus dem Archiv holt. Das wird fast den ganzen Tag dauern, und inzwischen informiert er sich in der nationalen Kriminaldatenbank in groben Zügen über den Fall. Danach telefoniert er mit zwei alten Schlachtrössern der Polizeibehörde, die schon lange genug dabei sind, um sich an die Morde auf der Upton Farm zu erinnern. Von ihnen erfährt er Details, die er in der Datenbank nicht finden würde. Sie sind nicht hübsch.
Es ist, als verfolgten Mistys Augen ihn bei der Arbeit. Jedes Mal, wenn er von seinem Schreibtisch aufblickt, scheinen sie zu fragen: Und was ist mit mir? Hast du mich vergessen? Am liebsten würde er eine Hand heben, um ihre funkelnde Aufmerksamkeit von sich abzuhalten. Er würde das Bild mit dem Gesicht zur Wand drehen, wenn er nicht dächte, dass das noch schlimmer wäre.
Er wirft einen Blick auf das leere Display seines Telefons und überlegt, ob er Flea anrufen soll. Er fängt an, eine SMS zu verfassen, aber dann überlegt er es sich anders, steckt das Telefon ein und lässt eine Weile die Hände baumeln. Er weiß nicht recht, was er mit sich anfangen soll. Wenn dieses Problem je gelöst werden sollte, dann nach Fleas Bedingungen und erst, wenn sie dazu bereit ist.
Zunehmend gereizt, zieht er die Jacke an, läuft die Treppe hinunter zum Parkplatz und setzt sich in seinen Wagen. Es tut gut, in Bewegung zu sein. Es tut gut, an etwas anderes zu denken. Selbst wenn es Isaac Handel ist – ein psychopathischer Mann, der als Teenager seine Eltern umgebracht und unsägliche Dinge mit den Leichen getan hat.
Er fährt durch die westlichen Vororte von Bristol hinaus und fragt sich, wie viel Vertrauen man zu Psychiatrie und Justiz in Großbritannien haben darf. Natürlich lautet die Antwort: Hundertprozentiges Vertrauen kann man niemals haben. Wie oft quält jemand heimlich seine Mitpatienten? Und wie oft kommt so jemand ungestraft davon? Wird sogar entlassen und nicht weiter überprüft oder überwacht?
Normalerweise würde Caffery sich bedenkenlos über jemanden hinwegsetzen, der die Frechheit besäße, um eine Gefälligkeit zu bitten, und dann Bedingungen stellte. Aber AJ ist ihm seltsamerweise sympathisch. Außerdem, nach allem, was er gehört hat, ist es ihm ganz recht, nicht erst nach Beechway zu fahren, sondern direkt zu Isaac Handel. Zumindest will er sicher sein, dass Handel sich an die Bedingungen für seine Entlassung hält. Und er will feststellen, wer ihn im Auge behält.
Er hat ein Zimmer im Avonmere Hotel mit Blick auf das schlammige Flussufer. Kurz nach Mittag hält Caffery vor dem Gebäude. Das Äußere ist gestaltet wie ein gewöhnliches Bed & Breakfast, aber auf dem Schild im Fenster des Aufenthaltsraums steht wahrscheinlich immer »Kein Zimmer frei«. Caffery kennt solche Häuser. Die Klientel wird kaum aussehen wie durchreisende Geschäftsleute und Touristen. Tatsächlich sind es lauter Drogensüchtige und nach Absatz 37/41 entlassene Psychiatriepatienten.
Niemand hindert Caffery daran hineinzugehen und in die Zimmer zu schauen. Im Erdgeschoss sind Gemeinschaftsräume – ein Aufenthaltsraum, ein Esszimmer und ein Spiel- und Fernsehzimmer. Die oberen Stockwerke sind wahrscheinlich in Mini-Apartments aufgeteilt. Am Ende des Flurs findet er eine Tür mit der
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