Die Qualen der Sophora
Augenhöhe zu sein und ihm zu beweisen, dass sie sich um ihn
kümmern wollte und keine bösen Absichten hatte.
„Thommy? Es tut mir leid… Ich habe gesehen, was mit dir passiert ist… Du
wolltest weglaufen, aber du warst nicht schnell genug… Erinnerst du dich? Du
wurdest mitten in der Brust getroffen…“
Der Junge schüttelte verständnislos den
Kopf und starrte sie an, als würde er sie nicht verstehen.
„Ich hab doch niemandem etwas getan! Ich wollte nur draußen einen Joint
rauchen… Dann spürte ich… an meinem Hals. Jemand stach in meinen Hals, dann
wurde alles Schwarz…“
Nico beugte sich nach vorne und besah
sich den Hals des Jungen von der Seite. Ihr Verdacht bestätigte sich also. Er
war das Opfer eines Aryaners geworden. Aber wer hatte ihn zur Strecke gebracht?
Das war keiner der Krieger gewesen.
"Du erinnerst dich nicht mehr, aber
du wurdest nicht nur am Hals verletzt. Die Verletzung in der Brust war…
tödlich, Thommy!“, erklärte Nico mit sanfter Stimme, ohne auf seinen Zustand
als Ghoul einzugehen, an den er sich nicht mehr erinnern würde. Es würde ihm
nichts nützen, wenn sie ihm sagte, dass sein Angreifer ihm einfach nur Erlösung
geschenkt hatte.
Nico konnte nicht anders, als mit dem
Jungen zu weinen, der unvermittelt in Tränen ausbrach, als ihm klar wurde, dass
sie ihm die Wahrheit gesagt hatte. Es war herzzerreißend, dass ein so junges
Leben einfach verschwendet worden war.
Sie sprach beruhigend auf ihn ein, während sie überlegte, wie sie etwas für ihn
tun konnte. Es musste schnell geschehen, vor Sonnenaufgang. Ansonsten würden
seine Eltern niemals erfahren, was mit ihm passiert war. Sie bat Mélusina den
Geist des Jungen an den Ort seines Todes zu begleiten, der ihn magisch anziehen
würde.
Nico wischte sich müde mit beiden Händen
über das Gesicht und sah dann zu Wendy auf, die ihr die ganze Zeit über,
schweigend zugesehen hatte.
„Ein Junge wurde getötet… Er war ein
Ghoul, aber er erinnert sich nicht daran. Ich habe Mélusina mit ihm an die
Stelle geschickt, wo ihn jemand getötet hat… Es war kein Krieger… Ich möchte
die Behörden alarmieren, damit sie ihn finden, bevor die Sonne aufgeht. Wegen
seiner Eltern, du verstehst? In den meisten Leichenhallen gibt es keine Fenster
und die Eltern werden ihn in seinem Zustand bestimmt nicht offen aufbahren… Es
bleibt natürlich ein kleines Restrisiko bestehen, aber das würde ich gerne
eingehen…“
Es dauerte nur eine Viertelstunde, bis
Mélusina mit dem Geist des Jungen zurückkehrte. Nico saß von innerer Unruhe
erfasst auf der Couch und hatte schon ihr Handy und einen Block bereit gelegt,
um sich die nötigen Notizen für den Anruf machen zu können.
Sie erledigte den anonymen Anruf bei der Polizei und legte danach mit
leichenblasser Miene auf, um zu Wendy aufzusehen.
„Der Junge ist in Greenpoint gestorben.
An einem Containerhafen. Er war dort in einem illegalen Club. Mélusina hat mir
gerade erzählt, dass sich dort gerade die Polizei eingefunden hat… Es ist in
der Gegend, die Ash und Damon auskundschaften wollten… Aber es waren nicht sie,
die den Ghoul getötet haben… Ich habe es in meinem Traum gesehen… Ich versteh das
nicht.“
War es Zufall, dass ein weiterer Jäger
sich in der Gegend aufgehalten hatte? Nicos Instinkte widersprachen dem sofort,
aber Genaueres konnte sie nicht sagen. Sie musste sich zuerst von Thommy
verabschieden, der nun seine Leiche gesehen hatte und endgültig wusste, dass es
für ihn kein Zurück ins Leben gab.
° ° °
Damon starrte weiterhin fassungslos ins
Leere, wo eben noch die ihm unbekannte Frau samt eines tollwütigen,
zähnefletschenden Köters gestanden hatte. Eine Immaculate?!
Unerträgliche Kopfschmerzen durchstachen seine Schläfen wie ein Blitz. Die
Erinnerungen an die geheimnisvolle Retterin war vergangen. Stattdessen spürte
er nun das Gewicht seines Kampfgefährten auf sich. Immer noch bewusstlos und
sehr schwer verletzt. Es hatte also ganz schön geknallt.
"Scheiße, Ash!“
Damon brauchte einen Moment, bis er sich
bewegen und Ash’ schweren Körper von sich rollen konnte und einen weiteren, bis
er die Schmerzen und den Schwindel überwunden hatte, um sich aufrichten zu
können. In seinem Oberkörper steckten vier Kugeln. Eine weitere hatte seinen
Oberschenkel durchschlagen und ein Fluch auf die Schweine, die ihm das angetan
hatten, war längst nicht genug, um ihn zu trösten. Sie mussten hier weg. Sofort
nach Hause in die Fortress, wo
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