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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Angelegenheit, die über seine friedliche wissenschaftliche Welt hereingebrochen war, war ihm widerwärtig. Doch sein Gerechtigkeitsempfinden war verletzt, wenn er auch gestehen mußte, daß er, genau wie der Abt, sich mehr um Richards als um der fremdartigen Frau Artzt willen bemühte, zu helfen. Richard konnte schließlich immer noch einer der brillantesten Mönche des Klosters werden, und es durfte nicht zugelassen werden, daß Bruder Heinrich von den domini canes diese Zukunftspläne einfach zerstörte, nur um seinem Fanatismus nachzugehen. Hexen, sollte man es für möglich halten? Es gab genügend Gelehrte, die bestritten, daß sie überhaupt existierten.
    »Ich danke Euch, Bruder Albert«, sagte Richard plötzlich, »es war sehr freundlich von Euch, Euch als Advocatus anzubieten. Bitte, sagt mir doch, habt Ihr schon Fortschritte gemacht?« Albert seufzte. Die Hoffnung, die in den dunklen Augen des Jungen stand, bedrückte und ärgerte ihn zugleich.
    »Leider weigert sich unser Inquisitor nach wie vor, mir die Namen der Personen zu nennen, die deine Mutter angeblich verhext hat, und das macht die Möglichkeiten meiner Verteidigung sehr mager.«
    »Die Namen?« fragte Richard verblüfft. »Aber ich habe Euch doch gesagt, wer …«
    »Richard«, sagte Bruder Albert mitleidig, »mittlerweile haben sich wohl ein Dutzend weiterer Denunzianten gemeldet. Unter anderem wird deine Mutter beschuldigt, für Fehlgeburten gesorgt zu haben, und als Beweis wird eine Prophezeiung angeführt, die besagt, daß die jeweilige Frau keine lebenden Kinder mehr gebären wird.«
    »Jede Hebamme kann das voraussagen«, antwortete Richard hitzig, und Bruder Albert nickte.
    »So ist es. Ich weiß es, du weißt es, und der Inquisitor will es nicht wissen. Für ihn ist es eine Verwünschung. Außerdem hat deine Mutter ein paar Bauern angeblich das Vieh vergiftet und mehreren Leuten Krankheiten angehext. Die schlimmste Anklage ist jedoch, daß sie die … nun ja, Überreste bei Geburten und jedes totgeborene Kind entweder verschlungen oder zu Zaubereien gebraucht haben soll. Wiederum weiß ich, daß bei einer Geburt die Hebammen die Aufgabe haben, diese Dinge fortzuschaffen, und bei einer Fehlgeburt auch die bedauernswerten Säuglinge zu beerdigen. Aber das ist kein Beweis.«
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Richard hilflos. Er strich mit der Hand über die rauhe Mauerwand, als suche er irgendeine Art von Halt. »Sie haben meine Mutter doch alle gern bei Krankheiten geholt, sie haben nach ihr geschrien, sie haben jeden Grund, ihr dankbar zu sein. Warum behaupten sie dann solche Dinge? Was hat sie ihnen getan?«
    »Richard«, sagte Albert, »das Leben ist hart. Für viele Menschen ist es besonders schwer. Und wenn plötzlich jemand auftaucht, den sie beschuldigen können, ist es für sie eine gottgesandte Gelegenheit, besonders, wenn es sich um eine Fremde handelt.« Abwesend lauschte er wieder den Regentropfen.
    »Bruder Heinrich war ohnehin erzürnt genug, daß wir die Möglichkeit fanden, deine Mutter wissen zu lassen, daß sie das Recht auf einen Advocatus hat. Ein Advocatus muß nämlich ausdrücklich von der Beschuldigten verlangt werden.«
    »Wie geht es meiner Mutter?« fragte Richard angespannt.
    »Gut«, erwiderte Bruder Albert vorsichtig und verzichtete darauf, zu erwähnen, daß der Junge diese Frage schon zweimal gestellt hatte, »sie bleibt fest in ihren Aussagen.«
    Er war selbst beeindruckt von Zobeida gewesen, wie sie den endlosen Fragen, die von Heinrich Institoris auf sie niederprasselten, widerstand. Warum hatte sie dies getan und jenes geäußert? Warum hatte sie … Warum sagte sie … Warum … wann … weshalb … Einige Menschen wären darunter zusammengebrochen. Nicht Zobeida.
    »Sieh her«, sagte er, bemüht, Richard abzulenken, »ich habe dir einige Bücher aus dem Skriptorium mitgebracht. Wir dürfen nicht zulassen, daß du deinen Unterricht vernachlässigst.« Richard bedankte sich; seine Begeisterung hielt sich jedoch in Grenzen.
    Bruder Albert war in großmütiger Stimmung, und er konnte sich vorstellen, wie in dieser Lage drei Tage Eingesperrtsein auf Richard gewirkt haben mußten. »Wenn du schwörst, nicht davonzulaufen«, sagte er, »werde ich mich beim Abt dafür verwenden, daß du dich innerhalb des Klosters frei bewegen kannst.« Er sah etwas in den schwarzen Augen des Jungen, doch konnte er es nicht deuten.
    »Gut«, stimmte Richard zu. »Ich schwöre.« Natürlich hatte er nicht die Absicht, einen

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