Die Qualen der Sophora
flüsterten.
Als das riesige Portal von Orsen geöffnet wurde und
Damon mit einem leblosen Bündel Mensch über die Schwelle trat, war es für Cat
ein Schock, weil ihr Alptraum brutale Wahrheit zu werden schien. Sie war so
voller Sorge und von den wiederholten Bildern, die sie ihm Schlaf heimgesucht
hatten, verwirrt, dass sie Flavia Halos praktisch in die Arme lief, die sie mit
festem Griff an sich zog, obwohl Cat sich mit aller Macht gegen sie zur Wehr
setzte.
„Halt still, Mädchen, oder ich muss dir wehtun! Es
geht deiner Sophora gut! Es sieht schlimmer aus, als es ist. Lass die
Krankenpfleger die Arbeit übernehmen. Beruhige dich! Du hilfst ihr nicht, wenn
du die Nerven verlierst!“, verlangte Flavia mit fester Stimme, die ihre Wirkung
auf Cat nicht verfehlte.
Sie wandte abrupt den Kopf, als sie tapsende Schritte
hinter sich auf der Treppe hörte, die von Romy verursacht wurden. Sie sah
genauso fertig aus, wie sie sich selbst fühlte und war genauso nachlässig
gekleidet wie sie selbst. Anscheinend in das Hemd von Rys, der ihr mit
finsterem Blick aber langsameren Schrittes hinterher kam. Sie war ebenfalls
barfuß und ihre Haare noch vom Schlaf zerwühlt, als wäre sie aus dem Bett
gesprungen, weil sie genauso böse Vorahnungen wie sie gehabt hatte.
Sie blieb auf der letzten Stufe stehen und war so in Augenhöhe mit Damon, der
sich eben anschickte, das verletzte Mädchen nach oben zu tragen. Ihre Wangen
wurden beinahe so blass wie die von Nico und ihre Augen überzogen sich mit
einem Tränenschleier, als sie Nico erkannte, die so hilflos in Damons Armen
lag.
„Es… geht mir… gut… Macht euch… bitte keine Sorgen…“,
flüsterte Nico, deren leise Stimme sich in der hohen Halle verlor.
Allerdings klang ihre Stimme so schwach und kraftlos,
dass die beiden Frauen ihr das nicht eine Sekunde abnahmen. Romy klammerte sich
so fest an den Lauf der Treppe, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten und
ein weniger stabiles Geländer ganz sicher in seine Einzelteile zerlegt hätte.
Aber sie hatte sich weit besser in der Gewalt als Catalina, deren Temperament
wie heiße Flammen aus ihr hinauszuschießen drohte, wo doch auch ihr Soulmate
nirgends zu sehen war.
„Damon bring das Mädchen auf ihr Zimmer! Jackie und
King werden sich um ihre Versorgung kümmern“, verkündete das Orakel, das eben
die Halle mit wehenden weißen Gewändern betrat.
„Catalina… Jagannatha und Theron sind in der Stadt,
sie werden sich uns gleich anschließen und Bericht erstatten. Nicolasa wurde
rechtzeitig gerettet, das sollte dir vorerst genügen. Wir werden die Sache
klären, sobald die Krieger wieder im Schloss sind. Solange solltet ihr die Zeit
nutzen, euch zu stärken und umzuziehen. Muss ich Flavia auftragen, dich zu
begleiten, oder wirst du die anderen ihre Arbeit in Ruhe erledigen lassen?“,
wandte sie sich an die beinahe schnaubende Kriegerin, deren Augen auch ohne
rotes Glühen zu brennen schienen.
Man konnte beinahe hören, wie die junge Frau mit den
Zähnen knirschte, um dann nachzugeben, so dass Flavia ihren schraubstockartigen
Griff um sie löste. Sie trug schon ihre Montur und sah nicht so aus, als wäre
gut mit ihr Kirschen essen. Jeder andere hätte sich wohl davon einschüchtern
lassen. Aber eine Kriegerin, die Astyanax einen Kinnhaken verpasste, war wahrscheinlich
durch nichts aufzuhalten. Ihre Zeit würde noch kommen.
„Man hätte mir sagen müssen, dass es Nico so schlecht
geht! Sie gehört zu mir!“, brachte Cat mit bebender Stimme hervor, die Romy
veranlasste an ihre Seite zu eilen und einen Arm um sie zu legen. Sie flüsterte
ihr etwas ins Ohr, das Cat dazu veranlasste, das Gesicht zu verziehen.
„Hör auf deine Mitstreiterin und lass sie die Glut
verlöschen, bevor du dich davon blenden lässt, Catalina! Es ist Vollmond! Du
wirst bald genug nicht mehr so sehr davon aus der Bahn geworfen werden, aber
solange solltest du dich nicht scheuen, die Hilfe der erfahreneren Septentrio
anzunehmen. Nicolasa braucht Ruhe, bevor sie mit Fragen überfallen wird, die
sie noch früh genug verfolgen werden.“
Cats Lippen formten einen unwilligen Schmollmund, aber
in ihren Augen konnte man die Erkenntnis ablesen, dass sie dem Orakel und Romy
Recht geben musste. Aber nach dieser Nacht war eine erneute Konfrontation mit
Nicos Unglück beinahe unerträglich. Romy zog sie wieder zur Treppe, wo sie kurz
Rys’ Hand in ihre nahm und sie drückte, um ihm eine stille Botschaft zu
schicken, dass sie sich zuerst um Cat
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