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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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hatte Glück im Unglück, denn in der Betriebsamkeit der Ereignisse war es leicht, sich in der Menge zu verlieren. Der König speiste, und halb Augsburg saß mit am Tisch. Viele seiner adeligen Begleiter schienen sich merklich unbehaglich zu fühlen, so engen Kontakt mit einfachen Bürgern zu haben, doch was für Fehler Maximilian auch haben mochte – und er hatte derer eine ganze Menge –, diese Art von Hochmut gehörte nicht dazu. Nach der Mahlzeit, die sich bei dem gesunden Appetit des Königs stundenlang hinzog, wurde zum Tanz aufgespielt, und Maximilian griff sich ohne weiteres nicht nur Sybille, sondern fast jede der anwesenden Frauen bis hin zur strengen Witwe Dorothea Lauginger, einer von Veronikas Verwandten, und drehte sich mit ihnen zu den neuen, aus Spanien kommenden Weisen.
    Richard war etwas enttäuscht, daß die neue Königin, Bianca Maria Sforza, ihren Gemahl nicht begleitet hatte. Besonders auf ihr italienisches Gefolge war er gespannt gewesen. Doch der König schien seine junge Gemahlin nicht zu vermissen, er war leutselig, lachte und sprach dem Wein zu, als habe er keine Sorgen auf dieser Welt.
    Richard flüsterte Anselm Justinger zu: »Wenn er weiter soviel trinkt, möchte ich wissen, wie er morgen das Turnier bestreiten will!«
    Anselm grinste. »Er wird Übung darin haben!«
    Morgen würde nicht nur das Turnier stattfinden, sondern der Bürgermeister wollte dem König auch alle Bittgesuche der Stadt vorlegen, und am Abend würde der wirklich große Empfang, ›der wahre Tanz‹, wie die junge Ursula Fugger sich ausdrückte, stattfinden, mit Feuerschluckern, Akrobaten und allen hohen Herren der näheren und weiteren Umgebung. Dann würde der König Annas Verlobung verkünden. Der Bräutigam, Georg Thurzo, war schon vor einiger Zeit erschienen – ein schwarzhaariger, schnurrbärtiger Hüne, der mit einem fürchterlichen Akzent sprach.
    Richard fing einen unbehaglichen Blick auf, den Ulrich Fugger seinem zukünftigen Schwiegersohn zuwarf, und folgerte, daß man sich offensichtlich noch immer nicht mit einem Ungarn als Schwiegersohn abgefunden hatte. Anna schien weder übermäßig begeistert noch irgendwie enttäuscht von ihrem Verlobten zu sein. Bisher hatte sie ihn wie einen entfernten Vetter behandelt, der zu Besuch gekommen war.
    Richard hatte keinen Zweifel daran, daß diese Thurzo-Verbindung etwas mit dem ungarischen Erz zu tun haben mußte und vermutete, daß auch Anna, der jede Rührseligkeit fehlte, erkannte, wie ihr Onkel sie als Pfand für seine geschäftlichen Pläne benutzte.
    Ulrich Fuggers Gedanken bewegten sich in etwa in derselben Richtung. Die Heirat lag ihm nach wie vor im Magen. Nicht, weil es eine Geschäftsverbindung war; natürlich hatte er immer geplant, seine Töchter möglichst nutzbringend für die Familie und das Unternehmen zu vermählen. Ehen mußten von klügeren Köpfen ausgeheckt werden, als junge Mädchen sie besaßen, und waren schließlich ein Bündnis zweier Familien und nicht eine Gefühlsangelegenheit. So war es bei den Königen, bei den Adeligen … und bei den Reichen. Und ganz bestimmt war es bei den Fuggern so, schon lange, ehe sie sich zu den wohlhabenderen Bürgern Augsburgs zählen konnten.
    Nein, was Ulrich störte, war, daß nicht er diese Angelegenheit eingefädelt hatte. Mit erschreckender Skrupellosigkeit hatte Jakob über seinen Kopf hinweg entschieden, daß Anna Johann Thurzos Sohn heiraten sollte. Zum ersten Mal bemerkte er in aller Deutlichkeit, daß Jakobs Respekt ihm gegenüber nur Schönfärberei war. »Niemand zwingt dich« – ha!
    Wer hätte gedacht, daß er von seinem jüngsten Bruder einmal solche Worte hören würde wie: »Sei kein Narr, Ulrich, Thurzo muß vollkommen sicher sein, daß wir ihm nicht in den Rücken fallen, und Anna als Braut seines Sohnes gibt ihm diese Sicherheit.«
    Zugegeben, Jakob hatte das erst gesagt, nachdem Ulrich sich drei Stunden lang mit gekränktem Tonfall beklagt hatte: »Ein Ungar … Das sind doch Barbaren … Ein einfacher Bergbaufachmann als Vater … Meine Tochter … Einen Grafen könnte sie bekommen …« Erst als Jakob ihn so unerbittlich gemaßregelt hatte, war er über diesen Tonfall so entsetzt, daß er nachgab.
    Er hatte nur noch gestammelt: »Aber du willst ihm doch in den Rücken fallen …«
    »Natürlich.« Kalt, eiskalt, dachte Ulrich. »Aber ohne ihn dabei zu verlieren. Er wird es lange überhaupt nicht merken, und deine Anna wird in Ungarn wie eine Königin behandelt werden.«
    Ulrich

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