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Die Qualen der Sophora

Die Qualen der Sophora

Titel: Die Qualen der Sophora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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von der Mutter erfuhren.
In ihnen beiden steckte so viel Schwäche, dass es unglaublich schmerzhaft war,
diese einzugestehen. Nico hatte dabei nicht gezögert. Niemals. Schwach zu sein
und sich so zu fühlen, war für die junge Sophora nie ein Problem gewesen. Für
Devena Imogen schon. Aubrey machte keine Anstalten, ihre Hand zu nehmen oder
auch nur irgendwie beizustehen. Er hatte ihnen so oft geholfen. Diesmal musste
sie ihre Entscheidung allein treffen. Als Patrona. Für ihren Sohn. Für das Wohl
von Nicolasa, die Aubrey sehr ans Herz gewachsen war und die er nur zu gern als
zukünftige Schwiegertochter in ihrer Familie begrüßen würde. Alles lag an
seiner Frau und an Damon, der nach dem Attentat hoffentlich nicht mehr so
borniert sein, sondern wieder zu sich selbst finden würde.
    „Die Sophora ist seine Soulmate.“, flüsterte sie mit
brüchiger Stimme in den Raum hinein. Reumütig und sich vollkommen dessen
bewusst, was ihre Ankündigung für Folgen haben würde.
    „Er wollte es nicht wahrhaben. Es bedeutet, dass er
der Auserwählte ist, der Nico umwandeln wird. Doch er kann es nicht. Es gibt
einen Grund, warum er sie von sich gewiesen hat. Wieder und wieder.“
Imogen schluckte, warf ihrem Mann einen hilfesuchenden Blick zu, doch dieser
zog nur auffordernd die Augenbrauen hoch. Das hier war eine Hochzeit, deren
Abschluss vollkommen ruiniert worden war. Die Braut musste vollkommen außer
sich sein. Ein gutes Ende stand momentan noch nicht zur Debatte, da Nico auf
und davon war. Man würde sie suchen müssen, sobald hier endlich Klartext
gesprochen worden war, statt sich ständig hinter irgendwelchen Mythen zu
verstecken, die Aubrey so langsam aber sicher auf den Keks gingen.
    „Nur weiter, Imogen. Nur weiter!“
    Betrübt sah sie zu Boden und knetete ihre Finger auf
Schoßhöhe, um sich Beschäftigung zu geben.
„Damon ist zu schwach. Damon hat noch nie jemanden umgewandelt, weil er es
nicht...weil er es nicht kann. Er... hat es einmal... versucht... vor langer
Zeit. Das Mädchen war schwer erkrankt. Er wollte sie nicht verlieren. Also
versuchte er, eine Lost Soul aus ihr zu machen, damit sie wenigstens in der
Nacht ein gemeinsames Leben haben konnten. Er trank von ihr, bis sie an der
Schwelle des Todes stand und gab ihr dann sein Blut. Das Mädchen kam nicht
wieder zu sich. Er rief nach mir und seinem Vater...“
    Tränen traten ihr immer heftiger in die Augen und
liefen ihre blass gewordenen Wangen hinunter, weil die Erinnerungen an die
Vergangenheit immer schmerzhaft waren und manchmal allzu präsent.
„ ...ich war zuerst da. Ich wollte das Mädchen sterben lassen. Ihre Zeit war
gekommen. Ob nun mit Damons Hilfe oder nicht. Ihr Tod war vom Schicksal
besiegelt. Damon hat gebettelt und gefleht, ich möge Virginie helfen, aber das
konnte ich nicht tun. Ich wollte eine Frau für ihn, die immer bei ihm sein
kann. Die nicht schwach ist sondern stark. Die ihm etwas bietet, die ihn
anleitet, die ihn...“
    „Genug jetzt, Imogen!“, platzte Aubrey dazwischen und
machte eine abfällige Handbewegung, da seine Frau in ihren Wunschvorstellungen
für die perfekte Ehefrau, die nicht einmal sie selbst sein konnte,
ausschweifend wurde. Er übernahm das Wort und erzählte die Geschichte für sie
zu Ende. Imogen zog sich ans Ende der Tafel zurück, wo sie sich erst einmal
einen ordentlichen Schluck Wein zur Beruhigung genehmigte, der jedoch
keineswegs gegen ihre Unruhe half.
    „Virginie lag im Sterben“, wiederholte der Lord und
die Art, wie er erzählte, ließ alte Zeiten tatsächlich wieder lebendig werden.
„Ich kam ins Schlafzimmer und fand sowohl Damon als auch Imogen außer sich vor.
Damon bettelte und bat. Er sagte, er würde diese Frau bis in alle Ewigkeit
lieben. Da ich selbst gern so geliebt worden wäre und ihm glaubte, half ich
ihm.“
    Imogen seufzte kaum hörbar auf. Sie hatte ihm den
Rücken zugewandt und drehte sich nicht zu ihm um. Es mochte schmerzhaft sein,
aber sie liebte Aubrey tatsächlich nicht so, wie er es für sich wünschte.
Gram furchte seine Mundwinkel und er schüttelte langsam den Kopf, weil es wohl
ein Fehler gewesen war, den er sich nicht so leicht verzeihen konnte.
    „Damon hat diese Frau geliebt und ich denke auch, er
hätte es bis ans Ende ihrer Tage getan. Leider sah es bei Virginie anders aus.
Sie hat es nicht lange bei ihm ausgehalten. Mehr als einmal hat sie ihm an den
Kopf geworfen, was für ein Fehler es gewesen war, sie leben zu lassen. Sie war
bereit gewesen zu gehen.

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