Die Qualen der Sophora
Augen und ergab
sich der süßen Schwäche, die seine Nähe in ihr auslöste. Sie wollte gerade
nirgends anders sein und wünschte sich fast, dass sie nicht nur den Mond als
Ausrede vorschieben musste, um offen zu ihren Wünschen stehen zu können.
Trotzdem wagte sie es nicht, die Gefühle für ihn weiter zu analysieren. Sie war
immer noch unsicher und musste irgendwie damit klar kommen.
Freitag, 27. Juli; nachmittags…
Romy saß in ihrem Büro und erledigte
Papierkram, der ihre letzten Fälle betraf. So langsam bekam das Geschäft Aufschwung,
weil sie sich einen Namen gemacht hatte, dass sie das Unmögliche zu schaffen
schien. Sie war nicht wählerisch, was ihre Klientel betraf. Privatpersonen,
Polizei oder Versicherungen. Hauptsache, sie war beschäftigt.
Immerhin hatte sie zwei Fulltime-Jobs, so dass nicht viel Zeit für anderes
blieb. All die angehäuften Verpflichtungen sollten verhindern, dass sie zu sehr
an die Leere dachte, die in ihrem Inneren herrschte. Sie hatte keine Ahnung,
wie lange sie so weiter machen konnte, wenn sie sich ständig im Eagle Building
aufhielt.
Rys musste sich nicht einmal im selben
Raum aufhalten, um dieses nagende Gefühl in ihr auszulösen, das mit den Wochen
nur schlimmer zu kontrollieren wurde. Selbst nach der letzten Nacht war ihr
inneres Dilemma nicht damit gelöst, sein Blut zu trinken und wieder und wieder
mit ihm zu schlafen. Es war absolut phantastisch, keine Frage, aber sie war
sich eben nicht sicher, wohin das Ganze führen sollte. Sie brauchte geordnete
Verhältnisse in ihrem Privatleben, aber das Leben ließ sich eben nicht
etikettieren. Vielleicht sollte sie lernen, manche Dinge lockerer zu sehen?
Auf der Uhr des Computers stellte sie
mit einem Seitenblick fest, dass sie den Laden bald abschließen konnte. Es war
Zeit, sich um das Training zu kümmern, das sie viel besser von Grübeleien
abhalten würde als trockene Buchhaltung, weil es höchste Konzentration
erforderte, von Cat nicht zu Kleinholz verarbeitet zu werden.
Das leise Klimpern des kleinen
Glöckchens an der Tür ließ sie überrascht aufsehen, weil sie nicht damit
gerechnet hatte, noch Kundschaft zu bekommen. Vielleicht war es ja ihr
übereifriger, kleiner Helfer, der ein paar Kekse abstauben wollte?
Sie sah über den Bildschirm ihres Laptops zur Tür und riss die Augen ungläubig
auf.
Dort stand der schönste Mann, den sie
jemals in ihrem Leben gesehen hatte. Sie war sonst nicht unbedingt empfänglich
für Äußerlichkeiten, aber der Typ sah so aus, als wäre er eben der Kinoleinwand
entsprungen. Er hätte Keanu Reeves in Matrix locker an die Wand spielen können.
Von Kopf bis Fuß war er in schwarzes Leder gehüllt, trug einen langen Mantel,
der bis zu den Knöcheln reichte, die Füße in solidem Schuhwerk, während die
Lederhosen auf festen Schenkeln saßen. Eine schmale Sonnenbrille verdeckte die
Augen in einem fein geschnittenen Gesicht mit gerade Nase, hohen Wangenknochen
und einem sinnlich geschwungenen Mund. Aber am besten gefielen Romy die langen,
rabenschwarzen Haare, die ihm über die Schultern flossen und ihm bis zur Taille
reichten. Er schien beinahe schon surreal, weil es solch unglaublich gut
aussehenden Typen eigentlich nur in Comics geben konnte.
Romy neigte in letzter Zeit extrem zu
Tagträumen, aber darin spielte nur ein Kerl die Hauptrolle und den konnte man
kaum als schön bezeichnen. Trotzdem reichte allein der Gedanke an Rys, dass ihr
Herz raste und die Gefühle hoch kochten. Es war nicht gerade beruhigend zu
wissen, dass sie die nächsten Tage geradezu unzurechnungsfähig sein würde. Der
Vollmond nahte unaufhaltsam und machte sie total verrückt. Verrückt nach Rys .
„Guten Tag, was kann ich für Sie tun?“,
begrüßte sie den Mann immer noch skeptisch, was ein Typ wie er von ihr wollen
könnte. Irgendetwas an ihm sprach sie unheimlich an, was aber nichts mit seinem
guten Aussehen zu tun hatte. Sie überlegte, ob sie ihn schon irgendwann einmal
gesehen hatte, doch in dem Fall hätte sie ihn garantiert niemals vergessen.
„Verzeihen Sie mir bitte, wenn ich
unangemeldet zu Ihnen vordringe, Miss Kiss! Ich hätte es niemals gewagt, wenn
Nico sie mir nicht wärmstens empfohlen hätte! Mein Name ist Cong Shé Zhao, aber
Freunde nennen mich King! Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir ein paar
Minuten Ihrer kostbaren Zeit schenken könnten!“, sprach der Fremde mit angenehm
tiefer Stimme und verbeugte sich dann auch noch vor ihr, so dass Romy beinahe
versucht war, es
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