Die Qualen der Sophora
an massivem Blutverlust starben.“
Kings Augen leuchteten gespenstisch auf,
als er einen wütenden Blick in den Himmel warf, als wollte er der Gottheit, die
eigentlich über sie wachen sollte, einen Vorwurf machen, sich nicht genügend um
seine vermeintlichen Schützlinge gekümmert zu haben.
Ohne sich davon abhalten zu lassen,
seine Freundin schnell auf Knochenbrüche und andere Verletzungen zu untersuchen,
die Rys nicht mit seinen Sinnen wahrnehmen konnte, hörte er Kings Bericht
aufmerksam zu. Das war also der Freund, den die kleine Sophora in Chinatown
traf? Nicht schlecht. Eine angenehme Erscheinung und ein sehr zuvorkommendes
Wesen. Ein Mann, bei dem Nico sich garantiert wohlfühlte, wo ihr die Krieger
und das Drumherum jedes Mal Angst einjagten. Nur die Haare könnten kürzer sein.
Wenn der Typ nicht aufpasste, verlor er beim nächsten Mal doch noch seinen
Kopf.
Rys stellte sich ebenfalls vor:
"Chryses. Warrior aus dem Haus Harpia, Bruder von Theron."
Sie hatten also ein Aryaner-Nest
ausgehoben? Zu zweit? Ohne große Erfahrung? Chryses bemühte sich, gelassen zu
bleiben, doch in seinem Gesicht zuckte verräterisch ein Muskel seiner Wange,
während er die Kiefer aufeinander presste und jeglichen Kommentar, der ihm auf
der Zunge lag, wieder herunterschluckte.
King würde es sich vielleicht nicht
vorstellen können, aber Aryaner taten noch ganz andere Dinge als Käfighaltung.
Das war vergleichsweise mit dem, was Chryses über die Jahre hinweg gesehen
hatte, noch sehr human. Geradezu modern. Romy hatte die Hälfte der Bande allein
getötet? Chryses sah auf sie herab und es beschlich ihn ein leises Gefühl des
Stolzes, obwohl er nicht vergessen durfte, dass sie bei diesem Manöver hätte
sterben können. Andererseits nützten einem das Training und der theoretische
Unterricht, der einen auf das Leben als Krieger vorbereiten sollte, nichts ohne
die nötige Praxis. Was hatten Theron und er nicht alles getan, um das zu werden,
was sie heute waren? Dagegen waren 18 tote Aryaner eigentlich nichts. Romy war
aber immer noch eine Frau. Eine, der er schon indirekt geschworen hatte, sie zu
beschützen, obwohl sie als Teil einer neuen Quadruga und als Patrona durchaus
in der Lage war, dies selbst zu tun. Es war ein verflixtes Kreuz mit diesen
Weibern und das brachte ihn schon ein klein wenig auf die Palme, weil er
gezwungen war, den natürlich vorherbestimmten Dingen ihren Lauf zu lassen und
ihr schlecht verbieten konnte, das nächste Mal ein Nest mit 50 weißhäutigen
Bastarden auseinander zunehmen.
„Ich kann sehr gut nachvollziehen, wenn
Sie großen Zorn verspüren sollten, dass ich Romy in eine so gefährliche
Situation gebracht habe… Aber nachdem sie die Bilder der Sicherheitskameras auf
dem Bildschirm gesehen hatte, konnte ich sie nicht mehr aufhalten… Ich bin nur
die Schlange, die dem großen Adler dient. Ihr Schrei zwingt die Aryaner in die
Knie… Ich konnte ihn nicht hören, aber ihre Kehle ist wund davon, sie konnte
vorhin kaum noch sprechen… Ich bin bereit, mich jederzeit für mein Handeln zu
rechtfertigen, wenn es nötig sein sollte. Ich war bis heute Abend frei in
meinen Entscheidungen, aber nun nicht mehr. Verzeihen Sie bitte, ich werde mich
nun um die befreiten Menschen kümmern, bis Nico mit mehr Hilfe kommt. Eines der
Mädchen muss umgewandelt werden, sonst wird sie dem Blutdurst verfallen… Ich
beantworte später gerne alle Fragen, die Sie noch stellen möchten!“
King deutete eine Verbeugung an und
lächelte Romana freundlich zu, die müde zu ihm aufsah, während sie ihr Gesicht
an die Schulter des Kriegers schmiegte. Sie hatte wahrlich Unglaubliches
geleistet, selbst wenn sie über besondere Kräfte verfügte.
Mit einer eingeübten Bewegung fasste er seine Haare im Nacken zusammen und zog
sie dann über die Schulter nach vorne, so dass sie nun seine nackte Brust
bedeckten, weil er das Hemd nicht mehr zuknöpfen konnte.
„Zornig?“ Chryses sah sich nach King um,
der ihm sein Verständnis ausdrücken wollte und setzte nur noch einen
spöttischen Laut hinterher, der nach Wenn du nur wüsstest, Breed! klang.
Der Typ hatte ja keine Ahnung. Wenn er zornig wäre, dann stünde binnen Sekunden
Orsens Mutter messerwetzend hinter ihm und würde diesmal nicht ein Blinzeln
lang zögern und ihn in die ewigen Jagdgründe schicken. Von wegen zornig. Ihm
blieb nichts anderes übrig, als Tatsachen anzunehmen. Ändern konnte und wollte
er sowieso nichts. Es war Romys Bestimmung, zu kämpfen.
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