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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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wünschte nur, daß ihr die geschlossenen Augen halfen, diese schändliche Entwürdigung zu überstehen. Unüberbietbar? Wer konnte wissen, was die Inquisition noch bereithielt? Und die Folter hatte nicht einmal begonnen. Albert sah, daß Tränen unter Zobeidas Augenlidern hervorquollen und ihr schlanker Körper von Schauern geschüttelt wurde, während die Büttel die Anweisungen des Inquisitors ausführten.
    In dem Bild der nackten Frau und der Männer, die sie an jeder nur möglichen Stelle berührten, lag etwas … Teuflisches, in der Tat. Er spürte, wie sich feine Schweißperlen auf seinem Gesicht bildeten. » Domine, libera nos a malis «, flüsterte er.
    Als die Büttel fertig waren, trat Heinrich Institoris zu Zobeida. »Meine Tochter«, sagte er, und in seinem Tonfall lag Güte und fast Zärtlichkeit, »meine Tochter, sieh mich an. Sieh diesen Raum, und sieh, wozu du uns zwingst durch deine Verstocktheit.«
    Langsam öffneten sich die Augen, die so schwarz schienen, daß man nicht erkennen konnte, wo die geweiteten Pupillen aufhörten. Doch sie hatten keine feste Blickrichtung, sondern hätten einer Blinden gehören können.
    Der Dominikaner deutete auf zwei schwere Feldsteine, die von Stricken umschlungen und unter einer Art Hebelvorrichtung gelagert waren, die sich an der höchsten Stelle des Raumes, weit über ihnen, befand.
    »Der Flaschenzug«, sagte er. »Damit beginnen wir die peinliche Befragung.«
    Mit ruhiger Stimme fuhr er fort: »Und hier, dies wird gewöhnlich als zweites verwendet. Die Eisenplatten mit den Reißzähnen werden gegen das Schienbein gedrückt, bis Blut herausspritzt und es zu Brei wird. Es ist, wie gesagt, nur der Anfang. Doch das muß nicht sein. Oh, wie widerstrebt es mir, derartiges einem Mitmenschen anzutun! Gestehe, meine Tochter, und dir bleiben alle diese Martern erspart. Du willst dich doch nicht so verletzen. Du willst uns doch bestimmt nicht dazu zwingen.«
    Zobeida nahm schweigend den Raum in sich auf, die Geräte, die Männer, die dort standen.
    »Ich bin unschuldig.«
    Es war fast nicht zu hören, aber dennoch unmißverständlich. Bruder Heinrich schlug das Kreuz über ihr.
    »Der Herr erbarme sich deiner.«
    Er legte ihr eine dünne Schnur um den Hals, an der ein Papier hing. Auf diesem Papier waren, wie er dem Gericht erklärt hatte, die sieben Worte Christi am Kreuz geschrieben. Anschließend ließ er sie Weihwasser trinken und winkte schließlich den Bütteln.
    »Es sei.«
    Zobeidas Hände wurden gefesselt und mit der Hebelvorrichtung verbunden. An ihren Füßen befestigte man die Stricke mit den Feldsteinen. Albert spürte, wie ihn der Inquisitor an der Schulter berührte. »Betet mit mir, Bruder, um die Errettung dieser Frau von dem Bösen«, sagte Institoris sanft. Dann wandte er sich an die Büttel.
    »Ziehen!«
    Richard war erleichtert, als er sah, daß sich niemand in der Nähe des Apfelbaums aufhielt, von dem aus man über die Klostermauer kam. Er war schon zu lange hier Schüler, um nicht zu wissen, wie man hinausgelangte, ohne den Bruder Pförtner zu belästigen. Doch es hatte, wenigstens seiner Meinung nach, eine Ewigkeit gedauert, bis der Abt eingewilligt hatte, ihn auf sein Wort hin aus der Zelle zu lassen, und eine weitere Ewigkeit, bis er seinen unauffälligen Begleitern entkommen konnte.
    Der Regen der letzten Woche hatte die Luft gereinigt, und der Duft der Apfelblüten breitete sich überall aus. Der Bruder Ökonom würde eine reiche Ernte haben. Doch Richard war jetzt nicht in der Stimmung für Naturschönheiten.
    Er griff nach dem untersten Ast, und in diesem Moment legte sich eine Hand auf seine Schulter. Er wirbelte herum und stand Bruder Albert gegenüber.
    »Das war ausgesprochen dumm von dir, Richard«, sagte der Lehrer.
    Richard machte keine Anstalten, sich zu entschuldigen, sondern sprudelte hervor: »Aber versteht Ihr denn nicht, Pater, ich muß in die Stadt und mit dem Richter sprechen. Ich weiß, daß ich ihm alles erklären kann. Und ich muß versuchen, den Inquisitor zu überzeugen, und …«
    Bruder Alberts Gesicht sah seltsam weiß aus, und die Knochen traten viel härter als sonst hervor. »Du bist es«, sagte er mühsam beherrscht, »der hier überhaupt nichts versteht, Richard. Du würdest nur Schaden anrichten. Der Abt bemüht sich ohnehin schon genug, daß diese Anklagen nicht Nachahmung finden. Was den Inquisitor betrifft – früher oder später wird er auf dich zurückkommen, aber je später, desto besser.«
    »Und was

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