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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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er von einer viel stärkeren Position ausgehen, und zur Empörung der Ungarn einigte sich ihr Herrscher mit Maximilian von Habsburg.
    Wladislaw V., der sich nicht nur von dem angriffslustigen Deutschen, sondern auch von den immer bedrohlicher werdenden Türken bedrängt fühlte, befand sich zwischen zwei Feuern und entschied sich, das eine gegen das andere einzusetzen. Er versprach, Maximilian zu seinem Erben zu erklären, wenn sich der künftige Kaiser des Heiligen Römischen Reiches dazu verpflichtete, Wladislaw gegen die Türken beizustehen. »Nicht sehr schmeichelhaft für unseren Max«, bemerkte Richards Lehrer Anselm Justinger. »Das bedeutet nämlich, daß Wladislaw die Türken für wesentlich gefährlicher hält.«
    Die Mehrheit der Ungarn dachte nicht so. Während Maximilians Untertanen erleichtert waren, daß ihr kriegerischer Fürst vorerst eine friedliche Lösung gefunden hatte, löste der Pakt in Ungarn fast einen Aufstand aus. Seit die Magyaren unter ihrem vorherigen, unvergessenen König Matthias Wien erobert hatten, herrschte zwischen beiden Völkern herzliche Abscheu. Die stolzen Ungarn empfanden es als ungeheure Demütigung, daß Wladislaw vor dem Habsburger kuschen und ihn widerspruchslos zu seinem Erben einsetzen sollte. Die bittere Notwendigkeit, die dahinterstand, konnten und wollten sie nicht einsehen.
    In dieser Lage wäre es für einen Kaufmann, den der Leumund so eng mit Maximilian verband, Wahnsinn gewesen, offen Absichten auf ungarisches Erz laut werden zu lassen, und das wußte Jakob Fugger auch, als er an einem sonnigen Tag im späten Frühjahr durch Bamberg ritt.
    Der Fürstbischof dieser Stadt machte, wie inzwischen viele seines Standes, heimlich Geschäfte mit Jakob. Wie die meisten höherrangigen Kleriker nahm er aus seinen Pfründen erheblich mehr Gewinn ein, als er dem Heiligen Stuhl gegenüber angab und weiterleitete, und Jakob war es schon vor längerer Zeit gelungen, auch diesen Bischof zu überreden, das geheime Geld in das Unternehmen Fugger zu investieren, das dafür garantierte, daß dieses Kapital auch geheim blieb und dennoch üppige Früchte trug. Bald würde wieder eine größere Summe fällig sein, doch das war diesmal nicht der Grund seines Besuches. Offiziell weilte er hier, weil ihn die Lehensgebiete des Bischofs in Kärnten interessierten. Inoffiziell hatte er Bamberg, wo er, anders als in Augsburg, als ein Unbekannter durch die Stadt ziehen konnte, zum Schauplatz einer seiner Investitionen in Menschen bestimmt.
    Jakob hielt nichts von Treffen in geheimen Ecken, die Spione nur anzogen, und wußte aus Erfahrung, daß kein Ort für eine geheime Unterredung sicherer war als eine öffentliche Schenke. Wer gab schon etwas auf zwei Männer, die zusammen etwas tranken und nicht weiter auffielen?
    Als er das Wirtshaus ›Zum blauen Löwen‹ betrat, in das er Johann Thurzo bestellt hatte, und sich nach kurzem Zögern in die links gelegene Schankstube begab, sah er zufrieden, daß ihn der Ungar schon erwartete. Thurzo war klein, dürr, und ein riesiger schwarzer Schnurrbart verdeckte viel von seinem wachen, aufmerksamen Gesicht.
    »Herr Lehnman«, sagte er fast ohne jeden Akzent, und Jakob nickte. Seine Beauftragten hatten Thurzo eingeschärft, bei diesem Treffen nie Jakobs Namen laut zu nennen.
    »Seid gegrüßt«, erwiderte er und nahm Platz. Thurzo schnippte mit den Fingern und rief einem der vorbeieilenden Burschen zu, er solle seinem Gast einen Krug Bier bringen.
    »Nun, Lehnman«, sagte Thurzo und ließ gelbgefleckte Zähne erkennen, »ich habe gehört, Ihr wollt von mir einiges über die Geheimnisse der Wasserkunst lernen. Warum?«
    Als ›Wasserkunst‹ wurde im allgemeinen die noch nicht sehr ausgereifte Technik bezeichnet, die es ermöglichte, sogenannte ›abgesoffene Bergwerke‹ wieder trockenzulegen. Immer wieder kam es vor, daß die Knappen beim Vortrieb ihrer Stollen auf eine Wasserader stießen und zu Haufen ertranken, weil es nicht gelang, das Wasser rechtzeitig abzupumpen oder umzuleiten. Dies allein war schon schlimm genug, aber die Tatsache, daß durch so einen Wassereinbruch ein kostbares Bergwerk unbegeh- und nicht mehr nutzbar wurde, hatte schon so manch einen Unternehmer ruiniert. Bergbauingenieure, die es fertigbrachten, einen Stollen wieder zu entwässern, waren meistens sehr gefragt.
    Johann Thurzo war Bergbauingenieur. Jakob musterte ihn und antwortete gelassen: »Mein Unternehmen ist an einigen Gruben in Tirol und Salzburg beteiligt. Ist das

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