Die Qualen der Sophora
Knien. Awendela glaubte, vor Glück
und tief empfundener Zuneigung zu ihrem Soulmate überlaufen zu müssen. Doch
diesmal weinte sie keine Tränen, wie ihre Großmutter es schon die ganze Zeit
über tat, sondern strahlte einfach nur voller Liebe förmlich sprachlos geworden
zu ihm auf, als der Kuss vorüber war, um danach die ersten Glückwünsche ihrer
Freundinnen und King entgegen zu nehmen.
Ihr Großvater, Astyanax, bahnte sich herrisch seinen
Weg durch die Krieger und ihre Freunde. Awendela erstarrte innerlich ob seiner
ausdruckstarken Präsenz und war froh, dass Ash einen Arm um sie gelegt hatte.
Sie wappnete sich darauf, dass er Ashurs Herkunft kommentieren und einen
Schatten auf die Angelegenheit werfen könnte, dessen Schwärze ihre Herzen
verdüstern und die Feierlichkeit trüben würde. Niemand würde ihn aufhalten
können. Astyanax unterwarf sich niemals dem Willen einer Frau. Schließlich
hatten seine erst durch ihn ihren ehrwürdigen Titel erhalten. Er war der
Bezwinger Gunthers. Ein Schrecken auf dem Schlachtfeld und eine ewige
Heimsuchung jener, die sein scharfes Schwert überlebt hatten. Bei seinem
furchteinflößenden Anblick und der ewigen Flamme der Rache in seinen grauen
Augen war man sich allerdings ziemlich sicher, dass er auch denjenigen einen
Besuch abstattete, die er durch das Tor zur Hölle gestoßen hatte.
„In die Reihe der Krieger, Awendela!“
Kein Glückwunsch, keine Verbeugung, die seinen Respekt
für das Brautpaar ausdrückte, kein Blick auf den Mann, der seine Enkeltochter
bis ans Ende ihrer Tage glücklich zu machen gedachte. Nur ein kurzer,
prägnanter Befehl, dem sich niemand zu widersetzen wagte. Auch Astyanax
brauchte keine Waffen, um jemandem richtig weh zu tun. Man munkelte, er wäre
derjenige gewesen, der für Moses das Rote Meer auf der Flucht vor dem bösen
Pharao geteilt hatte. Nur mit einem winzigen Teil seiner kriegserfüllten
Gedanken. Es musste ihm eine unglaubliche Freude gewesen sein, die Wellen über
den Köpfen der Feinde hinweg zusammenbrechen zu lassen.
Wendy trat von ihrem Mann weg in die Reihe ihrer
Freunde. Das Glitzern ihres Kleides hob sich schillernd von den schlichten,
jedoch sehr feierlichen weißen Roben der anderen ab. Dahinter dann die alten,
eingeführten Warrior in ihren schwarzen Kampfmonturen, die für den Anlass
ebenfalls höchst besonders und elegant waren. Nur Ash fehlte. Astyanax hielt
ihn mit einer Geste seines rechten Arms davon ab, sich ebenfalls in die Reihe
zu stellen. Er würde sich später seiner Musterung unterziehen, wenn er wieder
vollständig bekleidet und die Entstellung seines Brustkorbs bedeckt war.
Astyanax atmete tief durch und sah aus wie ein
Feldherr, der sich anschickte, seinen Soldaten Befehle zukommen zu lassen, die
sie mit allen Konsequenzen zu befolgen hatten. Er ließ sich weder von den
Blicken der Krieger vor ihm noch von denen des Bräutigams zu seiner Rechten
beeindrucken. Ein feines, süffisantes Lächeln umspielte seine schmalen Lippen
und als das Orakel sich an seine linke Seite stellte, nickte er zustimmend, als
hätte Salama ihm einen Gedanken zuteilwerden lassen, der nur für ihn bestimmt
war und das Schicksal der vor ihm Stehenden beinhaltete.
Schwarz und Weiß beieinander wie Tag und Nacht, wie
Sonne und Mond. Selten hatte sein Auge jemals so etwas Schönes,
Schicksalsträchtiges erblickt. Astyanax war begeistert. Er hatte viele Riegen
von Kriegern aufwachsen sehen, ausgebildet und einigen von ihnen auch das
letzte Geleit gegeben. Der Teil dieser neuen Riege hier würde etwas ganz
Besonderes sein. Es war fast schon bedauerlich, dass es Salama sein würde, die
die neuen Sieben auf ihrem Weg begleiten und er dabei nur eine Nebenrolle
spielen würde. Sie alle sahen erwartungsvoll zu ihm auf, fürchteten sich vor
dem, was er zu verkünden hatte oder sahen ihm misstrauisch bis respektvoll
entgegen. Niemand war gleichgültig. Nicht einmal die eingeschworene, schwarze
Gilde der amerikanischen Warrior, die ihn schon seit vielen Jahren kannten.
Einen Moment lang sah er schweigend auf die Krieger herab, zu denen er vor
langer, langer Zeit selbst einmal gehört hatte. Nathans Weib würde vor Ungeduld
gleich anfangen mit den Hufen zu scharren. Ihre Sophora bemühte sich nicht zu
weinen, was ihr aber nicht wirklich gelang. Ihr Herz war erfüllt von
Selbstmitleid, welches nicht einmal das Glück vor ihren Augen zu lindern
vermochte.
Devena Romana dagegen, die mit Chryses einen Bund
schließen würde, schien sich
Weitere Kostenlose Bücher