Die Quelle
die Juden zu Hause blieben, da es der Tag der Heiligung, des Gebetes und der Ruhe war. Sie veranlaßten deshalb die führenden Köpfe der Gemeinde, sich gegen das Gesetz zu verwahren. Das geschah auch. Die griechischen Beamten erklärten jedoch: »Wenn der Tag eures Sabbat gewählt worden ist, so soll damit keineswegs beabsichtigt sein, die Juden zu beleidigen. Dieser Tag wurde für das gesamte Reich festgesetzt, weil er den meisten Untertanen unseres Königs genehm war.« Als die Juden entgegneten, daß er ihnen aber ganz gewiß nicht genehm sei, erklärten die Griechen: »Im Reich gibt es nur wenige Juden. Es wäre also unvernünftig, unsere Gesetze ihren Wünschen anzupassen. Trotzdem hat der König Antiochos selbst uns mitzuteilen beauftragt, daß, solange er König ist, nichts geschehen wird, was euch irgendwie kränken könnte.« Die Juden wollten einwenden, genau das tue aber die Verpflichtung zur kniefälligen Huldigung für den Gottkönig am Sabbat. Doch die Griechen waren ohnehin zu einem Zugeständnis bereit: »Laßt uns doch, um des Friedens willen, zu folgender Einigung kommen. Wir Griechen wollen während der Tagesstunden vor Antiochos das Knie beugen, und ihr tut es, wenn eure Gebete am Abend des Sabbat beendet sind.« Diesem durchaus ehrenhaften Vergleich zufolge gingen die Juden viermal im Jahr zum Tempel, um Antiochos die ihm gebührende Verehrung zu bezeigen, wobei sie jedoch den Epiphanes, diesen angeblichen »Gott«, nicht zur Kenntnis nahmen.
Im Jahre 169 rief man die Juden schon wieder zusammen; sie hätten sich einen neuen Erlaß anzuhören: »In der Absicht, einer Verewigung von Unterschieden zwischen den Völkern seines großen Reiches Einhalt zu tun, hat Antiochos Epiphanes beschlossen, daß die Juden ihre Kinder nicht länger beschneiden sollen.« Dies nun veranlaßte auf der Stelle den scharfen Widerspruch einiger Juden - freilich ohne rechte Wirkung, denn andere wollten die Verordnung als durchaus vernünftig gelten lassen: »Die Griechen meinen, der
menschliche Körper sei ein Tempel, der niemals entweiht oder verändert werden dürfe. Also ist die Forderung unseres Königs doch von untergeordneter Bedeutung.« Ihnen stimmten weitere Juden zu, die meinten: »Antiochos hat recht. Denn die Beschneidung ist ein altmodischer, barbarischer Brauch mit dem einzigen Zweck, uns anders erscheinen zu lassen als die
Griechen.« Wieder andere hingegen wußten sehr genau Bescheid über den Bund, den Abraham mit JHWH geschlossen hatte: Die Beschneidung war eine für alle Ewigkeit bindende Pflicht. Diese glaubenstreuen Juden hielten deshalb an der Beschneidung ihrer Söhne fest. Aber auch sie konnten sich nicht in der jüdischen Gemeinde durchsetzen, die nach wie vor uneins war. Vom Eigensinn dieser Frommen jedoch erfuhr Antiochos, der »Göttlich Offenbarte«. Und er vergaß ihn nicht.
Im Jahre 168 hatten die griechischen Beamten in Makor abermals einen Erlaß zu verkünden. Der war nun allerdings wirklich dazu angetan, Unruhe aufkommen zu lassen. Deshalb wurden, bevor man ihn bekanntgab, die Stadtwachen durch zusätzliche Bewaffnete verstärkt. Dann mußten sich alle Bürger beim Zeustempel einfinden. Hier verlas der Herold folgendes: »Für das gesamte Reich wird angeordnet, daß von diesem Tage an die Verehrung des Antiochos Epiphanes der einzige von Gesetzes wegen amtliche Glaube aller Völker sein soll.« Auf diese bestürzende Nachricht erhob sich zorniges Murmeln - nicht allein bei den Juden -, so daß der Herold rasch hinzufügte: »Sobald jedoch einer Antiochos die ihm gebührende Verehrung erwiesen hat, soll er auch seine alten Götter anbeten dürfen als Ausdruck seines zweiten, nichtamtlichen Glaubens, so die Phönizier ihren Melkart, die Kanaaniter ihren Baal, und die Juden dürfen in ihren Synagogen ihr Gebet an ihren.« Der Herold stockte. Die Juden beugten sich voller Spannung vor. Denn nach ihrer Rückkehr aus der Babylonischen Gefangenschaft war es bei ihnen zum streng eingehaltenen Brauch geworden, den Namen des Allmächtigen, der sie errettet hatte, niemals auszusprechen, auch nicht in Gesprächen untereinander, und niemals zu schreiben. Den Unnennbaren, Unergründlichen verehrten sie im Zeichen des geheiligten Tetragramms JHWH. Indem der Herold den Gott der Juden nicht beim Namen nannte, vermied er es klugerweise, sie zu beleidigen; er fuhr lediglich fort: »... ihren besonderen Gott zu richten.« Dann jedoch schickte er sich an, den Teil des Gesetzes zu verlesen, der
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