Die Quelle
ungeduldig, deine strahlende Stadt und ihre kunstvollen Wasserwege dir zu nehmen. In dieser Stunde schon habe Ich den Ratschluß bedacht, den Kyros der Perser verkünden wird, wenn er Mein erwähltes Volk zurück in seine Heimat ziehen läßt. O König, wie kurz währt der Ruhm dieses Tages!«
Und dann wandte Gomer sich zu den hebräischen Gefangenen und flüsterte ihnen die Worte zeitüberdauernder Tröstung zu: »Ich bin der Ich bin, der mit euch geht in die Finsternis und euch zurückführen wird ins Licht, wenn ihr nur Jerusalems eingedenk bleibt.«
Nebukadnezar aber war nicht länger willens, dieser Frau zuzuhören. Mit herrisch ungeduldiger Handbewegung befahl er, was vor ihm schon der ägyptische Hauptmann befohlen hatte: »Bringt diese Wahnsinnige zum Schweigen!« Ein babylonischer Krieger zog das Schwert und stach Gomer nieder. Dann sah er den tiefen Schacht, der sich hinter dem Leichnam öffnete, pfiff zwei Zeltgenossen herbei, und zu dritt stießen sie den dürren Körper hinab über die ausgetretenen Stufen in jene dunkle Tiefe, in der Gomer einst mit Jahwe gesprochen hatte.
Hellenistische Skulptur aus Marmor: Hand eines Athleten, die einen Schaber hält; dieses Gerät diente zum Abkratzen von Öl, Schweiß und Schmutz nach Wettkämpfen im Gymnasion. Im Jahre 164 v. Chr. in Antiochia aus weißem Marmor gemeißelt, der aus Carrara, nördlich von Rom, importiert worden war. Das Werk ist kein Fragment; Absicht des Künstlers war es, im Betrachter aus dem Anblick der Hand allein den Eindruck des Ganzen einer klassischen Statue zu wecken. Die Klinge ist aus makedonischer Bronze. Das Stück gelangte im Herbst 167 v. Chr. während des Aufstandes gegen Antiochos IV. Epiphanes in den Schutt von Makor.
Schicht X
Im Gymnasion
Viele Male im Verlauf ihrer langen Geschichte sind die Juden durch planmäßige Verfolgung ihres Glaubens von der Vernichtung bedroht gewesen. Von all den Massenmorden begann keiner so scheinbar harmlos wie jener - der erste seiner Art -, den im Jahre 171 v. Chr. Antiochos IV. König des Seleukidenreiches, angezettelt hatte.
Im Jahre 605 v. Chr. waren die Hebräer von Makor in die Babylonische Gefangenschaft verschleppt worden. Aber ungefähr fünfzig Jahre später, wie von der Stimme vorausgesagt, die aus der Witwe Gomer gesprochen hatte, war Babylonien von den Persern unter Kyros in einem Blitzkrieg vernichtet worden. König Kyros der Große erlaubte den Juden nicht nur, sondern ermutigte sie sogar dazu, heimzukehren nach Erez Israel, sofern sie getreue Untertanen blieben. Im Jahre 336 bestieg Alexander, später ebenfalls der Große genannt, im Alter von zwanzig Jahren den Thron des kleinen Makedonenkönigreiches. Zwei Jahre später begann sein Zug gegen das Perserreich - mit dem Erfolg, daß während der nächsten siebenhundert Jahre nahezu jedermann zwischen Sparta und dem Indus griechische Kultur kennenlernte und nahezu überall die Koine gesprochen wurde, die griechische Umgangssprache, die sich schließlich nach Westen bis Spanien und nach Norden bis zur Krim durchsetzte. Eine weitere Folge des Alexanderzuges und der Ausbreitung der Koine war eine eigenartige Vermischung griechischer mit Elementen orientalischer Kultur: Das Schönheitsideal der Hellenen wurde ägyptisch, persisch oder syrisch interpretiert. Dieser Hellenismus hat die damals bekannte Welt viele Jahrhunderte lang beherrscht. Dem Reich Alexanders allerdings war keine lange Dauer beschieden. Nach dem frühen Tod des Königs wurde es unter vier seiner makedonischen Generale aufgeteilt; bald schon gehörte der ganze Osten den Nachfolgern zweier dieser Feldherren: Die des Ptolemaios besaßen Ägypten und sein nördliches Vorfeld einschließlich der Stadt Makor, die zum Grenzgebiet gehörte, während die des Seleukos ein riesiges Reich von Thrakien bis an die Grenzen Indiens beherrschten. Hauptstadt dieses Seleukidenreiches war Antiochia, eine Stadt strahlender Pracht, etwas mehr als dreihundertfünfzig Kilometer nördlich von Makor.
Im Jahre 198, nach einem Jahrhundert von Grenzkriegen zwischen den beiden hellenistischen Reichen, besiegte Antiochos III. die Ägypter und nahm ihnen das Grenzgebiet als Kriegsbeute ab. Makor wurde aus einem nördlichen Vorposten des Ptolemäerreiches zu einem südlichen des Seleukidenstaates. Als eine der ersten Amtshandlungen erließ der neue Herrscher ein Gesetz, das die Juden von Makor mit Wohlgefallen aufnahmen: »Hiermit sei kundgetan, daß der König, unser Herr, seine neuen
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