Die Qualen der Sophora
Manchmal ist es nahezu unmöglich, die Realität von der Vision zu
unterscheiden. Selbst mich führen Visionen manchmal noch in die Irre. Es
braucht sehr viel Zeit und Erfahrung, mit diesen Dingen zurecht zu kommen.
Nicht einmal ich kann mich in den Weg stellen, der Nicolasa vorbestimmt wurde.
Sie ist Teil der Quadruga… Verstehst du, Catalina?“
Cats Wut war schon längst verraucht. Astyanax hatte
nicht auf ihre Provokation reagiert und auch die nordische Walküre im Zaum
gehalten. Am meisten war sie sowieso auf sich selbst wütend, weil sie diese
Katastrophe nicht hatte verhindern können.
Wenn Damon tatsächlich Nicos Soulmate war, dann konnte man ihr überhaupt nichts
vorwerfen. Die Anziehungskraft war einfach zu groß. Sie hatte es selbst erlebt
und bei Romy und Wendy mit angesehen. Es gab kein Entkommen, wenn man sich
dagegen sträubte, dann musste man doch wahnsinnig darüber werden!
Selbst jetzt mit dem Gedanken, dass sie seinen Vater geschlagen hatte, wollte
sie am liebsten Schutz in Nathans Armen suchen, weil seine Nähe ihr Kraft gab
und sie dort Trost für ihre unbedachte Tat finden würde. Sie blieb jedoch, wo
sie war und hörte dem Orakel aufmerksam zu.
„Verdammt!“, murmelte sie leise, als ihr klar wurde,
was mit der letzten Frage gemeint war.
„Ich verstehe nur zu gut! Nico hat noch nicht genug
gelitten… Wir nahmen es alle nur an, weil sich keiner von uns vorstellen kann,
was es bedeutet, von klein auf von verstorbenen Seelen aufgesucht zu werden. Es
hat sie wohl mitgenommen, aber niemals so sehr, dass sie darüber zerbrochen
wäre, weil ihr Vater immer für sie da war… Und nun hat sie ihn zurückgelassen
und steht völlig allein da. Keiner von uns kann in dieser kurzen Zeit, die wir
einander kennen, seinen Platz einnehmen. Keiner außer Damon!“, schloss Cat
ziemlich bitter, weil sie es als persönliches Versagen einstufte, Nico nicht
mehr Unterstützung bieten zu können.
Das Orakel neigte das Haupt und lächelte gequält, weil
sie sich keinesfalls gerne in der Position befand, harte Wahrheiten
auszusprechen. Gegen die Vorbestimmung konnte niemand angehen. Selbst wenn man
es vorher wusste, gab es kein Entkommen allerhöchstens Verzögerungen.
„Trotz allem hätte Nicolasa mehr Zeit bleiben müssen… Ich kann leider nicht
sehen, was die Dinge beschleunigt hat. Etwas ist aus dem Gleichgewicht geraten,
ansonsten hätte sie niemals die Vision der Quadruga gehabt, bevor sie nicht
umgewandelt wurde. Es ist an dir zu entscheiden, Catalina, ob diese Sache noch
heute Nacht geklärt werden soll… Soll ich jemanden schicken, sie zu suchen und
zurück zu holen?“
Cat fühlte sich, als hätte jemand einen Kübel
eiskaltes Wasser über sie geschüttet. Eine unangenehme Gänsehaut breitete sich
auf ihren Armen aus und sie zitterte leicht, obwohl sie nicht einmal blinzelte,
während sie den Blick des Orakels erwiderte.
Sie war hin und her gerissen. Nico wollte allein sein, sie war bestimmt nach
Haus in ihr kleines Apartment gefahren. Ihr jetzt eine Horde Enforcer auf den
Hals zu hetzen, würde doch alles nur schlimmer machen. Natürlich musste geklärt
werden, was genau in der Noctis Transitus passiert war, aber dann doch lieber,
wenn die Gemüter sich beruhigt hatten und sie beide das unter vier Augen klären
konnten. Das Thema war viel zu persönlich, um es unter den Augen von so vielen
wichtigen Immaculate zu besprechen. Das wäre ihr auch gegen den Strich
gegangen.
„Nein… Ich möchte sie nicht so sehr bedrängen. Für
heute Nacht ist es genug! Ich kümmere mich gleich Morgen selbst darum“, wehrte
Cat den Vorschlag ab und hatte dabei ein schlechtes Gefühl, das sie nicht
einordnen konnte. Schuldgefühle vielleicht… Weil sie sich Nico gegenüber wie
ein Versager vorkam.
Sie wandte sich mit einem etwas zittrigen Lächeln an ihren (vielleicht nicht
mehr) zukünftigen Schwiegervater, um genau vor ihn zu treten und mit klarem
Blick zu ihm aufzusehen, der allerdings kein Bedauern oder Unterwürfigkeit
ausdrückte.
„Ich stehe zu meinen Worten und Taten. Immer! Allerdings
sollte ich wohl etwas mehr Zurückhaltung an den Tag legen, wenn ich es mit so
mächtigen Kriegern zu tun habe… Ich kann mir kaum anmaßen, nach so einer so
kurzen Begegnung ein Urteil über einen Mann zu fällen, der schon vor
Jahrhunderten siegreich in Schlachten gezogen ist, die alles verblassen lassen,
was ich jemals erlebt habe. In so einem Fall würde ich aber wohl auch in
Zukunft nicht anders handeln. Ich habe
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