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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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davon ausgehen, dass der beste Punkt, um damit anzufangen, der Punkt am Anfang ist.
    Stewart und der Wandelstern
    Melanie ist immer noch satt bis obenhin und schwerfällig. Der Sex mit AJ ist von der Sorte, die auf eine einsame Insel gehört: träge, entspannt und unprätentiös. Er dauert ewig, und er ist wortlos. Danach erstaunt sie ihn damit, dass sie sich neben ihm zusammenrollt und ihn fest umarmt, als halte sie sich an einem Rettungsfloß fest. Er schläft ein und merkt sich dabei jedes Detail ihres Gesichts wie eine Landkarte. Er ist immer noch in der gleichen Position – auf dem Rücken, die Arme ausgebreitet –, als er aufwacht.
    Sie liegt immer noch auf seinem Arm, aber sie ist hellwach und stößt ihn an.
    »AJ? AJ? «
    »Ja? Was?« Er reibt sich die Augen, stemmt sich auf dem Ellenbogen hoch und sieht sich schlaftrunken um. Im ersten Moment denkt er an Isaac Handel, aber die Vorhänge sind geschlossen.
    Melanie küsst ihn aufs Ohr. Sie duftet nach warmen Orangen und Shampoo. »Nimm es mir nicht übel, Schatz. Halte mich nicht für unhöflich, aber könntest du Stewart bitten, auf den Flur hinauszugehen?«
    Stewart liegt auf seinem gewohnten Platz neben der Tür. Auch er ist hellwach und starrt Melanie und AJ mit großen Augen an. »Stewart? Wieso? Was hat er gemacht?«
    »Nichts.« Sie fröstelt leise, betupft sich die Nase mit einem Papiertaschentuch und schnieft. »Vielleicht war er draußen im Gras – ich weiß es nicht –, aber ich kriege Heuschnupfen.«
    Selbst im Nebel der Verschlafenheit weiß AJ, dass das Schniefen gespielt ist. Er setzt sich auf und schaut sie ernsthaft und mit schmalen Augen an. »Melanie? Heuschnupfen? Bist du sicher? Es ist Herbst.«
    »Ja – tut mir leid. Ich glaube, es ist der gute alte Stewart, und ich …«
    AJ schaut zwischen Stewart und Melanie hin und her und ist perplex. Aber er steht auf, führt Stewart hinaus in den Flur, schließt die Tür und kommt wieder ins Bett.
    »Danke.« Sie kuschelt sich an ihn. Sie friert und hat Gänsehaut. An ihrem Atmen hört er, dass ihre Nase kein bisschen verstopft ist. »Danke.«
    »Was ist es in Wirklichkeit?«, fragt er. »Du hast keinen Heuschnupfen.«
    Sie hört auf, an ihn heranzurutschen, und ist plötzlich still wie ein Tier, das in eine Falle geraten ist. Er spürt, wie ihr Brustkorb sich sanft hebt und senkt.
    »Melanie? Was ist? Hast du etwas gesehen?«
    »Nein – ehrlich. Es ist Heuschnupfen.«
    »Bitte. Ich bin auch ehrlich zu dir.«
    Es ist lange still. Dann schüttelt sie den Kopf. »Nein, du hältst mich für verrückt.«
    »Versuch’s.«
    »Ich konnte nicht schlafen …«
    »Kein Wunder bei dem, was du gestern Abend alles gegessen hast.«
    »Nein – jedes Mal, wenn ich die Augen aufgemacht habe, war Stewart wach. Ich musste immer wieder daran denken, dass du gesagt hast, es muss etwas passiert sein. Er war …« Sie schluckt. »Er war verschwunden. AJ? Was glaubst du, was hat er gesehen?«
    AJ schaut sie stirnrunzelnd an, um zu sehen, ob sie es ernst meint. Melanie Arrow – nüchtern, vernünftig, ein Workaholic. Es geht ihr tatsächlich an die Nieren.
    Er küsst sie auf die Stirn. »Du bist hier sicher. Das verspreche ich dir.«
    Sie lächelt matt. »Großes Ehrenwort?«
    »Großes Indianerehrenwort. Jetzt schlaf.«
    Irgendwann schläft sie wirklich ein. Auch AJ dämmert weg. Es ist ein traumloser, tiefer Schlaf, und beide sind so müde, dass sie den Wecker nicht hören. Sie wachen erst auf, als Stewart an der Tür kratzt und winselt. Hastig springen sie aus dem Bett, rennen herum und versuchen, sich zu organisieren. Patience schläft noch, aber sie war in der Nacht auf und hat ihnen Kaffee auf den Herd gestellt. AJ gießt Melanie welchen ein, und dann steht er mit seinem eigenen Becher in der Tür und sieht zu, wie Stewart draußen auf dem Feld seinen Geschäften nachgeht.
    Was um alles in der Welt ist los mit diesem Hund? Mel hat recht – irgendwas stimmt da wirklich nicht. Als Stewart gepinkelt hat, kommt er nicht zum Haus zurückgetrabt, um sein Futter zu verschlingen, sondern dreht sich um und schaut zum Wald hinüber.
    »Nein.« AJ schüttelt den Kopf. »Nein, Stewart, nicht schon wieder. Komm … komm her. Jetzt sofort.«
    Stewart kann sich nicht entscheiden, ob er schon gehorchen soll. Sehnsuchtsvoll schaut er zum Wald hinüber und wirft dann einen Blick zurück zu AJ.
    »Ich habe gesagt, komm her , Stewart.«
    Endlich behält Stewarts Magen die Oberhand, und gehorsam kommt er zurückgetrabt. Wenn

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