Die putzende Lottofee
über seine Erinnerungen einem anderen Menschen überträgt? Wie wäre es wohl, wenn er an einen Tag reisen würde, der nur wenige Stunden in der Zukunft liegt, aber dennoch in seiner Erinnerung zehn Jahre in der Vergangenheit schmorte. „…Kann ja eigentlich nix passieren!“, sagte Lenny und machte sich selbst ein wenig Mut. Seine Stimme hatte eine gekünstelte Heiterkeit im Unterton. „Ich hoffe mal, dass ihr mich wieder in die Gegenwart zurück holt.“ Lenny nahm wieder eine aufrechte Sitzhaltung ein und sah nun voller Zuversicht in die Runde.
„Sag mal…“, kauerte Kies. „…Du hast die Chance einige Millionen im L otto zu gewinnen!“, hustete er, weil ihm eine Mücke in den Mund flog. „Und die einzige Sache in deinem Hirn ist Angst, dass wir dich nicht wieder zurückholen?“ Kies hatte in der Tat nur wenig Verständnis für Lennys Sorgen. Da kam Kies schon mal mit einem sinnvollen Vorschlag, wie man an Geld kommen konnte und Lenny hatte die Hosen voll.
„Kling logisch, was er da sagt!“ Michi sah zu Lenny und nickte zustimm end zu den Worten von Kies.
„Ach…“, sagte Lenny und fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht. „Ihr habt ja recht“, konsultiere er und gab sich geschlagen. „Ich kenne deine Haushälterin ja nur vom Sehen“, sagte er und schüttelte den Kopf , indem er die Tischdecke anstarrte. „Die sieht eher aus wie ein Model aus dem Versandhauskatalog…“, flüsterte Lenny, um dann wieder in eine normale Tonlage zu wechseln. „…Da kann man sich nur sehr schwer vorstellen, dass die Dame ein Profi in Sachen Hypnose und Reinkarnationstherapie ist.“
„Ach Mensch…“, donnerte Kies in einer dominanten Weise in die warme Juliluft. „…Die versteht ihr Handwerk!“, sagte er und begann zu grinsen. „Einmal hat sie mich in Hypnose versetzt, als i ch meinen Geldbeutel verlegt hatte. Ich hab dann unter Hypnose festgestellt, dass ich ihn auf der Tiefkühlpizza ins Gefrierfach gelegt habe!“ Kies grinste dabei selbstironisch und zugleich etwas verlegen.
„Du hast dich hypnotisieren lassen , weil du deinen Geldbeutel verlegt hast?“, stotterte Michi und lachte dabei immer wieder zwischen den einzelnen Worten.
„Ich glaube , den hätte ich sonst einige Tage vermisst!“, gestand Kies und war sich nun sicher, dass er Lenny überzeugt hatte, sich auch dieser Prozedur zu unterziehen.
„Also die Herren“, konstatierte Kies und wollte sich nicht länger mit Förmlichkeiten aufhalten. „Am Mittwoch um 15 Uhr kommt ihr zu mir!“, sagte er und würde wohl keine Widerrede dulden. „Und dann knallt dich meine polnische Lottofee in die Welt der Zahlen des nächsten Samstages!“ Kies rüttelte an Lennys Stuhllehne und das Plastik begann sich zu biegen und zu ächzen. Dann signalisierte er ihm mit einem Kopfnicken, dass er nun aufbrechen würde.
Lenny vernahm nur noch, wie sich der BMW in Bewegung setzte. Nach einiger Zeit verstummte auch wieder dieser nervige Auspuffsound und Lenny und Michi waren alleine auf der Terrasse.
„Phhhhhhhhhhhhhhh….“, hauchte Lenny. „Das kann ja was werden!“, sagte er und stand auf. Er ging zum Fensterbrett und holte eine Dose mit Fischfutter heraus.
Michi rückte die Plastikliege zurück und der Kunststoff kratzte über den Boden. Beide gingen sie die Terrasse entlang. Lenny zog seine Schuhe aus und fühlte wie das Gras seine Fußsohlen berührte. „Das hat fast schon wieder was von Therapie, dieses Gefühl“, schwärmte Lenny und spürte förmlich, wie ihm die Anspannung aus den Gliedern fuhr.
Nun standen beide vor dem Fischteich. Lenny griff in die Dose und holte eine flockige Substanz heraus , welche er in den Teich warf. Die Fischchen kamen an die Oberfläche und machten mit ihren Mäulern große O-förmige Bewegungen.
„Sag mal…“, seufzte Michi und steckte ebenfalls die Hand in die Dose , um sich etwas Fischfutter herauszuholen. Dann zerbröselte er es nochmals zusätzlich und warf es in den Teich. „…Das wäre ja der Hammer, wenn wir wirklich die Lottozahlen kennen würden!“, sagte er und starrte wie in Trance auf die Teichoberfläche. Jedes Mal, wenn ein Fisch sein Maul öffnete, musste Michi an die O´s in Lotto denken.
„Ja, das wäre wirklich der Oberhammer“, flüsterte Lenny und riss dabei die Augen auf.
Die Lottofee
Der Boden war mit dunklem Marmor gefliest und strahlte jene Kühle aus, welche Lenny im Sommer mehr liebte als alles andere auf der Welt. Einige Stufen führten
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