Die Puppenspieler
verschwunden; nur noch Erleichterung und Neugier lagen darin.
»Ich frage mich«, sagte er langsam, »warum Ihr das tut. Beunruhigt Euch nie die Vorstellung, daß Ihr eines Tages zuviel Geld an mich verlieren könntet?«
Maximilian wußte, daß er nie in der Lage sein würde, seine Schulden zurückzuzahlen, und wenn es für einen bürgerlichen Kaufmann schon fast unmöglich war, seine Forderungen gegen einen Grafen vor Gericht geltend zu machen, so war es undenkbar, einen Herrscher vor das Gesetz zu zitieren.
Jakob hob die Augenbrauen. »Sagen wir, ich teile eine Überzeugung mit Eurer Majestät … den Glauben an die Zukunft des Hauses Habsburg.«
»Ah, natürlich«, sagte der König, »es ist nie falsch, Jahrhunderte voraus zu denken. Nun, gute Nacht, Fugger.«
Als Jakob schon fast an der Tür war, rief er ihn noch einmal an. »Fugger!«
Jakob drehte sich um. Maximilian lächelte. Er hatte sich an ihre erste Begegnung erinnert, damals, als sie beide noch Knaben waren und er mit seinem Vater auf dem Weg nach Burgund gewesen war, um die Tochter des mächtigen Herzogs zu heiraten. Sie hatten in Augsburg Rast gemacht und sich bei jenem neuen Unternehmen mit Stoffen bester Qualität versorgt, um sich von dem Burgunder nicht ausstechen zu lassen. Aus einem neugierigen Impuls heraus hatte Maximilian den Hofbeamten, der für die Stoffbeschaffung zuständig war, zu der Kaufmannsfamilie begleitet und war dort auf den gleichaltrigen Jakob gestoßen. Sie hatten eine Stunde angeregt miteinander geplaudert, und schließlich hatte sich Maximilian mit genau den Worten verabschiedet, die er jetzt, zwei Jahrzehnte später, erneut gebrauchte: »Viel Glück, Fugger! Wer weiß, vielleicht sehen wir uns wieder.«
11
I NSGEHEIM SCHWOR SICH R ICHARD , nach Möglichkeit nie wieder sein Zimmer mit einem Grafen zu teilen. Das wenige, was von der Nacht noch verblieben war, hatte Ulrich von Remar glücklicherweise damit verbracht, seinen Rausch auszuschlafen, doch am nächsten Morgen schrie er nach seinen Dienern, tobte über angebliche Dellen und Kratzer in seiner Rüstung und redete unentwegt von seinen ruhmreichen Taten.
Sein Knappe (Richard hatte keine Ahnung, wo dieser Unglückliche untergebracht war) hatte ihn schon fast völlig in seine Rüstung gekleidet, da fiel es dem Herrn von Remar ein, daß er etwas Zerstreuung gebrauchen könnte. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
»Wenn ich es recht bedenke … Nimm mir das Zeug wieder ab, los, mach schon!«
Der erschöpfte Knappe senkte sein Haupt und murmelte etwas wenig Respektvolles in seinen Bart, während er sich daranmachte, die Scharniere wieder zu öffnen. Remar wandte sich mit einem gönnerhaften Lächeln an Richard.
»Hört mal, Junge, ich brauche eine kleine Stärkung vor dem Turnier. So einen kleinen Glückszauber, Ihr versteht schon. Könnt Ihr mir nicht ein paar leckere Hexchen besorgen?«
In diesem Augenblick knickte dem knienden Knappen der Fuß ein, und der Mann fiel auf den Boden, was der erboste Ulrich von Remar mit einem Tritt quittierte. Als er sich wieder an seinen Gastgeber wenden wollte, hörte er nur noch die Tür des kleinen Zimmers knallen.
Richard brauchte eine Weile, bis er sich wieder beruhigt hatte. Um ein Haar wäre er der Versuchung erlegen, Remar hinauszuwerfen – oder, dachte er düster, sich von Remar hinauswerfen zu lassen, denn damit hätte es angesichts der Situation wohl geendet. Das Geschwätz des Grafen war schlimm genug gewesen, aber warum hatte Ulrich von Remar ausgerechnet nach Schwarzer Magie verlangt? War es nur Zufall, oder lag es an ihm, Richard? Unwillkürlich erinnerte er sich an den Inquisitor, hörte den Dominikaner darüber sprechen, daß die Kinder von Hexen gezeichnet blieben, und fröstelte. Gleich darauf wallte Zorn in ihm auf, Zorn auf sich selbst. Seine Mutter war keine Hexe, es gab keine Hexen, und eine lächerliche Bemerkung dieses Laffen so wichtig zu nehmen, war nur ein Zeichen seiner eigenen Dummheit!
Um sich abzulenken, gesellte er sich Hänsle zu, der mit einem verdrossenen Gesicht herumlief und erklärte, seine Mutter sei wegen der Verlobung heute abend vollkommen durcheinander, fände plötzlich Annas Kleid unpassend und habe das Mädchen dadurch völlig hysterisch gemacht.
»Jetzt suchen sie alle wie die Verrückten nach einem besseren Kleid, nachdem Mama doch dieses aus Frankreich hat kommen lassen, als ob wir in Augsburg keinen Stoffhandel hätten!«
Sie beschlossen, sich schon vor die
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