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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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einen Schluck. »Sondern?« fragte er.
    »An einer neuen Gesellschaft, an der Ihr gleichberechtigter Teilhaber sein werdet – zu fünfzig Prozent.«
    Thurzo fiel es längst nicht mehr ein, gegen Jakobs sicheren Gebrauch des Futurs statt des Konjunktivs zu protestieren. Seine Gedanken rasten. Fünfzig Prozent! Kein Strohmann, wie die Männer in Tirol und im Salzburgerischen, die man längst vergessen hatte, sondern gleichberechtigter Teilhaber!
    Es war ein ehrenhaftes Angebot, wenn es je eines gegeben hatte, bei Gott, das war es. Es gäbe keine Geldnot mehr für ihn und seine Familie, sondern Sicherheit und endlich Materialien, um damit neue Techniken zu erproben! Und das alles, ohne sich als Handlanger fühlen zu müssen!
    Jakob beobachtete ihn, und schon bevor sich ihm die Hand, die im Verhältnis zum Körper des Ungarn unmäßig groß erschien, entgegenstreckte, wußte er, daß er Thurzos Charakter richtig eingeschätzt und gewonnen hatte. Er lächelte beinahe, als er an Ulrichs Entrüstung über diese Regelung dachte.
    »Kein Kaufmann, der seine Sinne noch beisammen hat, bietet einem Bergbauingenieur eine gleichberechtigte Teilhaberschaft an!« Georg, damals noch nicht nach Nürnberg zurückgekehrt, hatte damals in für Ulrich verletzendem Tonfall geantwortet: »Lieber Bruder, meinst du wirklich, daß es je eine Gesellschaft geben wird, an der Jakob beteiligt ist, und die er mit der Zeit nicht beherrschen wird?«
    Jakob umfaßte Thurzos Hand mit der seinen. »Ihr habt einen Partner gewonnen!« sagte Johann Thurzo und grinste. »Es gibt vielleicht einiges im Bergbau, was ich besser weiß, doch der Teufel selbst könnte nicht überzeugender sein als Ihr, wenn es darum geht, einen Pakt abzuschließen – Herr Lehnman!«
    Richard blickte auf das Blatt, das auf seinen Knien lag, und runzelte die Stirn. Seit einiger Zeit hatte er sein übermächtiges Verlangen, wieder zu zeichnen, nicht mehr bezähmen können. Doch hatte er sich nun ganz auf Gegenstände und Pflanzen konzentriert, wohl auch einmal die Stadt – und diese Zeichnungen waren ziemlich schlecht, wie er kritisch feststellte. Man merkte, daß er aus der Übung war. Er zerknüllte seine Darstellung Augsburgs und stand auf.
    Vor ihm erstreckte sich die Stadt, ›das goldene Augsburg‹, wie man es nun ein wenig spöttisch bezeichnete, denn es waren nicht die architektonischen Schönheiten, sondern der Reichtum der Kaufleute, die zu diesem Spitznamen geführt hatten. »Augusta Vindelicorum«, flüsterte Richard. Er genoß den Klang der lateinischen Worte, und er liebte es, hier auf diesem Grashügel zu sitzen und das Bild zu beobachten, das die Dächer und Türme der Stadt in der flirrenden Mittagshitze boten.
    Er kam immer hierher, wenn er allein sein wollte, und die klare Schönheit des Horizonts beruhigte und besänftigte ihn, wie es alles Schöne tat.
    »Richard wird wieder gramselig«, kommentierte Hänsle, wenn er den abwesenden Ausdruck in den Augen seines Vetters entdeckte. Richard widersprach ihm nicht länger, sondern suchte nach einer Möglichkeit, den Häusern voller Menschen zu entkommen und zu seinem Hügel zu fliehen. Heute war der Haushalt in einiger Aufregung, denn man erwartete Jakobs Rückkehr. Richard hatte sich gewundert, daß Jakob den Besuch beim Bamberger Fürstbischof für wichtig genug hielt, um ihn persönlich abzustatten, und gleichzeitig erstmals etwas Mitleid mit dem allmächtigen Fugger empfunden.
    Jakob war für sein Unternehmen so unentbehrlich, daß er nur sehr wenig reisen konnte. Der Besuch in Bamberg war eine Ausnahme. Wie schrecklich, dachte Richard, so gefesselt zu sein. Wenn er erst erwachsen war, dann wollte er reisen, nichts als reisen.
    Bei dem Gedanken fiel ihm ein, daß auch ein Zug mit florentinischen Goldschmiedewaren heute nachmittag erwartet wurde, und er entschloß sich etwas bedauernd, seinen Hügel zu verlassen. Die Hitze machte ihn schläfrig. Seine Gedanken schweiften ab, und so ertappte er sich kurze Zeit später dabei, über die rundliche Magd Barbara zu grübeln, im letzten Jahr war ihm Barbara nicht besonders aufgefallen, er hatte nur ihr ständiges hohes Kichern bemerkt.
    Doch seit einiger Zeit achtete er widerwillig auf die losen Bemerkungen, die Norbert, Heinz und noch einige andere Fuggersche Angestellte über Barbara machten. Sie schworen, Barbara sei ein leichtsinniges Frauenzimmer, und beendeten jedes Gespräch dieser Art mit der Feststellung, daß Richard noch ein Kind sei. Veronikas Sticheleien

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