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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Petronius zum Marsch gegen Jerusalem bereit war - in jeder eroberten Stadt sollte eine Statue aufgestellt werden, die beiden größten aber waren für den Tempel in Jerusalem bestimmt -, hatte Jigal etwa die Hälfte der Juden in Makor davon überzeugt, daß der Augenblick der Entscheidung gekommen sei. Er stand im Forum und redete zu ihnen, wie immer in einfachen Worten: »Wir vertrauen darauf, daß der Allmächtige Gott das Herz des Feldherrn Petronius erleuchten und ihn weisen wird, nicht alle Juden Judaeas zu töten. Wenn wir dies vollbringen, ihr Juden von Makor - wie groß wird, auch wenn wir unser eigenes Leben verlieren, das Werk sein, das wir für den HErrn getan haben.«
    »Nie und nimmer halten wir die Römer auf«, klagte der alte Simeon. »Uns bleibt keine andere Wahl«, entgegnete Jigal und senkte den Kopf zu einem kurzen Gebet. Dann ging er seine Frau und seine drei Söhne holen und machte sich langsam mit ihnen zum Haupttor auf. Der Bauer Naaman und die Seinen folgten, und ihnen schlossen sich weitere Familien an, die begriffen hatten, was Jigal beabsichtigte. Die Mehrzahl der älteren Juden aber und alle Griechen lachten nur über dieses armselige »Heer« von vierhundert Menschen, das unbewaffnet und ohne jede Führung loszog.
    Jigal und sein Anhang verließen die Stadt durch das Haupttor; westwärts ging der Weg über die feste Straße nach Ptolemais; langsamen, geduldigen Schrittes, damit die Frauen und die kleinen Kinder mitkommen konnten, begann der kleine Landarbeiter seinen historischen Zug zur Hafenstadt, wo die römischen Legionen bereitstanden. Sein Heer ohne Waffen passierte die alten phönikischen Wachhäuser an der einstigen Grenze und erreichte am späten Nachmittag den kahlen Hügel am Belus-Fluß, auf dem dreitausend Jahre lang die Hafenstadt Akka gelegen hatte. Als die Dämmerung nahte, gelangten die Juden in die Ebene, die sich zu der neuen, auf einer Halbinsel thronenden, von König Herodes mit einer Vielzahl schöner Bauten geschmückten Stadt hin erstreckte. Dort, im Schatten der Mauern von Ptolemais, setzten sich Jigal und seine Schar auf den Boden und warteten. Die Nacht fiel ein, und schwarz standen die Gestalten der Legionäre auf der Mauer vor der Helligkeit der in der Stadt brennenden Feuer. Die Juden hatten keine Feuer, und die Nacht war kalt. Eng drängten sie sich auf dem Boden zusammen - die Kinder in die Arme der Väter und Mütter gekuschelt. Alle Erwachsenen aber fragten sich, was die Römer am bevorstehenden Tag tun würden. Als die Sonne aufgegangen war, sah der Feldherr Petronius von einem Turm der Stadtmauer aus die Juden. Was wollte der Pöbelhaufen da? Er befahl einigen Legionären, die Anführer festzunehmen. Da sich Jigal und Naaman als Geiseln anboten, wurden sie ins Innere der Stadt gebracht, zu einem an drei Seiten von stattlichen Gebäuden flankierten Platz, wo Petronius, umgeben von seinen sechzehn dienstältesten Centurionen, auf sie wartete. Die Römer trugen kriegerische Tracht: kurzen Rock, metallbeschlagene Sandalen, ledernen Beinschutz, einen locker über die Schultern geworfenen Umhang und Rangabzeichen. Es waren harte Krieger, entschlossen, selbst hunderttausend Juden zu erschlagen, wenn ihr Feldherr es befahl. Kaum einer von ihnen glaubte wirklich, daß Caligula, ein widerlicher Kerl mit widerlichen Angewohnheiten, ein Gott sei. Alle aber waren sie überzeugt, daß die Provinzen besser daran täten zu gehorchen, wenn der Kaiser seinen fernen Untertanen zu befehlen geruhte, er sei ein Gott. »Wer sind die Leute dort draußen?« fragte Petronius in griechischer Sprache. Er war groß und stattlich, Sohn guter römischer Familie, ein gebildeter Mann, viel mit Gedanken über die Lehren beschäftigt, welche die Geschichte den Menschen erteilt. Stets sprach er Griechisch, das er von athenischen Sklaven gelernt hatte. Jigal antwortete ebenfalls auf Griechisch: »Wir sind Juden. Wir kommen zu dir mit unserer Bitte, keine Statuen des Kaisers in unser Land zu bringen.« Einige Krieger lachten. Petronius erwiderte: »Die Statuen des Caligula werden sich in jedem Land erheben. So ist es befohlen.«
    »Wir werden eher sterben als sie dulden«, antwortete Jigal ruhig. Wiederum lachten die Krieger, weniger über den unscheinbaren Wortführer als über die Komik der Situation.
    »Heute morgen, um die siebte Stunde, brechen wir zum Marsch gen Jerusalem auf«, sagte Petronius. »Ihr Juden bleibt besser beiseite, denn wir müssen unsere Statuen aufstellen.« Hinter

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