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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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gehabt, der sich grundsätzlich geweigert hatte, Geld und Ansehen des Unternehmens Fugger für einen skandalträchtigen Prozeß freizugeben.
    »Um ganz aufrichtig zu sein«, hatte Zink ungewöhnlich grob gesagt, »mir scheint, Ihr seid nicht mehr ganz bei Trost, Richard. Erst verlangt ihr von mir einen Passierschein nach Florenz, um dort irgend jemanden zu retten, und dann soll ich mich in eine derartig unangenehme Angelegenheit mischen. Wirklich, ich glaube, Ihr reist am besten nach Augsburg zurück.«
    Richard versuchte, sich ganz auf den Kardinal zu konzentrieren und nicht an Mario zu denken. Mario mochte in ungeahnten Schwierigkeiten stecken, aber Saviya würde mit Sicherheit sterben, wenn niemand ihr half. Er bemühte sich auch, das zu vergessen, was ihm durch den Kopf geschossen war, als die Königin ihm von Saviya erzählt hatte. Er war erschrocken und entsetzt gewesen, gewiß, auch wütend auf Saviya, weil sie seine Warnungen in den Wind geschlagen und so diese Anzeige erst möglich gemacht hatte, außerdem schuldbewußt, weil er sie in die tödlichen Intrigen der Orsini verwickelt hatte. Doch zugleich erkannte er die unerwartete Gelegenheit, die sich ihm hier bot. Nun konnte er die Vergangenheit noch einmal erleben, durch eigene Kraft umschreiben und dadurch seine Schuld endgültig sühnen: eine Hexe vor dem Scheiterhaufen retten, nicht in Gedanken, nicht durch Bücher, nicht durch Gesuche, sondern in der Tat.
    »Nun«, sagte Kardinal Orsini schließlich, »warum eigentlich nicht? Ihr habt recht, selbst eine Hexe hat Anspruch auf einen Verteidiger. Warum nicht Ihr?«
    Richard war zu angespannt, um Erleichterung und Dankbarkeit zu spüren, aber er bemühte sich, beides auszudrücken. Er kniete noch einmal vor Kardinal Orsini nieder, küßte den Ring und war sich dabei der Tatsache bewußt, daß der Kardinal ihn offensichtlich entweder für harmlos oder für völlig unfähig halten mußte, denn sonst hätte er der Verteidigung niemals so schnell zugestimmt.
    In Rom gab es zwei Gefängnisse. Politische Gefangene setzte man gewöhnlich in der Engelsburg fest, kein besonders angenehmer Aufenthaltsort vielleicht, aber um vieles besser als das überfüllte und verseuchte Stadtgefängnis, in dem die Gefangenen sich häufig gegenseitig umbrachten. Saviya hatte Glück, daß man Hexen grundsätzlich in Einzelzellen sperrte. Dennoch kämpfte Richard mühsam um Fassung, als er zu ihr gelassen wurde.
    Um ihm über die ersten Sekunden hinwegzuhelfen, ergriff Saviya das Wort. Mit ihrem leichten, spöttischen Ton, der ihm zeigen sollte, daß sie sich von ihrer Umgebung nicht im geringsten hatte einschüchtern lassen, meinte sie:
    »Keine Versuchung ist süßer als die, zu sagen: ›Das habe ich dir ja gleich gesagt‹, nicht wahr, Riccardo?«
    »Wenige«, gab er mit einem etwas gezwungenen wirkenden Lächeln zu. »Aber mach dir keine Sorgen, ich werde es nicht sagen. Saviya, ich bin hier, weil mir Kardinal Orsini gestattet hat, deine Verteidigung zu übernehmen.«
    Sie biß sich auf die Lippen. »Da gibt es nichts zu verteidigen, Riccardo. Ich bin eine Hexe.«
    »Ich weiß, daß du für eine ganze Reihe von Leuten gewahrsagt hast, aber hast du je jemand mit Flüchen belegt? Oder Liebeszauber ausgesprochen oder dergleichen?«
    Ein Hauch von Belustigung färbte ihre Augen, die im Halbdunkel der Zelle wie zwei grüne Edelsteine glänzten. »Also wirklich, Riccardo. Natürlich nicht. Es wäre ausgesprochen dumm gewesen, sich auf diese Art die Kunden zu verscheuchen, denn dann hätten sie bald geargwöhnt, ich könnte auch sie verfluchen, wenn mir der Sinn danach stünde.«
    »Gut«, sagte Richard erleichtert. »Wenn es für nichts als Wahrsagerei Zeugen gibt …«
    »Wo liegt der Unterschied?«
    »Prophezeiungen können auf Visionen beruhen, und Visionen kommen von Gott. Ich werde behaupten, daß Gott dir die Gabe verliehen hat, die Zukunft zu sehen, weil der Teufel als Fürst der Lüge es gar nicht kann.«
    »Glaubst du das?« fragte Saviya sehr ernst. »Daß Gott mir die Gabe verliehen hat, die Zukunft zu sehen?«
    Er fand es unerwartet schwierig, zu sprechen, und schüttelte nur den Kopf. Saviya seufzte und griff durch die Gitterstäbe nach seiner Hand. »Ich muß dir noch etwas sagen, Riccardo …«
    »Später«, unterbrach Richard sie abrupt. »Erst müssen wir noch etwas klären. Wie lange«, die Worte schienen sich aus seinem Hals herauszuquälen wie kantige Steine, »wie lange kennst du den Kardinal von Valencia …

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