Die Qualen der Sophora
dass er seine Entschuldigung annahm, die mit einer
Wiedergutmachung bei Nico null und nichtig werden würde.
Damon verzog unschlüssig die Mundwinkel und nahm einen
Schluck von dem heißen Tee. Er sollte die Karten offen auf den Tisch legen und
sich das Vorgeplänkel sparen. Es ging hier nicht darum, King zu beweisen, dass
er sich ändern konnte, sondern um Nico. Natürlich meinte er seine
Entschuldigung ehrlich, doch sie war im Grunde nur Mittel zum Zweck.
„Weißt du, wo sie hingegangen ist? Ich muss mit ihr
sprechen. Je schneller desto besser.“
„Sie war außer sich, als sie dabei zusehen musste, wie
diese... Walküre die Sichel in Ihre Brust gerammt hat. Sie
hat immer wieder betont, dass alles ihre Schuld gewesen sei. Sie wäre die
Verführerin und nicht die Verführte gewesen. Ich bin geneigt, ihr zu glauben,
weil sie niemals lügen würde… Wobei sie kaum aus niederen Motiven heraus so
gehandelt hätte. Devena Catalina war derselben Meinung, schien sich aber genau
an diesem Verhalten gestört zu haben, das so gar nicht zu Nico passen will.
Aber vielleicht bringt ein Gespräch mit ihr etwas mehr Klarheit… Nico ist
vollkommen überstürzt davon gelaufen, wir konnten sie nicht mehr aufhalten. Ich
denke, sie ist zuhause in der Stadt.“
Allein in ihrer Wohnung, wo sie bestimmt von heftigen
Schuldgefühlen heimgesucht wurde.
Derweil in der Stadt
Nico drückte die Tür hinter sich ins Schloss und ließ
sich dann mit einem müden Seufzen mit dem Rücken schwer gegen das Türblatt
fallen. Sie war so erschöpft, dass sie nicht einmal wusste, wie lange sie unten
in dem geklauten Wagen gesessen hatte. Im Dunkeln taumelte sie in Richtung
Badezimmer, wo sie sich mit zitternden Händen auszog, weil sie noch mit Damons
Blut besudelt war. Der Geruch schien immer intensiver zu werden, je stärker sie
seinen Verlust empfand. Sie stieg in ihre altmodische Wanne, ohne das freudige
Gefühl von Besitzerstolz dabei zu verspüren, das sie sonst dabei überkam. Sie
wartete nicht einmal darauf, dass das Wasser warm wurde, wusch sich mit dem
eiskalten Rinnsal, weil sie sich tief drinnen noch viel kälter fühlte. Sie
würde niemals wieder Frieden oder Wärme verspüren. Sie war wie erstarrt, als
hätte ihr Herz aufgehört zu schlagen, doch dann und wann verspürte sie einen
ziehenden Schmerz, der sie daran erinnerte, dass es niemals aufhören würde.
Mit einem trockenen Schluchzen umfasste sie ihr
rechtes Handgelenk, wo sie noch den Griff des grausigen Mannes spürte, dem sie
nicht hatte entkommen können. Er hatte verhindert, dass sie Damon vor dieser
Furie hatte beschützen können. Nicos Lippen zitterten, doch es kam kein
weiterer Ton darüber. Sie hatte auch keine Tränen mehr. Sie würden nicht
ausreichen, um den Schmerz über den Verlust ihrer unschuldigen Seele auszugleichen.
Die harten Worte des alten Kriegers hatten sich auf ewig in ihr Gedächtnis
eingebrannt.
Im Schlafzimmer warf sie sich eine leichte Tunika
über, deren Farbenspiel sie sie keine weitere Beachtung schenkte. Sie hatte nun
einmal nichts Gedecktes in ihrer Garderobe und es war auch völlig gleichgültig,
was sie am Leib trug. Es wäre wie alles andere nur ein weiteres Büßerhemd.
Die Sachen, die sie getragen hatte, tat sie in einen Müllbeutel, den sie in den
Gang stellte. Irgendwann glitt sie müde auf den Stuhl in der Küche, an dem sie
gesessen hatte, als sie Damon über ihre wahre Herkunft erzählt hatte. Sie
konnte ihn praktisch neben sich stehen sehen.
Hätte sie nur niemals in
seine Augen gesehen! Hätte sie nur nicht… Doch das nutzte nichts, sie allein trug die
Verantwortung für ihre fehl geleiteten Gefühle.
Ihre Seele war wund und jede Empfindung fühlte sich
wie eine weitere unerträgliche Verletzung an, die eine dunkle Schwärze
hinterließ, die sie innerlich zerfressen würden. Die eigene Schuld wütete wie
ein Ungeheuer in ihr, dem sie nichts entgegenzusetzen hatte.
Nico wusste nicht, was sie tun sollte. Am liebsten hätte sie ihre Koffer
gepackt und wäre zu ihrem Vater nach Hause gefahren, der bisher noch nichts
über ihren Kummer wusste. Nico schämte sich zu sehr, um ihm ihren Moment der
absoluten Schwäche einzugestehen. Er machte sich schon genug Sorgen um sie. Und
sie hatte keine Wahl. Sie musste bald umgewandelt werden, es gab kein
Entrinnen.
Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Es
konnten Minuten aber auch Stunden gewesen sein. Das Klingeln an der Tür riss
sie aus ihren trüben Gedanken. Sie dachte
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