Die Qualen der Sophora
gesprochen und wie mir scheint, liegt hier
einiges im Argen.“
Tiponi blinzelte, als würden die ersten Strahlen
bereits in ihren Augen brennen. Doch die dichten Vorhänge waren geschlossen und
das Fenster ebenfalls. Liebe konnte einem ungeheure Schmerzen zufügen. Ein
Grund mehr, sein Herz ewig davor zu verschließen und diesen Schmerz für immer
daraus zu verbannen. Damon Arcus hatte Glück, an Nicolasa geraten zu sein. Das
Mädchen würde ihm wohl alle Sünden der Welt verzeihen, die er auf seine breiten
Kriegerschultern geladen hatte. Tiponi hätte ihm schon nach der ersten
Verfehlung die Hölle auf Erden bereitet. Nein, wenn sie ehrlich war, wahrscheinlich
erst nach der dritten oder vierten. Sie war bei weitem nicht so selbstbewusst,
wie sie auftrat.
„Erzählt mir von Euch. Wo kommt Ihr her, Sophos?“,
fragte sie leise, da Damon sich schon wieder hin und her wälzte. Sein Innerstes
reagierte auf den anbrechenden Tag und sie strich ihm noch einmal behutsam über
den Kopf, was die Unruhe plötzlich eindämmte. Unwillkürlich musste sie an
Theron denken. Er wollte wissen, wenn sie ungefragt die Schwäche seiner Krieger
ausnutzte. Dabei nutzte sie niemanden aus. Sie versuchte nur zu helfen.
„Was hat es mit Euren Augen auf sich? Was seht Ihr und
was nicht? Ihr seid mir schon gestern während der Zeremonie aufgefallen. Euer
äußeres Erscheinungsbild ist doch recht...ungewöhnlich.“
Es sollte nicht abwertend oder herablassend gemeint
sein, als sie das sagte. Sie dachte nur genau wie Chryses an die Aryaner, die
ihm oberflächlich glichen, die ihre Haare auch gern lang trugen. Wenngleich
King bei der Wahl seiner Kleidung schon guten und vor allem teuren Geschmack
bewies und so gar nichts Niederträchtiges oder Böses in sich zu haben schien.
Sie war ehrlich interessiert und meinte damit auch die
spirituelle Ebene seiner Visionen. Er übte eine gewisse Faszination auf sie
aus, ohne dass sie ihn irgendwie körperlich anziehend fand. So wie er sie für
etwas Besonderes hielt, hielt sie ihn ebenso dafür. Es war fast so, als würde
man einen Zoo besuchen und nun nicht festlegen können, wer hier die eigentliche
Attraktion des Hauses war. Damon hatte in jedem Fall nur die Rolle der Gitterstäbe.
Das Bett stand zwischen ihnen und Tiponi verließ ihre Seite nur, um Tee
einzugießen, dessen Blätter sie selbstverständlich nicht selbst trocknete und in einem Beutel an
ihrem Gürtel aufbewahrte. Sie bevorzugte eigentlich Kaffee. Schwarzbraun wie
ihre Augen, die King einen weiteren kurzen Blick zuwarfen, um ihn zu fragen, ob
er Milch und Zucker wollte, nachdem er seine Wahl zwischen Tee und Kaffee traf.
Hatte man ihm bereits erzählt, wie selten man auf einen Mann seines Status
traf? Er war ein Breed. Er unterstand Devena Romana, wenn sie sich nicht irrte.
Das war gut. Devena Catalina war ihr nicht ganz geheuer. Zu viel Feuer, das
heiß brannte und kaum gelöscht werden konnte.
„Natürlich müsst Ihr nicht mit mir sprechen. Die
Tri’Ora sind in diesen Kreisen nicht sonderlich hoch angesehen. Falls man Euch
von mir berichtet hat und auch Euch der Befehl gegeben wurde, sich von mir fern
zu halten, werde ich selbstverständlich gehen.“
Sie nickte traurig und Rowtag ließ sich demonstrativ zu Kings Füßen neben dem
Stuhl auf einem weichen Teppich nieder, um nach dem üppigen Gelage in der Küche
ein weiteres Nickerchen zu halten.
„Lass dich nicht in die Irre führen, King! Das Ansehen
der Tri’Ora ist in diesem Hause unangetastet! Niemand würde es hier wagen, eine
Schwester dieses Bundes die Tür zu weisen… Guten Morgen, ihr beiden!“, begrüßte
Theron sie mit tiefer grollender Sprechweise, wobei er Tiponi in ihrem etwas zu
legeren Aufzug kaum eines Blickes würdigte.
Es reichte ihm vollkommen, dass sie ihm praktisch
unterstellte, den Orden nicht genug zu würdigen. Seine Krieger benötigten ihre
Dienste in der Neuzeit kaum noch, weil sie die medizinische Versorgung selbst
übernommen hatten, allerdings lebten genug Immaculate zurück gezogener oder
hielten an den alten Lebensweisen fest, weil sie der modernen Medizin
misstrauten. Auch im Heute hatte der Orden einen wichtigen Platz in der
Gesellschaft.
Wenn man eine solch herausragende Stellung einnahm, dann traf man auch auf
Vorurteile, die auf Angst und Unwissenheit basierten. Gewöhnliche Immaculate
erschreckten sich genauso, wenn sie einem Krieger gegenüberstanden, aber über
solche Regungen sahen sie alle hinweg. Es lenkte nur von den
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