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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Stadtmauern zu begeben, wo später das Turnier stattfinden sollte. »Wir haben dann Zeit genug, festzustellen, wo man am besten sieht!« meinte Richard.
    Ehe sie jedoch das Haus verlassen konnten, stießen sie auf Ursula, Ulrich und Veronikas Zweitälteste Tochter. »Wohin geht ihr? Nehmt mich mit!« rief sie. Ursula war ein Rotschopf mit Sommersprossen und einer Himmelfahrtsnase, Makel, die Veronika Sorgen bereiteten, doch durch Ursulas ständige gute Laune mehr als ausgeglichen wurden. Sie war nur wenige Monate älter als Richard und hakte sich ohne weiteres zwischen ihm und ihrem Bruder ein.
    »Ich werde wahnsinnig, wenn ich noch mehr über Kleidung und Verlobungen höre! Ich weiß, ich sollte Anna jetzt zur Seite stehen, aber sie und Mama sind in einem Zustand, daß man glaubt, der Jüngste Tag sei gekommen!«
    »Und dein Vater?« fragte Richard. Sie zuckte die Achseln. »Papa ist ins Kontor geflüchtet.« Mit einem Augenzwinkern fügte sie hinzu: »In einer solchen Geschwindigkeit geht er sonst nie dorthin.«
    Auf dem Turnierplatz wurden schon die Schilde der einzelnen Kämpen angebracht, und Richard erkannte das Wappen Ulrich von Remars wieder – ein Reh auf schwarzweißem Hintergrund. Die drei waren nicht die ersten Neugierigen; der Turnierplatz füllte sich bald, und obwohl sie einen Platz auf der Tribüne hätten beanspruchen können, beschlossen sie, vor der Absperrung stehenzubleiben. Dort war man näher am Geschehen, und nicht nur für Richard sollte es das erste Turnier sein.
    »Wie das wohl sein muß«, meinte er, »schon als Kind zu lernen, wie man kämpft – in unserem Alter müssen die Adeligen schon sämtliche Waffenkünste beherrschen.«
    Hänsle lachte. »Anstrengend natürlich. Ich bin froh, daß ich es nicht lernen mußte. Mir reicht schon das Latein! Wozu soll ich Waffen gebrauchen … Das ist wieder eine von deinen nutzlosen Tagträumereien, Richard.«
    »Ich habe nicht gesagt, daß ich gerne kämpfen würde. Natürlich ist es das Privileg der Ritter. Aber wenn man auf Reisen ist und von Wegelagerern angefallen wird, könnte es ganz nützlich sein.«
    »Aber wer geht denn schon ohne Eskorte …«, begann Hänsle, wurde jedoch von seiner Schwester unterbrochen.
    »Ihr seid alle beide Heuchler. Selbstverständlich würdet ihr gerne kämpfen, sonst wärt ihr nicht hier, um euch das Turnier anzusehen.«
    Hänsle grinste und gab ihr einen Rippenstoß. »Du hast doch gestern auch wie eine Mondsüchtige den Tanzenden zugeschaut, und ich habe noch nicht bemerkt, daß du tanzen kannst – so, wie du mir auf die Füße getreten bist … au!«
    Ursula wandte sich mit der Miene einer vollendeten Dame an Richard.
    »Kinder!« sagte sie verächtlich. »Warum hast du gestern nicht getanzt, Richard?«
    Er wollte nicht zugeben, daß er es nicht konnte, und gab deshalb die erstbeste Begründung, die ihm in den Sinn kam: »Deine Mutter würde einen Wutanfall bekommen, wenn ich eine von euch auffordern würde.«
    Ursulas Mund wölbte sich. »Stimmt«, sagte sie nachdenklich, »sie mag dich nicht.« Plötzlich bekam sie einen spitzbübischen Gesichtsausdruck. »Aber es zwingt dich niemand, sie aufzufordern!«
    Unterdessen war der größte Teil der Familie eingetroffen, und Johannes, einer von Georg Fuggers Söhnen, hatte sie erspäht. Anläßlich des Königsbesuches war auch Georg in Augsburg, und Johannes konnte sich nichts Besseres vorstellen als dieses Turnier, um vor seinen Freunden in Nürnberg damit zu prahlen. Er lief zu seinen Vettern.
    »Ihr habt einen echten Familienkrach verpaßt!«
    Ursula sah Johannes nachsichtig an. »Wenn du den Streit um Annas Kleid meinst, Kleiner – davon habe ich mehr als genug mitbekommen.«
    Johannes schüttelte heftig den Kopf. »Ach, es ging doch längst nicht mehr um das Kleid. Annas Mädchen holte Mama dazu, und Mama holte Tante Sybille, und Tante Sybille hatte ein Kleid für Anna. Aber als Tante Veronika das sah, regte sie sich wieder auf und brach in Tränen aus und sagte, ihre Tochter wäre viel zu schade für die ungarischen Barbaren, und Anna weinte ebenfalls, und dann schrie Tante Veronika Tante Sybille an und behauptete, sie täte alles, damit Onkel Jakob Onkel Ulrichs Kinder aus Augsburg vertreibt und sie nichts erben.«
    Stolz auf den Effekt, den seine Worte erzielt hatten, sah er sich um. Hänsle und Ursula schauten betreten drein, Richard pfiff durch die Zähne. Es überraschte ihn nicht, daß Veronika so etwas einfiel, aber daß sie ausgerechnet am

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