Die Qualen der Sophora
zurück über die Büsche
springend in Richtung Haus.
"Das ging aber
schnell!"
Damon runzelte nur
gelangweilt die Stirn und wischte sich mit dem Handrücken die kleinen
Blutstropfen fort, die aus dem Striemen tropften. Es würde höchstens eine
Minute dauern, bis nichts mehr davon zu sehen war. Da konnte sie ihm gleich
noch mal ins Gesicht speien, wie sehr sie ihn doch hasste.
Drei Jahre später; Herbst
1798
Im August des Jahres kämpfte
Lord Admiral Horatio Nelson eine erbitterte, brutale Schlacht gegen den
französischen Admiral Brueys auf dem Nil vor Aboukir Bay. Das Blau des Meeres
ging wie der wolkenbehangene Horizont im Hintergrund in Rauch und Flammen
unter. Die englische Kriegsflotte schien den Gegnern in Schiffen und Kanonen
unterlegen, doch gelang es den Briten mit fulminantem Geschick und einer
geschichtsträchtigen Taktik, ihre Gegner zu besiegen und einen Verlust zu
bescheren, den sie niemals vergessen und Admiral Nelson zu einer der
herausragendsten Persönlichkeiten machen würde, die es jemals in der Geschichte
des ruhmreichen, britischen Empires gegeben hatte.
Ganz anders dagegen schrieb
sich die Geschichte des jungen Damon Archer, der innerhalb von drei Jahren nach
harter Arbeit an sich selbst und angemessener Bestrafung bei Fehlverhalten die
Prüfung als Leutnant hatte ablegen und bestehen können. Seine Zeit als
Midshipman war somit gezählt und nichts hätte das Herz seines Vaters mehr
erfreuen können, als dass sein Sohn endlich Ambitionen in seiner
Militärkarriere zeigte.
Doch Lord Blake Aubrey
kochte vor Wut, als das kleine Ruderboot am Hafen von Portsmouth andockte und
sein Sohn in Ketten gelegt an Land gebracht wurde. Wenigstens blieb Lady Imogen
der verwahrloste Anblick Damons erspart, dessen Äußeres dem eines
heruntergekommenen Landstreichers glich, der sein Dasein in einer der
zahlreichen Spelunken Englands fristete. Von dem ansehnlichen jungen Mann aus
gutem Hause war kaum etwas übrig. Seine hochgewachsene Gestalt ließ sich nicht
verleugnen, aber der Rest...
Damons hellbraune Haare
hingen nach einem halben Jahr Gefangenschaft im maurischen Kastell in Gibraltar
strähnig ungepflegt auf den Schultern. Er trug einen filzigen langen Bart, in
dem es vor Läusen nur so wimmelte und die er Art, wie er sich in den Ketten
bewegte, ließ vermuten, dass dies nicht die einzige Stelle war, an der ihn das
Ungeziefer plagte. Unter den immer noch trotzig blitzenden Augen lagen
tiefdunkle Schatten, die Kleider, einstmals eine schmucke Uniform, schlackerten
um Damons schmal gewordenen Leib und waren genauso schäbig wie Damons ganzer
desolater Zustand. Er hatte ja unbedingt das Schicksal seiner Kameraden, denen
er bei einer Meuterei geholfen hatte, teilen müssen und trotz seiner besseren
Herkunft eine adäquate Unterkunft verweigert, die ihm von Rechts wegen
zugestanden hätte. Von Portsmouth begnadigt, nach Gibraltar geschickt und
wieder zurück.
Lord Aubrey verzog
angewidert das Gesicht, obwohl Damons geschundener Anblick schon so etwas wie
Beschwichtigung auf seinen Zorn ausübte. Viel fehlte nicht und er hätte seinem
Sohn ins Gesicht geschlagen. Er war eine Schande. Sowohl für die Familie, als
auch für die Royal Navy, aus der man ihn soeben unehrenhaft entlassen hatte.
Damon konnte froh sein, überhaupt noch zu leben, was wohl auch nur seiner
Unsterblichkeit zuzuschreiben war.
„Es ist schön, Sie zu sehen,
Sir!“
Leutnant Archer bemühte sich
um eine aufrechte Position, in der er seinen Vater, der ihn an Land erwartete,
in die Augen sehen konnte. Doch die bescheidene Länge seiner Handfesseln, die
durch eine breite Kette mit denen an seinen wieder und wieder wundgescheuerten
Fußgelenken verbunden war, machte Höflichkeit unmöglich.
„Ich wünschte, das Vergnügen
wäre von meiner Seite aus irgendwie zu erwidern.“
Aubrey blieb kühl, als Damon
linkisch in Begleitung des ersten Offiziers und eines anderen Kadetten vorbei
geführt und zu einer Kutsche gebracht wurde, die in den Docks auf den
Gefangenen wartete. Es hatte einiger harter Verhandlungen bedurft und der
Fürsprache des Lord Admiral Villefort, dem Damon vor drei Jahren bis zu einem
Schiffswechsel gedient hatte, bis sich die Royal Navy dazu entschließen konnte,
den Gefangenen Archer nach England in seine Heimat übersiedeln zu lassen. Brief
und Siegel zur rechten Zeit am rechten Ort und Damon durfte den Rest der Strafe
in Portsmouth absitzen.
Die Kutsche besaß
vergitterte Fenster und ihr Inneres machte nicht
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