Die Qualen der Sophora
weil er um
ihren Status wusste) hatte sich telefonisch bei jemandem abgemeldet und ihn
dann gebeten, kurz auf sie zu warten, weil sie sich schnell umziehen wollte.
Als sie wieder die Treppen zu ihrem
Apartment herunter kam, trug sie eine Ledermontur, die etwas heller als seine
war. King erkannte einen Grünton, den er ins Moosige einstufen würde. Draußen
hatte ein Motorrad gestanden, das hatte er aber nicht der Frau zugeordnet, weil
sie ihm dafür einfach zu weiblich erschienen war. Die Maschine schien ziemlich
neu und die Chromteile blitzten im Sonnenlicht. Er hatte keine Bedenken, sich
ihrer Führung anzuvertrauen, da sie ja über enorme Körperkräfte verfügen musste
und somit spielend mit der schweren Maschine zurecht kommen würde.
Etwa eine Dreiviertelstunde später
hatten sie ihr Ziel erreicht: Ein vierstöckiges rotes Backsteinhaus, in dessen
Erdgeschoss eine Kindertagesstätte untergebracht war. In der Etage darüber saß
ein Architekturbüro und in den letzten beiden Etagen wohnte die Familie, die
auf seine Unterstützung wartete.
Die Kinder waren alle schon nach Hause gegangen und in den Büroräumen herrschte
ebenfalls ungewöhnliche Stille. Es dauerte nicht lange, bis jemand ihm die Tür
öffnete, nachdem er geklingelt hatte. Er besaß eigentlich Schlüssel für die
Wohnung, doch er wollte sich lieber anmelden. Die Nerven der Eltern waren schon
angespannt genug.
„Shane… Ich habe wie versprochen Hilfe
gebracht!“, begrüßte King seinen langjährigen Freund, der ziemlich mitgenommen
wirkte.
„King! Gott sei Dank! Carrie wird so
froh sein, dich zu sehen! Ich kann sie kaum beruhigen!“
King erwiderte die brüderliche Umarmung,
weil er spürte, dass sein Freund all seine Kraft aufgebraucht hatte, um seine
Frau zu trösten. Er hatte sie nur ungern im Ungewissen gelassen, aber er konnte
ja nicht versichern, dass er die versprochene Hilfe auch wirklich besorgen
konnte.
Romy wartete still im Hintergrund,
während sie ihren neuen Klienten musterte. Ein ziemlich gut aussehender Mann
mit kurzen, dunklen Haaren, dessen blaue Augen von dunklen Schatten unterlegt
waren. Man sah ihm deutlich an, dass er sich schreckliche Sorgen machte. Es
machte ihn gleich sympathisch, wie er mit seinem Freund umging. Offen und
herzlich, obwohl er um dessen Fähigkeiten wusste. Zumindest teilweise.
„Shane… Das ist Romana Kiss, sie ist
Privatdetektivin und auf Vermisstenfälle spezialisiert, sie war früher bei der
Polizei. Romy… Das ist Shane Bristow, Fays Vater“, wurden sie einander
vorgestellt und schüttelten sich die Hände.
„Kommen Sie rein… Meine Frau wartet im
Wohnzimmer“, bat der Hausherr, der sich anscheinend zum wiederholten Mal durch
die dunklen stacheligen Haare fuhr, so dass sie in alle Richtungen abstanden.
Sein zerknittertes Oberhemd sah aus, als hätte er darin geschlafen, wenn
überhaupt. Ginge es um Bekky, hätte sie an seiner Stelle bestimmt auch kein
Auge zugetan.
Romy verspürte einen leisen Stich in der
Herzgegend, als sie die junge Frau, die nur unerheblich älter als sie sein
konnte, auf der Couch erblickte. Sie lag auf dem Rücken und man konnte deutlich
ihren gewölbten Leib erkennen. Sie musste schätzungsweise im sechsten oder
siebten Monat sein.
Allein das Wissen, dass sie selbst
irgendwann Mutter werden konnte, hatte sie mit Unglauben und Ehrfurcht erfüllt.
Sie hatte ja bisher gedacht, unfruchtbar zu sein, doch seit der Sache mit Rys,
die gestern Nacht passiert war, wusste sie nun, dass ihr Körper nur eine kleine
Eingewöhnungszeit brauchen würde, bis sie schwanger werden konnte. Natürlich
wollte sie nichts überstürzen, sie hatte ja nun alle Zeit der Welt, aber der
Gedanke, dass sie mit Rys Kinder haben konnte… Sie zwang sich dazu, sich auf
das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Der Vollmond und ihre Hormone hatten
gerade mal gar nichts zu melden. Das wäre ja noch schöner. Es ging um ein
vermisstes Kind, das hatte nun oberste Priorität.
„Carrie…? King ist wieder da! Er hat
eine Privatdetektivin mitgebracht, die uns helfen wird! Das ist Romana Kiss, Cariño *“,
flüsterte der Ehemann und strich seiner Frau zärtlich über das blasse Gesicht.
(*Liebling)
Sie sahen beide eigentlich viel zu jung
aus, um Eltern eines beinahe erwachsenen Kindes zu sein. Nur der Schmerz in den
dunklen Augen der Mutter ließ erahnen, dass sie wahrscheinlich selbst sehr jung
erwachsen geworden waren. Eine Teenagerliebe, die so lange gehalten hatte?
King kniete sich an das Ende
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