Die Qualen der Sophora
war es Nico, als versetzte
ihr das einen schmerzhaften Stich. Das war sehr wahrscheinlich die Frau, die
für ihn bestimmt war. Nico wusste, sie würde sich niemals mit ihr messen
können. Nicht einmal in ihrer Vorstellung hätte sie jemand Perfekteren für ihn
finden können.
„Geh nicht!“, wisperte
sie kraftlos, doch die Worte galten nicht dem Mädchen sondern Damon, der sie
vor ihren Augen entmaterialisiert hatte.
Sie hob beide Hände an ihr Gesicht und bedeckte ihre brennenden Augen. Ihre
Brust fühlte sich an, als klaffte darin eine große Wunde, sie konnte ihr Herz
nicht mehr spüren, als hätte es Damon mitgenommen.
Und dann explodierte
eine Vision in ihrem Kopf, die sie gequält aufstöhnen ließ. Sie sah den
zerschmetterten Körper von Damon, dessen Gesicht blutüberströmt war. Ein
dunkler Schatten beugte sich über ihn, dann blitzte etwas im diffusen Licht
auf, das auf seinen Hals niedersauste, so dass sein Kopf vom Körper abgetrennt
wurde. Nico stieß einen spitzen Schrei aus und kniff die Augen hinter ihren
Händen fest zusammen, obwohl das nicht verhinderte, dass sie weiterhin alles
sah, was sie sehen sollte.
Das darf nicht
passieren, das darf nicht passieren…
„Er ist aus dem
Gleichgewicht geraten… Damon darf erst wieder an der Jagd teilnehmen, wenn er…
wenn er Frieden in sich gefunden hat. Die Septentrio verfügt nicht mehr über
ihren magischen Schutz… Die Unfälle der letzten Zeit sind ein Zeichen dafür
gewesen. Ihr müsst alle besonders wachsam sein… Ihr seid viel verletzlicher als
sonst.“
Nico hatte die Hände
sinken lassen und sprach die Worte mit tauben Lippen, die ihr nicht richtig
gehorchen wollten, doch sie zwang sich auf die Beine und wehrte Kings Hilfe mit
ausgestreckter Hand ab, weil sie im Augenblick niemanden an sich heran lassen
wollte. Sie fühlte sich an, als wäre sie aus zerbrechlichem Glas, das unter der
kleinsten Berührung in tausend Scherben zerbersten würde.
„Er wird aufgrund
seines Verhaltens sowieso ausgeschlossen.“
Nathan schüttelte
resigniert den Kopf, als Nico sagte, sie müssten Damon unbedingt von der Jagd
fernhalten.
„Sein Durst ist schon
seit Tagen viel zu groß. Es wäre in der Tat vollkommen verantwortungslos, ihn
auf die Straße zu lassen.“
Er hätte nicht einmal
mit Ash auf Patrouille gehen dürfen, wenn es nach Nathan und den anderen
gegangen wäre. Der Vorfall auf der Bohrinsel hätte Warnung genug sein müssen.
Allerdings hatte er selbst nach Absprache mit Theron zugestimmt, als Damon
glaubhaft versichert hatte, es würde ihm gut gehen. Ganz offensichtlich war das
Gegenteil der Fall und noch Schlimmeres im Gange. Wenn King am Sonntag seine
Feuertaufe in Anwesenheit aller Krieger einschließlich der neuen Quadruga
hinter sich bringen würde, gab es anschließend wahrscheinlich noch ein sehr
ungemütliches Gespräch mit dem Orakel. Wenn Damon lebendig dort heraus kam,
würde sich Nicos Vision, wie auch immer sie ausgesehen haben mochte, nicht
bewahrheiten. Überlebte man Salama, überlebte man alles.
Nico fühlte sich für
die Störung des Gleichklangs zwischen den Kriegern verantwortlich. Sie hatte
einen riesigen Fehler gemacht. Sie hätte niemals ihr Keuschheitsgelübde brechen
dürfen. Damit hatte sie Damon in diese Lage gebracht. Er hatte nur versucht,
sie auf Abstand zu halten, sich vor ihrem schlechten Einfluss zu schützen,
indem er sie immer wieder fort stieß. Und sie hatte es nicht verstanden oder
einfach nicht verstehen wollen.
Nico wich vor Nathan zurück, als er einen Schritt auf sie zuging. Sie wollte keinen
Trost und sie wollte kein Mitleid. Sie wollte die anderen nicht sehen, die sie
alle mit bedauernden Blicken ansehen würden, weil sie hier in Tränen
ausgebrochen war, die ihr überhaupt nicht zustanden.
Sie erweckte nur den Eindruck, dass Damon ihr irgendetwas Schlimmes angetan
hatte, dabei war sie allein für ihre Gefühle verantwortlich. Er hatte nichts
getan, um sie sich zu erschleichen. Er war nur er selbst gewesen und sie hätte
ihrer Schwäche für ihn niemals nachgeben dürfen.
Nico schüttelte den Kopf,
als Nathan vorschlug, sie sollte wieder die Nacht in seinem Apartment
verbringen. Sie konnte heute Nacht nicht ertragen, sich in Damons Nähe
aufzuhalten. Er hatte deutlich gemacht, dass sie Abstand zu halten hatte.
„Ich möchte nach Hause…“ Damit meinte sie eigentlich nicht ihr Apartment hier
in der Stadt. Sie hätte am liebsten ihre Sachen gepackt, um Zuflucht bei ihrem
Vater zu suchen,
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