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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Männer zu verdanken - schien in Makor eingezogen zu sein. Aber schon gab es neue Mißhelligkeiten: Lea lebte erst seit zwei Wochen in der Stadt, als eine Hebräerin berichtete, sie habe gesehen, daß auf dem Platz vor dem Tempel Zadoks Tochter und ihr Mann der Astarte gehuldigt hätten. Im Lager der Hebräer erhob sich erbitterter Einspruch, Zadok jedoch erinnerte die Seinen daran, daß er selbst dem jungen Mann die Erlaubnis erteilt hatte, seine alten Götter weiter zu verehren, solange er El-Schaddai als den Überlegenen anerkannte. Zwei Tage später sahen andere hebräische Wasserträgerinnen, wie Zibeon zu den Tempelhuren ging, und wieder kam das Gerede Zadok zu Ohren. Abermals erklärte er seinen Leuten, daß der junge Mann befugt sei, seine Götter auf die gewohnte Weise zu verehren. Aber die Sorge ließ ihn nicht los, was wohl als nächstes geschehen werde.
    Schon bald geschah etwas. Mit seiner Tochter hatte es nichts zu tun. Epher und Ibscha forderten ihn auf, mit ihnen den Berg zu besteigen, und als er am erhöhten Platze Baals ankam, sah er, daß unbotmäßige Hebräer ihren zu Ehren El-Schaddais errichteten Monolithen abermals aufgestellt hatten, wiederum in der Nähe des Baal. Der Alte und seine Söhne versuchten, den Stein des Greuels zu entfernen, vermochten es aber nicht. Epher spuckte den Stein mehrmals an und schrie: »Vater, deine Lässigkeit hat sie dazu ermutigt.« Und Bitternis stand zwischen Vater und Sohn.
    Nun war Zadok allein. Seine Tochter inmitten von Göttern niederster Art. Seine Hebräer Anbeter steinerner Götzen. Epher, sein prächtiger Sohn, ihm entfremdet. Unreinheit - er fühlte es - sickerte aus der Stadt. Aber er wußte nichts dagegen zu tun. Am Fuß des Berges wanderte er einsam viele Stunden dahin und flehte El-Schaddai um Weisung an.
    »Was soll ich mit meinem halsstarrigen Volke tun?« bat er. »Ich habe ihnen von Dir gesprochen. Ich habe sie Deine Wege geführt und habe ihre heidnischen Altäre umgestoßen, aber sie sind zu falschen Göttern huren gegangen. Was soll ich tun?«
    In den steinigen Fluren fand er keine Antwort, und in den umgepflügten Äckern bei den Eichen keine Erwiderung. Vor dem roten Zelt tönte keine Stimme, und zwischen den Zelten kein Hall. »Was soll ich tun?« bettelte der alte Mann. Er murmelte: »Ich will meine Sippe an einen anderen Ort führen«, doch er wußte, daß El-Schaddai ihm Weisung gegeben hätte, wenn dies erforderlich gewesen wäre. Und würden am nächsten Ort nicht die gleichen Versuchungen warten? War es vielleicht Gottes Absicht, daß die Hebräer in der Verderbnis Makors untergingen? »El-Schaddai, was soll ich tun?«
    Mehrere Tage erhielt er keine Antwort. Dann, als jene Zeit des Wachstums näherrückte, in der man der helfenden Götter am meisten bedurfte - selbst Zadok erkannte dies an und betete in den Tagen, die über Glück oder Unheil der Ernte entschieden, wiederholt zu El-Schaddai -, kamen drei Wasserträgerinnen ins Lager gelaufen, die Augen von Staunen und Schrecken geweitet, und erzählten von noch einem Gott, dem Makor huldige. »Er ist scheußlich«, keuchten sie, »und er hat einen feurigen Schlund, in den werfen sie kleine Kinder. Und Männer und Frauen tanzen nackt.«
    »Kinder?« fragte Zadok. Seine Hände zitterten. Einst, als die Seinen nach Norden gezogen waren, hatte er von diesem Gott gehört.
    »Und am Schluß des Tanzes laufen die Frauen zu den männlichen Huren und umarmen sie. Und ihre Männer gehen zu den weiblichen Dirnen.« Zadok taumelte zurück. Aber die Wasserträgerinnen sagten noch etwas: »Viele Hebräer sind jetzt dort und opfern den fremden Göttern.«
    »Greuel!« schrie Zadok. Abermals sprach er das furchtbare Wort der Verdammnis aus, den Fluch, der, einmal gesprochen, niemals widerrufen werden konnte. Er verließ sein Zelt und irrte viele Stunden lang umher, bis die Nacht hereinbrach. Und er hörte das Dröhnen der Trommeln in der Stadt. Er hörte das Lärmen der Lust. Er sah die rauchigen Feuer. Nach Mitternacht, als er ermattet über die Felder stolperte, wurde er der Gegenwart des Einen gewahr: hinter einem Ölbaum redete es, und eine mahnende Stimme sagte leise: »Du selbst hast das Wort gesprochen, Zadok. Diese Stadt ist ein Greuel.«
    »Was soll ich tun?«
    »Es war dein Wort. Es ist deine Verantwortlichkeit.«
    »Doch was muß ich tun?«
    »Die Greuel müssen untergehen.«
    »Die Stadt? Die Mauern?« »Die Greuel müssen vernichtet werden.«
    Zadok fiel vor der Stimme auf die Knie,

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