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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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vor, denn der Handel mit dem Erz galt mittlerweile fast als Fuggermonopol. »Er fing an, an die kleineren Bergwerks- und Grubenbesitzer im Salzburgischen mehr und mehr Geld zu verleihen, und ließ sich dafür keine Schuldscheine, sondern Anteile an den Gold- und Silbergruben überschreiben. Und eines schönen Tages wachten die Salzburger Grubenbesitzer auf und fanden Jakob Fugger vor der Haustür, der das Monopol für den Transport und Verkauf ihrer Erze in Venedig verlangte. Das Geschrei konnte man bis nach Augsburg hören, als sie feststellten, daß sie keine andere Wahl mehr hatten, weil er überall Miteigentümer war. Sie jammerten jedem, der es hören wollte, die Ohren voll, doch es war nicht mehr zu ändern. Und Jakob hatte, was er wollte.«
    Richard lachte. Jakob war skrupellos, gewiß, doch er war auch fesselnd in allem, was er tat, und ihn zu beobachten, war so lehrreich wie ein ganzes Buch. Er spürte allerdings, daß auch Jakob ihn beobachtete. Was er jedoch nicht wußte, war, daß Ulrich und Jakob seinetwegen um ein Haar eine ernsthafte Auseinandersetzung gehabt hätten.
    Ulrich war zu seinem Bruder in die goldene Schreibstube gekommen – er selbst residierte nur einen Raum weiter – und hatte mit Erleichterung festgestellt, daß weder der junge Schweriz, noch, Gott bewahre, Sybille, anwesend zu sein schienen.
    »Jakob«, begann er unbehaglich, denn bei solchen Gelegenheiten beschlich ihn immer der Verdacht, daß Jakob mehr Macht ausübte, als ihm zustand, »Jakob, Veronika paßt es nicht, daß du unser Hänsle von einem einfachen Scholaren erziehen lassen willst – und das nur des Neffen deiner Frau wegen.«
    Er erwartete, daß Jakob nun widerspräche und sagte, daß Richard Artzt mit dieser Entscheidung nichts zu tun habe.
    Jakob tat nichts dergleichen.
    Jakob, dachte Ulrich ärgerlich, tat nie, was man von ihm erwartete. Er zog nur die bogenförmigen Augenbrauen hoch und fragte: »Will deine Gemahlin, daß ich einen Hauslehrer allein für den Jungen bezahle, damit sie ihren Sohn nach Herrieden schicken kann?«
    Ulrich zuckte zusammen. Er hatte sehr wohl verstanden, was Jakob damit zum Ausdruck bringen wollte, und antwortete brüsk: »Ich wundere mich, daß du diesem fremden Jungen überhaupt soviel Aufmerksamkeit schenkst, als ob ein Kloster nicht gut genug für ihn wäre. Wir hatten doch alle gedacht …«
    Er beendete seinen Satz nicht. Sie hatten selbstverständlich alle angenommen, daß Jakob den unerwünschten Verwandten um Sybilles willen nur eine Anstandszeit hierbehalten würde. Jakob legte die Fingerspitzen aufeinander. »Ich investiere, Ulrich. Ich investiere in die Zukunft.«
    »Wie bitte?«
    »Richard kam gestern zu mir, um eine Partie Schach zu spielen. Wie lange versuche ich nun schon, es dir beizubringen? Er konnte es vor wenigen Wochen noch nicht. Gestern abend stand er eine ganze Partie durch und verlor sehr ehrenhaft.« Jakob lachte leise. »Menschen, Ulrich, sind die besten Investitionsmöglichkeiten.«
    Ulrich starrte ihn an und ertappte sich bei dem Wunsch, sich angesichts des reglosen, katzenartigen Blickes zu bekreuzigen. Unheimliche Augen, dachte er, Dämonenaugen. Er hatte Jakob nie verstanden und begriff weniger und weniger die komplizierten Strukturen des feinen Gewebes, in das Jakob ihre festgefügte, solide Firma verwandelt hatte.
    Ulrich erinnerte sich an jenen Herbstnachmittag, an dem sein Bruder Georg zu ihm gekommen war, noch niedergedrückt vom Verlust Markus', des letzten Bruders, der gestorben war. Sieben Söhne hatte Barbara Basinger Jakob Fugger dem Älteren geboren. Markus war derjenige gewesen, der in der Kirche von sich reden machen sollte, und er hatte sich bereits als geschickter Pfründenvermittler in Rom erwiesen. Jakob war der Jüngste, der Überflüssige, den man nur in ein Kloster gesteckt hatte, um ihn irgendwie zu versorgen und loszuwerden. Jetzt waren Andreas, Hanns, Peter und Markus tot, und es blieben nur noch Ulrich, Georg und Jakob.
    »Wir sollten Jakob zurückholen, Ulrich.«
    Ulrich hatte verwundert den Kopf geschüttelt. »Um Markus zu ersetzen, Georg? Himmel, er ist doch erst neunzehn!«
    »Nein, nicht, um ihn an Markus' Stelle zu setzen. Ich meine, wir sollten ihn zurückholen – in das Geschäft.«
    Jetzt, fünfzehn Jahre später, schaute Ulrich auf die Gestalt an dem Marmorschreibtisch herab und seufzte innerlich. Zurückholen in das Unternehmen. Beim Allmächtigen.
    Georg stand Jakob näher, wenn auch sechs Jahre zwischen ihnen lagen,

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