Die Puppe: Psychothriller (German Edition)
doch nur ein Tag«, protestiert Hurst. »Noch nicht so lange her.«
»Wissen Sie, wie lahm sich das anhört? Schon während es aus Ihrem Mund kommt, muss ein Teil von Ihnen doch denken: Ist das laaaaahm.«
Hurst lässt den Kopf hängen. »Ist angekommen.«
»Wann bekommt er sein Depot?«
»Übermorgen.«
Noch zwei Tage, bis die antipsychotische Depotinjektion fällig ist. Nach allem, was Caffery über Geisteskrankheiten weiß, wird Handels Stabilität rapide verfallen, sobald dieser Termin versäumt wird.
»Ich muss sein Zimmer sehen.«
Hursts Augen weiten sich ein wenig. »Aaach, Mann, das tut mir leid – das kann ich nicht erlauben. Alles in diesem Hause basiert auf Vertrauen, auf dem Vertrauen der Mitarbeiter zu den Bewohnern und umgekehrt. Ich kann Sie nicht ohne einen wirklich, wirklich guten Grund in jemandes Zimmer gehen lassen.«
»Er ist nach Absatz 47 unter Auflagen entlassen worden – und eine der Auflagen besagt, er muss jede Nacht hier im Wohnheim verbringen. Daran hält er sich nicht, und das ist eine Straftat. Ta-daaa. Ich werde Ihnen jetzt nicht von oben herab meinen Spruch aufsagen, Sie kennen sich aus, Sie wissen, wie das geht. Die Zimmer sind oben, oder?« Caffery ist schon aufgestanden. »Vielleicht klopfe ich einfach an jede Tür, bis ich das Richtige gefunden habe.«
Er ist draußen, bevor Hurst um seinen Schreibtisch herumkommen kann. Erst auf dem Flur hat der Leiter ihn eingeholt. Er atmet schwer.
»Okay«, zischt er. »In Ordnung … aber können wir es unauffällig machen?«
»Nach Ihnen.«
Hurst schiebt sich an ihm vorbei. »Unauffällig, okay?«, wiederholt er.
»Selbstverständlich.«
Caffery folgt ihm hinauf in den ersten Stock. Innerhalb von Sekunden öffnen sich zwei Türen nacheinander. Der erste Bewohner kommt heraus. Er ist nervös, sein Sweatshirt ist vorn voller Flecken, und seine Hose hängt auf Halbmast. Als er Caffery sieht, macht er auf dem Absatz kehrt und verschwindet wieder. Die zweite Tür wird zugeschlagen, bevor Caffery einen Blick auf den Bewohner werfen kann.
Alle Türen hier oben haben Sicherheitsschlösser. Als Hurst den Schlüssel zu Nummer fünf herausholt, kommen ihm anscheinend Bedenken.
Er dreht sich um und hebt die Hände. »Ich weiß nicht, Mann. Ich sollte wahrscheinlich warten, bis ich grünes Licht von den Leuten von der Psychiatrischen Ambulanz bekomme.«
Juristisch betrachtet hat Caffery kein Recht, ohne das Einverständnis des Bewohners ein Zimmer zu betreten, aber ein Durchsuchungsbeschluss wird Zeit kosten und jede Menge nutzlosen Papierkram nach sich ziehen. Er fixiert den Leiter. »Sind Sie nicht neugierig, was Handel getan hat, um fünfzehn Jahre in die Geschlossene zu kommen?«
»Nein, das will ich gar nicht wissen.« Hurst hat jetzt rote Ohren. »Wir erfahren keine Details über den Geisteszustand der Leute hier, nur Hinweise, worauf wir achten müssen, wenn sie instabil werden. Wir sollen sie rehabilitieren, nicht verurteilen.«
Caffery lehnt sich an das Treppengeländer. Er betrachtet das Puttengesicht von der bleichen, glänzenden Stirn bis zum Grübchenkinn. »Vielleicht ist es gut, wenn Sie nicht in allen Einzelheiten wissen, was Ihre ›Bewohner‹ alles angestellt haben. Leider weiß ich es aber. Und in Handels Fall will ich es mal so formulieren: ›Krank‹ trifft es nicht mal annähernd.«
Hurst befingert den Schlüsselbund an seinem Gürtel, aber er ist immer noch unentschlossen.
»Und da war er noch ein halbes Kind«, fährt Caffery fort. »Ich glaube, keiner von uns weiß, wozu er als Erwachsener fähig ist. Ein paranoider Schizophrener, unter Vorbehalt auf freiem Fuß und seit vierundzwanzig Stunden verschwunden?«
Hurst starrt auf die Nummer an der Tür, und eine rosige Röte steigt von seinen Ohren hinauf bis zur Wölbung seines Schädels.
»Und Sie haben ihn eben erst als vermisst gemeldet?«
»Okay, okay«, murmelt Hurst und zieht den Schlüsselbund von seinem Gürtel. »Ich kann auf den Vortrag verzichten.«
Bommelsocken
Das Kuratorium ist alles andere als vollkommen, aber selbst AJ muss zugeben, dass der Fitnessclub, zu dem sie den Mitarbeitern zu einem reduzierten Mitgliedsbeitrag Zugang verschafft haben, wirklich verdammt gut ist. Tarlington Manor am Ortsrand von Thornbury hat ein Fünfundzwanzig-Meter-Schwimmbecken und einen Workout-Bereich mit den neuesten Geräten: Suspension Trainer, Core-Texe-Balance- und Stabilitätsgeräte und vibrierende Power Plates. Es gibt eine Sauna, ein Schwitzbad,
Weitere Kostenlose Bücher